Champions League ohne schwedische Clubs

"Und da machte es popp, popp..." schrieb ein schwedischer Kollege heute. (Foto: Rainer Fußgänger)

„Und da machte es popp, popp…“ schrieb ein schwedischer Kollege heute. (Foto: Rainer Fußgänger)

Beide schwedischen Vertreter sind aus der Champions League ausgeschieden. Bloggerkollege Johan Rydén schrieb, dass in den letzten fünf Jahren nur ein schwedisches Team das Halbfinale dieses wohl bedeutendsten Wettbewerbs für Frauenfußballvereine erreicht hätte und dass man das eigentlich nicht zählen dürfe: Tyresö FF erreichte 2014 gar das Finale in Lissabon und unterlag dort knapp dem VfL WOlfsburg mit 3:4.

Tyresö hatte nur das Finale erreicht, weil es sich um ein finanziell gedoptes Team handelte, dass der Verein bzw. die Aktiengesellschaft, der der Verein das Team übergeben hatte, nicht mehr leisten konnte. Von Februar bis zum Zerplatzen der Seifenblase Ende Mai erhielten die Spielerinnen keine Gehälter.

Schweden ist wieder draußen und woran liegt es? An der Unzulänglichkeit im Kopfballspiel, sagt ein Kolege. Dem widersprach Rosengårds Trainer Marcus Tilly entschieden. Er sagte, dass es im Falle Rosengårds die Spitzenqualitäten von Alexandra Popp gewesen wären, die den Unterschied ausgemacht hätten. Popp sei der Unterschied gewesen, das sagte er auch mir in der nicht vorhandenen Mixed Zone, durch die die meisten Spielerinnen schnell verschwunden waren nach dem 3:3.

Nicht verloren und dennoch ausgeschieden, das ging nicht in die Köpfe der Spielerinnen rein. Tut es nie. Das sagte mir vor ein paar Jahren schon Linda Sällström, als sie noch bei Linköping spielte und man nach einem 2:2 daheim „nur“ ein 1:1 in London geholt hatte. Das sagte mir gestern auch Anja Mittag nach dem Spiel, als ich ihr noch kurz begegnete.

Marta macht das 1:1. Weltklasse seit 12 Jahren.

Marta macht das 1:1. Weltklasse seit 12 Jahren.

Marta soll lange auf dem Platz gesessen haben, niedergeschlagen. Als ich sie nach dem Spiel auf dem Weg aus der Kabine kommen sehe, tröstet sie einen Fan auf Englisch und sagt, dass man es doch nächstes Jahr wieder versuchen könne. Sie (das Mädchen) solle doch nicht weinen und Marta lacht ihr aufmunternd zu. Ich gebe Marta einen leichten Klaps auf den Oberarm und sage, dass es mir leid tut um das Team, gehe weiter. Marta schaut auf, lächelt kurz und nickt und widmet sich dann wieder ihrer Gesprächspartnerin.

Am Abend ärgere ich mich dann über das deutsche Fernsehen. Das ZDF, namentlich die Reporterin Claudia Neumann, berichtet kurz über das Spiel im Aktuellen Sportstudio. In der Anmoderation sagt Katrin Müller-Hohenstein, die bei der Männer-WM noch lasziv mit den Füßen plantschend mit Lukas Podolski im gleichnamigen Becken in Brasilien gesessen hatte und damit ein Musterbeispiel für neutralen Sportjournalismus geliefert hatte, dass der VfL Wolfsburg gegen „so eine Mannschaft aus Schweden“ gespielt hätte.geht’s noch? Als ob man bei den Männern ein vergleichbares Kaliber wie sagen wir Juventus Turin „so ne Mannschaft aus Italien“ nennen dürfte. Wenn Frauen Frauenfußball marginalisieren…

Dann setzt Neumann einen drauf. In ihren 3-4 Minuten zeigt sie uns die Tore und macht Stimmung gegen Marta. Sie habe eine klare Tätlichkeit gegen Martina Müller begangen, sagt nicht, was man normalerweise für Tätichkeiten bekommt, denn das soll sich der aufgebrachte Zuschauer selber denken und stellt dann nach dem Spiel gezielt gerichtete Fragen an Müller, die sich über die böse Marta auslassen soll. Müller tut Neumann den Gefallen und demonstriert Schadenfreude. Unterverstanden wird vermittelt, dass Marta indiskutabel sei und dass Müller & Co. aber glücklich seien, dass man sie jetzt zwei Jahre lang hintereinander in die Schranken gewiesen hätte. Als ob es primär darum gehen würde.

Da tut einem die Spielerin Müller leid, die benutzt wird, den Bericht tendenziös zu machen.

Trainer Ralf Kellermann, Stürmerin Alexandra Popp und auch Martina Müller selber haben übrigens nicht von Tätlichkeit gesprochen. Der VfL sollte sich beim ZDF beschweren für diese unprofessionelle Berichterstattung. Die Pfiffe und Buhrufe gegen Marta in Deutschland werden, das wurde mir gestern Abend leider klar, von den Medien unterstützt und sogar provoziert. Es gibt ja eine gute Geschichte und gute Geschichten geben Quoten. Traurig.

Warum hat Wolfsburg „gewonnen“? Gewonnen haben sie ja nicht, aber warum sind sie verdient weitergekommen?

Popp sagte, dass es den Wolfsburgerinnen klar gewesen wäre, dass den Schwedinnen (naja, so viele Schwedinnen spielen nicht in Rosengård…) so nach 60 Minuten die Luft ausgehen würde und so sei es gekommen. Sowohl im Hinspiel wie im Rückspiel.

Das wiederum liege daran, dass Rosengård eben eigentlich noch in der Vorsaison wäre und erst vier Wettbewerbsspiele inklusive dieses gestrigen, absolviert hätte. Sagt mir Rosengårds Trainer Marcus Tilly.

Sollte man dann nicht ernsthaft über eine Änderung der Saisontermine nachdenken, frage ich Tilly. Er gibt sich hoffnungslos. Naja, darüber rede man ja schon lange und immer wieder, aber leider ohne Resultat.

Ob alles an den unterschiedlichen Fitnessständen, weil einmal Vorsaison und zum anderen mitten drin?

Nein. Es ist mehr. Auch eine Einstellungsfrage. Wolfsburg arbeitet mit einem unerhört aggressiven Pressing, gibt dem Gegner keine Luft zu Atmen und versucht dann (ebenso wie Rosengård) bei Balleroberung schnell nach vorn zu kommen. Während die Wölfinnen aber entschlossen marschieren und JEDEM Ball nachrennen, fiel mir in der Abwehr von Rosengård gestern mehrfach auf, dass gezögert wurde. Kommt die noch an den Ball? Nö, dann muss ich ja vielleicht nicht hinlaufen. Oh Mist, sie kommt dran, sie setzt alles dran und kommt dran, ich muss loslaufen. Und schon ist man zwei Zehntelsekunden zu spät in den Sprint gegangen. Das summierte sich. Es führte nicht zu den Toren. Aber es trägt zur Dramaturgie des Spiels bei. Zum psychologischen Übergewicht.

Pia Sundhage saß gestern in Publikum. Sie soll begeistert gewesen sein von Malmös neuer Stammtorfrau Zecira Musovic. 18 Jahre alt und wohl die kommende Dominatorin im schwedischen Tir. Unglaublich ihre Ausstrahlung und auch ihr Reflex bei einem Schuss von Yuki Ogimi. Weniger begeistert dürfte Sundhage von ihrer derzeitigen Startspielerin Emma Berglund gewesen sein. Fehlpässe im Aufbauspiel, gleich mehrere und sogar unbedrängt.

Alex Popp köpft das 3:2 für Wolfsburg gegen taumelnde Schwedinnen

Alex Popp köpft das 3:2 für Wolfsburg gegen taumelnde Schwedinnen

Auch Lina Nilsson wurde gestern gezeigt, dass internationale Klassespielerinnen wie Popp oder Verena Faißt sie ins Schliddern bringen. Als Popp das 3:2 köpft und neben ihr auch noch Zsanett Jakabfi herangesprungen kommt, sehen sowohl die in der Natio bereits ausgemusterte Amanda Ilestedt wie auch Nilsson aus wie Spielerinnen einer Jugendauswahl gegen einen Champion-League-Sieger.

Anja Mittag hat abgezogen, noch weiß keine, ob das Ding auch reingeht

Anja Mittag hat abgezogen, noch weiß keine, ob das Ding auch reingeht

Vorne stimmte es, da zeigten besonders Anja Mittag und Marta ihre Klasse. Von der angeschlagenen Ramona Bachmann war ich etwas enttäuscht, aber sie ist eben nicht voll fit. Therese Sjögran hat auch schon bessere Spiele abgeliefert. Neben Mittag und Marta sind Rosengårds Pluspunkte Sara Björk Gunnarsdottir, Anita Asante und Musovic. Hätte man die sprungstarke Asante konkret auf Popp ansetzen können?

Wieso kann Popp, die europäische Antwort auf Abby Wambach, zweimal mehr oder minder ungehindert einköpfen, obwohl man darüber intensiv gesprochen hat?

Kopfballspiel ist in Schweden stark vernachlässigt bei den Frauen. In Kopenhagen verlor Linköpings FC gegen eine auf allen Positionen schlechter besetzte Mannschaft, weil man derzeit unter einer akuten Ladehemmung leidet, sich aber auch zweimal bei Flanken in den Strafraum Tore einhandelte. Emma Madsen köpfte gestern das 1:0 für Brøndby, Mariann Gajhede glich aus und in der zweiten Halbzeit spielten die Däninnen mit einer Neunerkette vor dem eigenen Tor. Für den 1.FFC Frankfurt wird Brøndby Kanonenfutter. Es wird zwar kein 12:0 addiert geben wie gegen Bristol City, aber 6:0 addiert sollte drin sein.

Und im Finale in Berlin holt Wolfsburg den Hattrick. Bis dahin ist Lena Goeßling wieder dabei. Denn das sollte man auch erwähnen: Wolfsburg kam weiter, obwohl es auf Schlüsselspielerinnen verzichten musste. Der kader ist breit und ausgeglichen besetzt. Als Popp gestern ihren zweiten Treffer machte, fragte man sich, wen Marcus Tilly nun einwechseln könnte, der das Matchbild verändern könnte. Da saßen überwiegend talentierte Teenager, die in der Liga durchaus im Rahmen dieses Teams eingebaut werden können, auf dem höchsten europäischen Niveau aber nicht mithalten können. Und so blieb es dann auch bei der Einwechslung von Kirsten van de Ven. Wohl auch weil Tilly wusste, dass er nichts mehr hatte außer die Hoffnung auf Marta oder Mittag oder Bachmann. Bachmann bekam tatsächlich in der 94. Minute noch den Ball nach einer Ecke vor die Füße. Vergab kläglich. Hätte sie das Ding reingemacht, wir wären Zeuge eines Fußballwunders geworden – und das vor einer Rekordkulisse von fantastischen 5.700 Zuschauern.

Werbung für Frauenfußball

Verteidigt. Wolfsburg gewinnt verdient gegen Tyresö (Foto: Marion Kehren)

Verteidigt. Wolfsburg gewinnt verdient gegen Tyresö (Foto: Marion Kehren)

Sieben Tore und eine dramatische Wende. Individuelle Kabinettstücke. Das Champions-League-Fnale zwischen dem VfL Wolfsburg und Tyresö FF gestern Abend war eine grandiose Werbung für den Fauenfußball.

Ein Spielbericht wäre überflüssig. Aber ein bisschen Analyse und Meinung.

Der VfL Wolfsburg ist die beste Vereinsmannschaft Europas. Vielleicht der Welt. Aber in den USA wird auch gut gespielt. Es war eine amerikanische Leistung, wie sie das gestern gedreht haben.

Marta ist für mich die beste Spielerin, die je gegen einen Ball getreten hat. Dabei bleibt es. Ihre beiden Tore zeigten deutlich ihr überragendes Können. Auch wenn es vielen in Deutschland nicht passt, ihre Klasse ist einzigartig. Vieles in ihrem Wesen auf dem Platz kommt von ihrer Kindheit in dem armen Städtchen Dois Riachos und ihr unbändiger Kampfwille aus der Zeit, wo sie sich behaupten musste, um zu überleben, um den Traum weiterzuleben.

Der Assist von Nadine Keßler zum Siegtreffer ist ein Fußballmoment, den ich nicht vergessen werde. Was für eine geniale, wunderbare Aktion!! Absolute Weltklasse!!! Dass Lena Goeßling trotz der Platzwunde in der ersten Halbzeit weitermachen würde, wenn es nur igendwie geht, war mir klar. Dass sie dann in der zweiten Halbzeit noch ein so grandioses Spiel machen würde, war keine Selbstverständlichkeit. Das alles spricht dafür, dass Deutschland eine ziemlich gute WM spielen kann, nächstes Jahr.

Und wieder ziehe ich den Hut vor Ralf Kellermann. Der Mann hat Wolfsburg seit 2008 geformt, natürlich profitiert er vom Willen des Vereins, besser und am besten zu werden und zu sein. Aber du musst so ein Kollektiv auch führen können. Und vor allem eine Taktik formulieren, und eine Halbzeitansprache halten.

Wolfsburg hat sich gewandelt. Vor einem Jahr zeigte man eine geschlossene, große kämpferische Leistung gegen Lyon. Zerstörte das Spiel der Französinnen, die rein spielerisch besser waren. Und gewann durch einen Handelfmeter, den man nicht geben musste.

Heuer hat Wolfsburg extrem nach vorne gespielt. Man hat neue Möglichkeiten und hart dafür gearbeitet. Ralf Kellermann sagte mir, dass er seine Spielerinnen im Training eher bremsen als motivieren muss. Damit sie nicht zu viel machen.

Stehtz immer hinter seinen Spielerinnen: Tony Gustavsson gestern Abend (Foto: Marion Kehren)

Stehtz immer hinter seinen Spielerinnen: Tony Gustavsson gestern Abend (Foto: Marion Kehren)

Immer ziehe ich meinen Hut für Tony Gustavsson. Ich bin ganz sicher, dass er schon bald mitteilen wird, dass er in die USA geht als Assistent von Jill Ellis.USSOCCEr wäre schön blöd, wenn es sich diesen Knöpfedrücker nicht besorgen würde. Den Menschenversteher und Motivator, der immer schmunzelt und lacht, wenn er mit dir redet. Die Spielerinnen verehren ihn. Christen Press schrieb in ihrem Blog, dass sie sich nach den ersten Wochen in Tyresö unsicher fühlte und nach einem Training in die Kabine ging, wo sie sonst noch außer der Reihe Schüsse aufs Tor übte. Sie sei sich unsicher gewesen, ob sie in diesem Starkollektiv die Anforderungen erfüllen würden könne. Als sie auf den Parkplatz kam, wartete da Tony auf sie. Sprach mit ihr, fragte ob es ihr gutgehe. Gab ihr einen Klaps auf den Oberarm und ging. Vor dem Spiel gegen Birmingham, inmitten all des Chaos des drohenden Konkurses ging es Christen wieder nicht gut und sie machte nicht die eigenen Schussübungen. Und ein Jahr nach der ersten Begegnung wartete Tony wieder auf dem Parkplatz. Aber dieses Mal, so erzählte sie, schaute er sie nur freundlich an, lächelte, nickte ihr zu und ging. Spätestens da weißt du, dass dein Trainer dich sieht und dass er für dich da ist, falls du ihn brauchst. Rückhalt. Das ist stark. Gustavsson hat sein Team stark eingestellt gestern.

Mit Christen Press hatte ich letzten Samstag darüber gesprochen, ob es nicht riskant sei, dass Tyresö die Liga so nebenbei laufen lässt, viel rotiert und hatte mit ihr auch über die Männer von Bayern München gesprochen und Pep Guardiolas gigantischen Fehler, dass er nach der Meisterschaft im März die Zügel schleifen ließ aus Überheblichkeit. Statt seine Mannschaft weiter zu pushen und ihnen zu sagen, wir wollen den absoluten Bundesligarekord ohne eine einzige Niederlage, verlor man in Augsburg und der Zug stotterte vor sich hin. Und holte sich eine Klatsche gegen Real Madrid, war chancenlos. Als es dann wieder statt 70 auf 120% hätte gehen müssen.

Die große Leere - hier bei Vero Boquete (Foto: Marion Kehren)

Die große Leere – hier bei Vero Boquete (Foto: Marion Kehren)

Das war auch Tyresös Problem. Neulengbach und Birmingham waren keine richtigen Gegner. Und in der ersten Halbzeit sah man auch wie der sichere Sieger aus. Als dann auf einmal die Wolfsburger Walze aus der Kabine kam, da konnte Tyresö keine Gegenwehr auf Augenhöhe abrufen, man war es einfach nicht gewöhnt auf einen jetzt so starken Gegner zu treffen. Marta versuchte es noch mal, sie muss das gespürt haben und wie ich das schon so oft von ihr gesehen habe, in entscheidenden Momenten, wenn die anderen alle durchhängen, da macht sie ein Traumtor und bringt ihr Team noch einmal in Führung. Als dann der unglückliche Ausgleich fiel, als Wolfsburg nicht Fairness zeigte und den Ball wieder zurückspielte nach einer Verletzungsunterbrechung für Meghan Klingenberg, da war klar, dass das 3:4 nur eine Frage der Zeit war.

Ich bin sicher, dass sich Wolfsburg jetzt auch den Meistertitel holen wird. Und Tyresö? Am Sonntag sollen alle Stars spielen gegen den FC Rosengård. So hieß es vor dem Finale. Ich bin ziemlich sicher, dass es das letzte Spiel sein wird. Vielleicht wird schon das Pokalspiel gegen Umeå nicht mehr durchgeführt. Aber das ist Spekulation. Dennoch, die Leere muss groß gewesen sein gestern.

Vielen Dank für die tollen Fotos an Marion Kehren, die natürlich alle Rechte an den Bildern hat.

 

 

Bilder vom Champions League Finale

So, nun der letzte Post zum Champions League Finale vom letzten Donnerstag an der Stamford Bridge im Londoner Stadtteil Fulham. Ein paar Bilder.

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Vor dem Spiel: VfL Wolfsburg klatscht ab

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Mitte der ersten Halbzeit: Laura Georges wird behandelt

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Das goldene Tor: Martina Müllers Elfmeter zum 1:0

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Martina Müller im Interview nach dem Spiel

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Nach dem Spiel: Laura Georges auf dem Weg durch die Mixed Zone

Nach dem Spiel – Lara Dickenmann

Lara Dickenmann nach dem Finale in London

Lara Dickenmann nach dem Finale in London

Sie wurde erst in der zweiten Halbzeit des Champions League Finales eingesetzt und kam für die enttäuschend und unglücklich agierende Megan Rapinoe ins Spiel.

Irgendwann kam die Schweizer Weltklassemittelfeldspielerin dann auch an meinem Hardplastikkäfig am Spielfeldrand vorbei. Sie hatte nichts dagegen, dass wir uns duzten, was ich, seit 18 Jahren im Duz-Land Schweden lebend, sehr begrüsste.

Lara, was hat euer Trainer Patrice Lair der Mannschaft in der Halbzeitpause gesagt`
?

Das weiss ich nicht, weil ich mich auf dem Spielfeld warmgelaufen habe. Aber er hat mir dann gesagt, dass ich Schnelligkeit auf der linken Seite bringen soll.

War Wolfsburg einfach hungriger als ihr heute Abend?

Das ist möglich. Bei uns fehlte irgendwo das gewisse Extra, das wir normalerweise bei solchen Gelegenheiten abrufen können. Das braucht man aber, um zu gewinnen, besonders, wenn es so eng ist.

Wolfsburg schien nicht den geringsten Respekt vor euch zu haben oder gar Angst, was ich in Malmö bei LdB irgendwie spürte.

Das weiss ich nicht. Malmö hat ja zumindest auf den Pressekonferenzen erklärt, dass sie uns schlagen wollen. In Frankreich gibt es sicher ein paar Mannschaften, die Angst vor uns haben, wenn sie gegen uns spielen müssen, was daran liegt, dass sie ganz einfach nicht über die Mittel verfügen, uns gefährden zu können. Aber Wolfsburg hatte definitiv keine Angst vor uns, das brauchen die auch nicht zu haben. Die sind gerade deutscher Meister geworden und haben den Pokal gewonnen.

Aber die sind trotzdem in Europa ein unbeschriebenes Blatt gewesen?

Ja sicher. Aber schau dir mal die Spielerinnen an, die haben grosse internationale Erfahrung, nimm nur mal Conny Pohlers oder Martina Müller, die haben vieles erlebt. Und wenn du in der deutschen Nationalmannschaft spielst, und sei es auch nur in den Jugendmannschaften, dann hast du viel internationale Erfahrung bekommen. Die sind nicht gerade Greenhorns.

Wie seid ihr in der Umkleide mit der Niederlage umgegangen, einige sehen sehr enttäuscht aus, andere nehmen das sehr professionell?

Ich überlege, ob das am Ende nicht auf eine gewisse Weise gut für uns ist. Wir verlieren ja niemals. Man kommt in eine Routine, in der irgendwie alles wie von selbst geht. Wenn das dann mal aufhört, muss man sich gewisse Fragen stellen, die man lange nicht gestellt hat, vielleicht auch Routinen beim Training verändern. Auch der Trainer muss sich jetzt ein paar Fragen stellen. Natürlich hätte ich heute Abend lieber gewonnen. Nächstes Jahr kommt vielleicht etwas Neues in die Mannschaft.

Gibt es mehr Konkurrenz im nächsten Jahr, wenn Paris SG weiter aufrüstet?

Ich hoffe es. Es waren keine leichten Spiele gegen die in dieser Saison, aber am Ende haben wir jeweils klar gewonnen. Es wäre schön, wenn es in der Liga etwas mehr Konkurrenz gibt.

Lara Dickenmann hat noch zwei Jahre Vertrag in Lyon. Wenn du wählen könntest zwischen den USA, Deutschland und Schweden, welche Liga würde dich am meisten interessieren?

Ich war ja schon in Amerika, also habe ich diese Erfahrung schon gemacht. Deutschland ist sicher interessanter. Das Niveau ist besser, das haben wir ja heute Abend gesehen. Ob mir dann der physische Fussball so gut passen würde, das müsste man sehen.

Aber das ist ja nur hypothetisch, da die 27-Jährige noch bis Sommer 2015 in Lyon unter Vertrag steht.