Halbfinale – Der Podcast: Rebecca Knaak

Länderspielpause im Ligabetrieb und viele Spielerinnen sind kreuz und quer in der Welt unterwegs. Vergangenen Montag wurde die Champions-League-Gruppenphase ausgelost und der einzige schwedische Vertreter FC Rosengård trifft auf Bayern München, den FC Barcelona und Benfica Lissabon. Rosengård hat eine lange Tradition deutscher Spielerinnen, die 2012 mit der Verpflichtung von Kathrin Schmidt von Tyresö FF begann. Danach folgten Anja Mittag, Paula Radtke, Kathrin Längert, Bianca Schmidt, Stefanie Sanders, Gina Chmielinski und Rebecca Knaak. Rebecca hat Bundesliga gespielt für den SV Bad Neuenahr, Bayer Leverkusen und den SC Freiburg, bevor sie Anfang 2022 in die schwedische Damallsvenskan wechselte.

Warum es sie ausgerechnet nach Schweden zog, wie es hier gefällt und wo sie die wesentlichen Unterschiede zwischen den Ligen und der Anerkennung des Frauenfussballs in beiden Ländern sieht, aber noch über vieles mehr, haben wir uns unterhalten. 

Auf Spotify und fast überall, wo es Podcasts gibt.

Stefanie Sanders im Gespräch

Stefanie Sanders als UCF Knight in Florida (Foto: UCF Knights)

Eigentlich sollte am Freitag die erste rauschende Podcastfolge von Halbfinale entstehen, in der ich nicht Monologe halte, sondern euch die erste Spielerin im Gespräch vorstelle.
Aber leider hatten wir technische Probleme und statt auf Zoom auszuweichen, was immerhin dann sogar Bild und Ton geliefert hätte, schlug ich vor, dass wir telefonieren. Was am Ende immer wesentlich arbeitsaufwändiger ist und wohl auch weniger zeitgemäss.
Anyway. Es war dennoch ein interessantes und nettes Gespräch mit einer Spielerin, die ich dann im letzten Drittel unserer Unterhaltung „die Alessia Russo“ des FC Rosengård nannte, was ihr sicherlich irgendwo gefällt, wo sie aber (genau wie Russo) gerne rausmöchte.
Stefanie Sanders wurde am 12. Juni 1998 geboren, ist also heute 24 Jahre alt und lebt seit 18 Monaten in Schweden. Damit ist sie sicher von vielen Radargeräten in Deutschland verschwunden, aber es hat sie schon immer in die Ferne gezogen.


Aber erst einmal wuchs sie in der Nähe von Soltau in der Lüneburger Heide auf, in einer Familie mit drei Kindern. Vater und Bruder spielten ebenfalls Fussball, Mutter und Schwester schauen eher zu, wenn der Rest der Familie auf dem Fussballfeld aktiv ist.


Stefanie muss das schon von Beginn an richtig gut gemacht haben, denn sie spielte sich durch Kreis-, Regional- Landesauswahlen immer weiter nach oben und wurde schon als junger Teenager in die Niedersachsenauswahl berufen, spielte dann in der deutschen U15, der U17, der U19 und der U20 Nationalmannschaft für Deutschland.


Von ihrem ersten Verein, dem TSV Neuenkirchen wechselte sie zum SV Werder Bremen in die Großstadt, die sie aber weiterhin bequem in einer Stunde Fahrt von zu Hause erreichen konnte.


War sie denn schon imme Stürmerin? „Nein, ich habe sowohl Außenverteidigerin, Mittelfeld wie auch Sturm gespielt,“ erinnert sich Stefanie Sanders. Aber am Ende wurde es doch das Spiel im gegnerischen Drittel, das ihr am meisten zusagte.


In der B-Juniorinnenbundesliga schoss Sanders 54 Tore für den SV Werder und ist damit vermutlich bis heute Rekordhalterin. Ihre Quote fällt bei fast allen Mannschaften als besonders positiv auf.


Da sie sich schon früh für die USA, auch für amerikanische Popkultur interessierte, wie so viele Menschen in Europa, war der Schritt über den großen Teich nach Amerika nicht besonders überraschend.


Nachdem sie für Werder Bremen in 35 Spielen in der ersten und zweiten Bundesliga 18 Tore geschossen hatte, wechselte Stefanie Sanders in die USA zu Studium und Fußball an die University of Central Florida in der Millionenstadt Orlando.


Hier ist bis heute Michelle Akers die wohl größte Spielerin, die bislang das Trikot der UCF Knights getragen hat. Akers war Weltmeisterin 1999 und, wie Sanders, spielte auch sie in der Damallsvenskan, allerdings für den Stockholmer Vorortclub Tyresö FF.


In der „Klasse von 2017“, in der Sanders für die Knights spielte, entdecke ich auch die Schwedin Saga Fredriksson, die von 2014-2017 in den USA spielte und heute als Expertin für das schwedische Fernsehen arbeitet.


Spielt man da hauptsächlich Fussball, ist das Verhältnis Studium/Sport 50:50?
„Es wird da schon sehr viel Wert darauf gelegt, dass man sein Studium und seine Kurse ordentlich absolviert. Ich habe verschiedene Kurse belegt, hatte aber nicht geplant, meinen Abschluss in Amerika zu machen.“


Die Ausstattung der Sporteinrichtungen Stefanie Sanders wie alle diejenigen, mit denen ich bislang über College-Fussball gesprochen habe: „Das ist schon toll, da. Du hast dieselben Einrichtungen zur Verfügung, die auch die anderen Sportler und Sportlerinnen benutzen, z.B. die American Football Mannschaften.“


Eine andere frühere Mannschaftskameradin von Stefanie, die Kanadierin Kayla Adamek spielt für Vittsjö GIK in der Damallsvenskan. Die Jamaikanerin Konya Plummer spielte vergangenes Jahr für AIK in Solna. Die Knights haben also den Weg nach Schweden gefunden.


Das Spielen in den Jugendauswahlen für Deutschland bringt eine dann für gewöhnlich etwas um die Welt. So hat Stefanie bereits 2014 Costa Rica besuchen können, wo in diesen Tagen die U20-Weltmeisterschaft stattfindet. Sanders war bei der U17-WM dabei, als eine der jüngsten Spielerinnen bekam sie aber nicht viele Minuten und das Team aus Deutschland musste auch bereits nach der Vorrunde abreisen.


Ihre schönste Erinnerung aber hat sie an die U20-WM in Papua Neu Guinea. Immerhin ist diese WM auch mit drei Sanders-Toren verknüpft, auch wenn Deutschland am Ende ausscheidet und Nordkorea den Titel holt.


Zurück in Deutschland wechselt Stefanie zum SC Freiburg, kurz nachdem dessen Trainer Jens Scheuer sich auf den Weg nach München davon gemacht hat. Sanders erleidet einen Bänderriss, ist mal drin im Team und mal draussen.


„In Freiburg habe ich mit Giulia Gwinn, Klara Bühl und Laura Freigang gespielt,“ erinnert sie sich, als ich nach eventuellen Bekanntschaften in der Nationalmannschaft frage, die EM-Silber in England gewonnen hat.


Nachdem es in Freiburg nicht so richtig wie gewünscht läuft, denkt Stefanie Sanders darüber nach, noch einmal ins Ausland zu gehen. Nicht so weit wie in die USA, ihr Agent lebt in Schweden und hat gute Kontakte zu den Vereinen der Damallsvenskan.


Es wird der FC Rosengård. Im April 2021 wechselt sie nach Malmö. Der Club will endlich wieder die schwedische Meisterschaft gewinnen. Um einen Stammplatz muss sie hier konkurrieren, sie startet manchmal, aber meistens wird Stefanie Sanders eingewechselt.
Am 17. Oktober 2021 kann Rosengård mit einem Sieg in Piteå vorzeitig die Meisterschaft gewinnen. Den entscheidenden Treffer zum 3:2 erzielt – Stefanie Sanders. Auch im Pokalfinale gegen BK Häcken am 26.05.2022 erzielt Stefanie das entscheidende Tor zum 2:1 Sieg in der 109. Spielminute.


Bis nach der EM-Pause kommt die Soltauerin auf 14 Einsätze in 15 Spielen der Damallsvenskan. Dreimal durfte sie von Beginn an spielen, elf Mal wurde sie eingewechselt und schoss dabei fünf Tore. Mehr als jede Einwechselspielerin. Das macht sie zum Supersub. Die eine wichtige Rolle hat in dem, was der schwedische Nationaltrainer Peter Gerhardsson Schlusself nennt.


Aber zufrieden ist sie damit natürlich nicht.


„Man muss das natürlich akzeptieren, wenn man auf der Bank sitzt und von da reinkommt. Aber klar, ich will mehr spielen. Ich will, dass wir unseren Meistertitel verteidigen und die Gruppenphase der Champions League erreichen,“ sagt die 24-Jährige.


In Malmö spricht sie vor allem Englisch im Team und in der Freizeit. „In Amerika musstest du Englisch lernen, um durchzukommen. In Schweden funktioniert es sehr gut mit Englisch. Aber ich besuche auch Schwedischkurse und werde langsam besser,“ erzählt sie.
Das erste Spiel nach der EM-Pause für sie findet am kommenden Freitag in Piteå statt.

Heute bei Lottes Erbinnen

Heute, nach dem „historischen“ Schwedenspiel gestern gegen England (0:4) war ich zu Gast bei Jule und Lottes Erbinnen. Wir haben über das Spiel geredet, aber auch allgemein über Frauenfussball und fordern beide einen eigenen FF-Kanal mit Spielen aus aller Welt, wo wir nicht im Wesentlichen die Lamborghinis von jungen Herren beim FC Bayern oder Arsenal finanzieren müssen, wenn wir als Konsument*innen „in den Sport investieren“.

Hört mal rein:

PODCAST: Halbfinale

Liebe Freund*innen im deutschsprachigen Raum,

anhand der Statistiken für mein schwedischsprachiges Blog „Hattrick“ sehe ich, dass vor allem in Deutschland, aber auch in Österreich und in der Schweiz Menschen sich die Texte übersetzen lassen. In mehreren Sprachen gleichzeitig zu bloggen, schaffe ich jedoch einfach nicht.

Aber ich habe jetzt während der EM einen deutschsprachigen Podcast gestartet. Er heisst Halbfinale und ist einstweilen nur auf Spotify und Anchor zu finden, aber ich arbeite daran, auch andere bekannte Plattformen damit zu versorgen. Ist aber nicht so einfach, weil man fast überall ein Konto eröffnen muss.

Dort gibt es derzeit erst einmal meine persönlichen Kommentare zur laufenden EM in England. Danach werde ich aber auch wöchentlich einen Podcast absetzen. Ziel ist es, sehr persönlich und subjektiv über die Damallsvenskan zu berichten, aber auch Gespräche und Interviews mit Spielerinnen aus aller Welt zu haben.

Das ist heutzutage nicht immer einfach, an die Spielerinnen heranzukommen, aber man muss es halt immer wieder probieren.

Wer Lust hat, schon in den Prototypen reinzuhören (ich betreibe „Learning by doing“ und habe jetzt immerhin schon ein Intro, wow!!), der kann sich hier auf Spotify ein Klangbild machen.

Herzliche Grusse aus Stockholm

Unentschieden in Sheffield

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Das Spiel Niederlande – Schweden sollte der erste große Höhepunkt der EM werden, immerhin traf die Nummer 4 der Welt, der amtierende Europameister und Vizeweltmeister, auf die Nummer 2 der Welt (1 in Europa), den Vize-Olympiasieger und WM-Bronzemedaillengewinner.

Das 1:1 ist ein gerechtes Resultat, auch wenn die schwedische Öffentlichkeit in den sozialen Medien und den etablierten Mainstreammedien überwiegend der Auffassung ist, dass Schweden deutlich besser war.

Für die erste Halbzeit würde ich da zustimmen. Da war Holland in seinen leuchtenden orangefarbenen Outfits erstaunlich blass. Und das keinesfalls wegen der unglücklichen Verletzungen von Sari van Veenendal und Anouk Nouwen die beide schon in der ersten Halbzeit rausmussten.

Schweden spielte ein überraschendes 3-4-3, da setzte Peter Gerhardsson auf Überraschung weil er glaubte, dass das im Vorwärtsspiel gegen zwei niederländische Spitzen Vorteile geben könnte. Die in letzter Zeit in der Nationalmannschaft unglücklich agierende Sofia Jakobsson musste auf die Bank, wo sie die gesamten 102 Minuten (Sieben Minuten Nachspielzeit in der ersten, fünf in der zweiten HZ) verbrachte.

Stattdessen also die Dreierkette, die man seit dem letzten Jahr nicht mehr öffentlich vorgeführt hatte: Nathaliue Björn, Amanda Ilestedt und Magdalena Eriksson. Eriksson deutlich entschlossener und sicherer als zuletzt, ihr aggressives, erfolgreiches Tackling gegen Jill Roord verhinderte wohl ein zweites holländisches Tor. Dafür wackelte Ilestedt etwas, besonders beim Ausgleich von Roord.

Aber zurück zur Ortseit 20.00 – 20.52 am 09.07. an der Bramall Lane in Sheffield. Schweden spielte sowohl offensiv ausgerichtet, wie defensiv eingeigelt sobald die Niederländerinnen versuchten sich in der Hälfte der ganz in Dunkelblau spielenden Schwedinnen. Da wurden die Räume zugemacht und da es zahlreiche ungenaue Pässe gab und Holland wie ein Nahverkehrszug von Breda nach Venlo agierte und nicht wie der CGV von Amsterdam nach Paris, hatte Hedvig Lindahl eine gemütliche erste Halbzeit und hätte sich mal besser etwas zu lesen mitgebracht.

Vorne wirbelte Kosovare Asllani, gestern mal als eine von drei Spitzen. Ihre Kreativität, Bissigkeit und individuella Klasse bereitet dann auch das 1:0 vor, sie setzte sich rechts energisch durch und ihre Flanke segelte zunächst über Freund wie Feind im Torraum, landete aber vor den Füßen von Abwehrspielerin Jonna Andersson. Der Neuzugang von Hammarby IF wirkte verdutzt, überrascht, aber nur wenige Hunderstelsekunden.

Dann drückte sie den Ball über die Linie zu ihrem dritten Länderspieltor. Und so ging es in die Halbzeit. Ich war überzeugt, dass das Ding gelaufen sei. Holland wirkte wie ein weichgekochter Spargel, kraftlos und auch mutlos und ich wusste, dass Gerhardsson mit dem Trio Stina Blackstenius Johanna Rytting Kaneryd und Hanna Bennison noch einmal eine gefährliche Injektion bringen würde, die das Spiel noch mehr zugunsten Schwedens kippen würde, zumal Mark Parsons nur noch eine Gelegenheit zum Wechseln haben würde und die niederländische Bank zumindest auf dem Papier schwächer aussieht als die schwedische.

Aber Parsons hielt wohl eine funktionierende Ansprache, denn die Niederländerinnen hatten auf einmal Mut, liefen wesentlich aufrechter und selbstbewusster. Vielleicht nahmen sie sich alle ein Beispiel an Ersatztorhüterin Daphne van Domselaar. Die 22-Jährige mit nur einem Länderspiel im Gepäck war in diesem großen Match auf einmal zwischen den Pfosten und agierte kouragiert und souverän bis zum Schluss. Für mich deshalb die Spielerin des Spiels.

Man merkte es den Niederlanden sofort an, dass da auf einmal der Glanz der Trikots mit der Attitüde übereinstimmte. Vivianne Miedema setzte sich auf der linken Seite durch, düpierte Ilestedt und Jill Roord bekam eine maßgerechte Hereingabe und schoss den Ball Nathalie Björn durch die Beine an Lindahl vorbei – 1:1.

Niemand kann ganz zufrieden sein, niemand muss enttäuscht sein. Mit Beiden ist im weiteren Verlauf des Turniers zu rechnen.

Mit Björn und ohne Jakobsson

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Nathalie Björn ist gleich dabei

Peter Gerhardsson geht mit einer Dreierkette ins Match gegen den amtierenden Europameister Niederlande.

Nathalie Björn (FC Everton), Magdalena Eriksson (Chelsea London) und Amanda Ilestedt (PSG) bilden die Kette vor Hedvig Lindahl (vereinslos).

Das Mittelfeld nominell mit vier Spielerinnen besetzt. Zentral Caroline Seger (FC Rosengård) und Filippa Angeldahl (Manchester City) und auf den Außenbahnen Hanna Glas (Bayern München) und Jonna Andersson (Hammarby).

Im Angriff werden wir Fridolina Rolfö (FC Barcelona), ;Lina Hurtig (Juventus) und Kosovare Asllani (AC Mailand) sehen.

Personell nur eine Veränderung gegenüber dem Brasilienspiel am 28.06. (3:1).

Sofia Jakobsson (San Diego Wave) muss auf der Bank Platz nehmen, für sie rückt Nathalie Björn in die Mannschaft.

Trainer Peter Gerhardsson denkt vor einem Spiel aber nicht nur über die Startelf nach, sondern auch das, was er Schlusself nennt. Wenn keine Verletzungen oder anderen Zwischenfälle eintreten, dann hat er schon den Plan, wen er einwechselt.

Wir können sicher mit Stina Blackstenius (Arsenal London) rechnen, aber auch mit Olivia Schough (FC Rosengård) und Hanna Bennison (FC Everton).

Schweden ist bereit

Schweden am 28.06.2022 gegen Brasilien

Eigentlich soll man in Schweden immer das sogenannte Jante-Gesetz befolgen, das der norwegische Schriftsteller Aksel Sandemose (1899-1965) in seinem Roman „Ein Flüchting kreuzt seine Spur“ erstmals so benannt hat, Da beschreibt Sandemose eine kleine dänische Stadt, in der dieses Gesetz gelte.

Es beinhaltet Regeln wie „Du sollst nicht glauben, dass du irgendwas bist.“, „Bilde dir nicht ein, dass du besser bist als wir.“ usw.

Da diese Einstellung tatsächlich bisweilen charakteristisch für Norwegen, Schweden und Dänemark ist, hat sich der Begriff seit einem Jahrhundert fest etabliert.

Aber auf dem Cover der Sonderbeilage der Zeitung Expressen zur EM, die stolze 9 € kostet schreit Fridolina Rolfö posierend in die Kamera, ballt die Faust und über sie wird das Zitat „Vi ska ta det dör guldet!“ (Wir werden dieses Gold holen!) eingeblendet.

Stina Blackstenius

Nach WM-Bronze, dabei dem Viertelfinalsieg gegen den ehemaligen Angstgegner Deutschland und wieder Olympia-Silber mit klarem Goldgeschmack (schließlich hatte Caroline Seger es in der Hand, als sie ihren Elfer in die Wolken des Nachthimmels von Yokohama ballerte), dem aktuellen zweiten Platz auf der Weltrangliste (besser stand Schweden noch nie), was Nummer eins in Europa bedeutet, will die Mannschaft endlich ihr Gold holen.

Es ist vielleicht die letzte Gelegenheit für Skipper Caroline Seger. Die 37-Jährige hat gerade ihren Vertrag beim FC Rosengård um weitere zwei Jahre bis 2024 verlängert. Bei Olympia spielte sie so gut wie lange nicht mehr und gehörte zu den besten Spielerinnen des Turniers.

Ohne Seger geht es nicht. Wenn die Chefin auf dem Platz und außerhalb des Platzes mal nicht zur Verfügung steht, dann wird Schweden gleich eine Spur schwächer und das scheint die Achillessehne des Teams zu sein. Während Spanien selbst die welbeste Alexia mal eben mit Aitana ersetzen kann, hat Schweden für die Rekordnationalspielerin keinen Ersatz.

Dabei sind längst andere die Stars, denen die Kinder und Jugendlichn zujubeln. Chelseas Mannschaftskapitänin Magdalena Eriksson etwa, die sich mittlerweile in der Innenverteidigung etabliert hat. Von keiner anderen wurden mehr beflockte Trikots verkauft als von „Magda“ (Schweden) oder „Mags“ (England), ungewöhnlich für eine Abwehrspielerin, aber dank der genuinen und authentisch-ehrlichen Ausstrahlung der 28-Jährigen, für die sich bekanntlich Pernille Harder mit dem VfL Wolfsburg anlegte und ihren Vertrag aufkündigte. Eriksson und Harder sind mittlerweile das Vorzeigepaar im Fußball geworden und beide sind auch wahnsinnig sympathisch und bescheiden. Ich habe beide getroffen und mit beiden auch länger gesprochen – sie sind Sympathieträgerinnen, die der Sport braucht und die vielen Mädchen nicht nur sportlich, sondern auch in ihrer Beziehung miteinander, die sie offen leben, wichtiges Vorbild sind.

Sportlich war Eriksson in diesem Jahr nicht immer optimal aufgestellt, zuletzt beim 3:1 gegen Brasilien hatte sie Zuordnungsprobleme und ermöglichte u.a. den Führungstreffer der von Pia Sundhage betreuten Südamerikanerinnen.

Amanda Ilestedt

Fridolina Rolfö ist spätestens seit ihrem Wechsel zum FC Barcelona ein echter Star geworden und die Journalist*innen schwedischer Zeitungen standen Schlange, um im schönen Barcelona Home-Stories mit der ebenfalls 28-Jährigen zu machen. Auch Rolfös Karriere hatte ich lange das Privileg verfolgen zu dürfen. Als sie mit 19 in Stockholm mit Jitex ein Gastspiel darf, traf ich sie das erste Mal und wusste, dass ich ein Megatalent gesehen hatte, dass dann seinen Weg über Linköping und München via Wolfsburg nach Katalonien machte.

Frido kann inzwischen ihre überlegene Athletik umsetzen und ausnutzen und trifft wesentlich häufiger als noch vor ein paar Jahren als sie schon von Kritiker*innen als „Chancentod“ abgeschrieben wurde.

Auch Stina Blackstenius (Arsenal) und Lina Hurtig (Juventus) sind Weltklassestürmerinnen. Blackstenius fiel schon als Juniorin auf und dominierte die U19-EM 2015 nach Belieben und schoss Schweden zum Titel. Hurtig hat eine ebenso wie Rolfö beeindruckende Athletik und steht unter anderem für sehr schöne Kopfballtore, zuletzt gegen Brasilien.

Die „Diva“ Kosovare Asllani ist auch schon auf der anderen Seite der 30 angekommen und will mit 32 endlich etwas Großes mit der Natio gewinnen. Sie ist eine sehr kreative und technische 10, die den Angriff in Szene setzen kann.

Schweden hat wenn überhaupt eine Schwäche in der Abwehr. Eriksson und Amanda Ilestedt sind solide, aber kein unüberwindliches Bollwerk à la Annike Krahn und Saskia Bartusiak zu ihren besten Zeiten. Und auch Jonna Andersson, die nach Jahren bei Chelsea nach der EM in die schwedische Liga zurückkehren wird, bekommt Probleme, wenn sie dribbelstarke, schnelle Gegenspielerinnen hat. Hanna Glas hat sich zum Schmuckstück der schwedischen Abwehr entwickelt.

Die 28-Jährige vom FC Bayern ist eine der besten rechten Außenverteidigerinnen der Welt und sieht sich auch ganz unschwedisch so.

Was für Schweden spricht, ist auch die enorm starke Bank, von der Gerhardsson tatsächlich noch mal spielverändernd auswechseln kann.

Der 62-Jährige Fußballehrer aus Uppsala, der übrigens ganz offen ein Hörgerät trägt, hat mit der Mannschaft, die er von Pia Sundhage übernommen hat, sein Lebenswerk gebastelt. Ohne ihn wären sie sicher nicht da, wo sie heute sind. Gerhardsson hat die richtige Mischung in der Personalführung gefunden. Sein Erfolg und der Erfolg des Teams basieren auf professioneller Analyse, immer besser werdenden Rahmenbedingungen und vor allem in seiner psychologisch klugen Führung des Kollektivs und der Betreuung der Individien.

Mit den „Alten“ Hedvig Lindahl (39; vielleicht hört sie nach der EURO in der Natio auf) und Caroline Seger (37, macht sicher weiter), LInda Sembrant (33), Kosovare Asllani (32) und einer Ollvia Schough (31), die noch nie so gut war wie heute und mit dem Stamm der U19-Europameisterinnen von 2012 (Eriksson, Andersson, Glas, Rolfö, Elin Rubensson, Ilestedt, Hurtig) ist eine erfahrene Kombination der Kern des Kaders, die einfach reif ist für einen großen Titel.

Sie haben alles erlebt und durchlebt und beim hochverdienten 3:0 gegen die USA bei Olympia eine ähnlich überzeugende Lestung geboten wie Deutschland gestern Abend. Aber wo Deutschland vermutlich noch nicht die Kontinuität für sechs Spiel hat – Schweden hat sie und