Hope Solo nach Seattle und andere WPS-Nachrichten

Eine der wenigen Superstars des Frauenfußballs, die 30-Jährige amerikanische Nationaltorhüterin Hope Solo, hat einen neuen Verein. Gewissermaßen kehrt sie nach Hause zurück. Die in der kleinen Stadt Richland im Bundesstaat Washington geborene Solo spielt in der kommenden Saison für die Seattle Sounders in der zumindest voriges Jahr eher zweitklassigen W-League. Seattle sicherte sich aber nicht nur die Dienste der durch das Programm „Dancing With The Stars“ inzwischen landesweit bekannten Hope, sondern holte sich auch die als Nr 1 beim Drafting im Januar über den Tisch gegangene Sydney Leroux.

„Hope ist zweifelsohne zur Zeit die beste Torhüterin,“ sagte ihre zukünftige Trainerin Amy Carnell der Lokalzeitung Seattle Times.  Die Saison der W-League beginnt im Mai und Carnell sagte, dass Solo und Leroux, die zum Kader der US-Nationalmannschaft für Olympia in London gehören, mindestens drei Testspiele und drei Heimspiele in der W-League für die Seattle Sounders absolvieren würden.

Jeff Kassouf, einer der renommiertesten amerikanischen Frauenfußballjournalisten, hat sich Gedanken über den Verbleib vieler WPS-Spielerinnen gemacht. Da die Kader in Norwegen, Schweden und Finnland weitgehend voll seien, würden es wohl nur wenige schaffen, ein festes Engagement in Übersee zu bekommen, so Kassouf in seinem immer lesenswerten Blog EqualizerSoccer. Da bliebe als Alternative auf dem heimischen US-Markt nur die W-League oder die WPSL-League oder die neugegründete WPSL-Elite-League.

Letztere gründete sich erst nach dem Abbruch der WPS-Saison und besteht noch lediglich aus vier Vereinen: Western New York Flash, FC Indiana, Boston Breakers und Chicago Red Stars. Die WPSL-Elite-Liga könnte ein Konkurrent der WPS werden, denn laut Kassouf hat man bereits die Fühler nach Kalifornien ausgestreckt, wo Orange County Waves und Bay Area Breeze interessiert sind. Vier weitere Teams sollen bis zum Start hinzukommen. Eines davon ist nach Angaben von Equalizer Soccer ASA Chesapeake Charge in Maryland. Nach Angaben des WPSL-Ligamanagers Jerry Zanelli sollen die Budgets der Vereine bei zwischen 200 und 300.000 Dollar liegen. Es gibt kein Gehaltsdach, das durch die Liga gesetzt würde, alle Teams sind selbst verantwortlich, Spielerinnen zu suchen und zu bezahlen. Zanelli glaubt, dass viele WPS-Spielerinnen sich einem der Teams anschließen werden. Die Boston Breakers haben bereits mitgeteilt, dass Katie Schoepfer, Cat Whitehill und Courtney Jones bei ihnen weitermachen werden.

Das vorläufige Ende der WPS bedeutet also nicht zwangsläufig das Ende hochklassigen amerikanischen Vereinsfußballs. Die Ligen formieren sich neu und auch wenn die Boston Breakers und Western New York Flash bei ihrem Beitritt zur WPSL-Elite-League erklärt haben, dass sie im nächsten Jahr wieder in der WPS antreten wollen, weiß niemand, wie sich die anderen Ligen entwickeln. Die WPSL-Elite-League expandiert möglicherweise schon bald in den Süden. Phoenix, Houston und Dallas wurden genannt.

Philadelphias Trainer Paul Riley plant für vereinslose Spielerinnen ein Trainingslager ins Leben zu rufen, weil er fürchtet, dass das Training in den Ausweichligen (W-League, WPSL-League, WPSL-Elite-League) manchmal nur drei Einheiten pro Woche umfassen wird. Danach sollen die Spielerinnen sieben bis acht Mal pro Monat auf höchstem Niveau trainieren können. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst, soll das Prinzip sein. Die Offerte wurde per Mail an so gut wie alle Spielerinnen der WPS geschickt.

Trainer werden Riley und sein Assistent Skip Thorpe sein. Die einzigen Kosten für die Spielerinnen seien die Reisekosten zu den Trainingslagern sowie das Essen während der Trainingstage. Das erste Training soll auf der Anlage von Philadelphia Independence stattfinden. Riley bemüht sich noch um Sponsoren, um den bis zu 28 an dem Programm teilnehmenden Spielerinnen auch die Reise- und Essenskosten abnehmen zu können.

Auch der Sky Blue FC, bei dem Skandinavierinnen wie Jessica Landström, Therese Sjögran und die Finnin Laura Österberg Kalmari spielten, wird weiter existieren. Der Verein plant ein zehntägiges Trainingslager in Japan im Sommer und Spiele gegen die Weltmeisterinnen in der japanischen L-Liga.

Währenddessen geht der Rechtsstreit zwischen Dan „The Man“ Borislow und der WPS weiter. Borislows Chefanwalt Louis Ederer verlangt die Herausgabe sämtlicher Dokumente, die zur Einstellung der WPS-Saison 2012 geführt haben. Borislow will bei einer eventuellen Rückkehr der WPS sein Recht durchsetzen, mit magicJack Schaukämpfe gegen WPS-Teams durchzusetzen. Einzelheiten hierzu schreibt ESPN-Kolumnist und Frauenfußballexperte Beau Dure bei ESPN.

WPS-Kader füllen sich

Am Freitagnachmittag Ortszeit fand in Kansas City das mit Spannung erwartete WPS-Drafting 2012 statt, in dem die vielversprechendsten Spielerinnen der hochklassigen College-Saison hofften, von einem der fünf Clubs (oder Franchises) „einberufen“ (= gedraftet) zu werden.

Zum ersten Mal habe ich mir das Spektakel angesehen und es kam mir vor wie die Live-Sendung eines Brettspiels mit einem Moderatorenpaar, einer Ansagerin und fünf Kandidatentischen. Vorher war festgelegt worden, dass der Vorjahresletzte Atlanta Beat die erste Wahl haben sollte und dass man dann weitermachen würde die Tabelle von hinten aufzurollen. Allerdings hatten einige Vereine untereinander abgemacht, dass einige Positionen vertauscht wurden. Meister Western New York Flash etwa konnte so die Nummer 6, 7 und 8 hintereinander bestimmen. Es mutet alles ein bisschen wie Baseball an, von dem ich leider genausowenig verstehe.

Sydney Leroux (Foto: UCLA)

Die Nummer 1 war schließlich die von allen als Favoritin auf diese Position erwartete Sydney Leroux von der Universität Los Angeles (UCLA). Die 21-Jährige Stürmerin wird also in Atlanta spielen und in einer Angriffsformation mit Christen Press und Kelley O’Hara erscheinen. Das könnte der spannendste All-American Nachwuchssturm seit langem sein. Atlantas Trainer James Galanis: „Das war eine einfache Entscheidung für mich. Sydney Leroux ist eine Spielerin, die schon seit einigen Jahren im Gespräch ist. Sie kommt immer näher an die amerikanische A-Nationalmannschaft heran.“

Stürmerinnen würden gefragt sein, das war in allen Prognosen vorher zu lesen. Und so schnappte sich Sky Blue FC, der Club, der in seiner jungen Geschichte mit Laura Österberg Kalmari, Jessica Landström, Therese Sjögran und nun aktuell auch Manon Melis viele Spielerinnen aus der Damallsvenskan geholt hatte, erwartungsgemäß die Favoritin auf Platz 2, die Stürmerin Melissa Henderson von der Universität Notre Dame, die nicht in Paris, sondern vielmehr in Southbend (Indiana), eine Autostunde südlich´von Chicago liegt.

In etwas mehr als zwei Stunden wurden dann 21 weitere Spielerinnen verteilt. Nennenswert, dass die Gewinnerin des MAC Hermann Award, die US-Mexikanerin Teresa Noyola als Nummer sieben auf der Liste zu Meister Western New York Flash geht. Als insgesamt beste Fußballspielerin wurde allgemein die Torhüterin Bianca Henninger angesehen. Sie ist eines der überragendsten Talente im Tor seit Hope Solo. Henninger wird bei Philadelphia Independence aktiv werden, sie ging aber erst als Nummer 14 über den Ladentisch.

Melissa Henderson (Foto: collegesoccer360.com)

Interessant und gleichermaßen unverständlich für nicht-amerikanische Beobachter, dass die gerade vom FC Bayern München geholte Sarah Hagen als Nummer 5 von Philadelphia gedraftet wurde. Aber hier wird allgemein vermutet, dass es eine Absprache zwischen Hagen und Trainer Paul Riley gibt, dass Hagen nach dem Ende der Bundesligasaison in Philadelphia weitermachen wird. Als sich dann aber Sky Blue als Nummer 9 Ingrid Wells ausgesucht hatte, verstanden selbst eingefleischte Drafter nicht ganz, was dem Team des deutsch.-amerikanischen Rechtsanwalts Thomas Hofstetter da in den Sinn gekommen war. Wells hat für 2012 bis Ende Oktober einen Vertrag bei Göteborg, dem schwedischen Vizemeister. „Das ist, falls sie Heimweh bekommt,“ twitterte mir jemand zu, aber realistischer die dann entstandene Vermutung, dass man die Spielerin, die auch „der kleine General“ genannt wird, schon mal für 2013 reservieren wollte.

Mehr noch als das Draften der jungen Talente interessiert die breite Gemeinde der Frauenfußballfans aber die Frage, was denn wohl mit den Superstars wie Abby Wambach passieren wird. Jeff Kassoufs Seite Equalizer Soccer zitiert die 32-Jährige Weltklassestürmerin mit Äußerungen vom Donnerstag der vergangenen Woche:

„Im Moment ist es wirklich schwer zu sagen, aber ich habe noch keinen Vertrag unterschrieben. Vieles ist aber in Arbeit. Mein Fokus und meine wichtigste Aufgabe ist die Konzentration auf eine olympische Goldmedaille. Mein Körper ist nicht mehr so jung wie vor vier Jahren, ich muss sehr, sehr vorsichtig sein und darauf achten, was ich meinem Körper zumute von jetzt bis nach London. Es könnte ein Szenario geben, in dem ich nicht für eine Profimannschaft spiele vor Olympia, dass ich darauf warte, wie sich mein Körper danach anfühlt.“

Da Wambach aus Rochester im Bundesstaat New York stammt, wo nun mal ausgerechnet der amerikanische Meister spielt, wäre es sehr gut denkbar, dass sich Abby nach den Olympischen Spielen dem WPS-Meister anschließt. Bei einer gerade gewonnenen Goldmedaille wäre das dann sogar ein Scoop allerersten Ranges.