Stillstand

Deutschland hat es wieder mal geschafft. 2:1 gegen Schweden. Goldmedaille. Alles richtig gemacht. Silvia Neid hat ihr Team zum Gold geführt.

Hat sie?

Wir haben in diesem Turnier die schwächste deustche Mannschaft seit dem vorigen Jahrtausend gesehen. Ins Finale gerumpelt mit einem Late-Minute-Ausgleich gegen Australien und zwei Spielen gegen Kanada, von denen man das am Ende wichtigere gewann und das andere verlor. Noch vor fünf Jahren hat Deutschland Kanada locker an die Wand gespielt. Jetzt ist John Herdmans Truppe ebenbürtig. Weil Kanada sich entwickelt hat und Deutschland eben nicht. Keinen Schritt.

Pia Sundhage hat im Finale völlig anders gespielt als im Viertel- und Halbfinale. Statt ausgeprägter Defensivtaktik, die erfolgsführend war und eine Sicherheit im Team schuf, in der jeder für jeden kämpfte, veränderte sie auf zwei Positionen. Raus mit der überragend im Mittelfeld defensiv arbeitenden Emilia Appelqvist und rein mit Olivia Schough. Raus mit der brandgefährlichen Targetstürmerin Stina Blackstenius und rein mit Sofia Jakobsson. Und Schweden spielte offensiv. Ich habe den ZDF-Stream gesehen und Reporterin Claudia Neumann sprach die ganzen 90 Minuten über von der schwedischen Defensivtaktik. Das hatte sie sicher irgendwo gelesen, aber nicht verstanden, dass Schwedem im Olympiafinale sehr offensiv spielte. Das nervte.

Leider gehört Olivia Schough nicht in die Startformation eines olympischen Finales. Sie verlor Zweikämpfe und sie versemmelte wenigstens zwei hoichkarätige Chancen, die Blackstenius oder Pauline Hammarlund versenkt hätten. Zwar kamen beide Spielerinnen rein, als Schweden alles riskieren musste, aber wenn man gegen Deutschland 0-2 zurückliegt, ist es vorbei. Blackstenius erzielte nach Assist von – Schough (Olivias beste Szene) den Anschlusstreffer, mehr kam nicht.

Und so versiebte Schweden seine größte Chance auf einen großen Titel seit 13 Jahren. Es wird leider wieder 13 Jahre dauern oder länger, bis diese Chance wieder kommt.

Stillstand im Frauenfußball. Schon die WM 2015 war eine Enttäuschung. Bei Olympia hat Frankreich wieder einmal versagt, Japan sich erst gar nicht qualifiziert. Australien spielte schön, scheiterte im Elfmeterschießen an Brasilien. Schweden räumte die USA aus dem Weg, gegen die Deutschland (sorry) nie gewonnen hätte. Der deutsche Frauenfußball ist derzeit nicht gut. Was? Das Gold!!!???? Nein, guten Fußball spielt Deutschland nicht mehr. Schon lange nicht mehr. Ich sehne mich an solchen Abenden, die dann mit dem größtmöglichen Erfolg enden trotzdem nach Spielerinnen wie Renate Lingohr, Birgit Prinz und Inka Grings zurück. Nadine Kessler!!!! Ach je. Es ist schade, dass der Stillstand regiert und dennoch zum Nonplusultra erhoben wird.

Ich gönne es allen Spielerinnen, aber leider wird Steffi Jones Erbe schwer. Ich hatte auf einen Neuanfang gehofft, jetzt wird ihr nahegelegt werden, alles so zu machen wie Silvia Neid, die in den letzten Jahren ihrer Amtszeit ohne erkennbare Spielidee einen kraftvollen Fußball spielen ließ, der dem der deutschen Herren der 1980er Jahre ähnelt. Ich würde mir eine Entwicklung hin zu modernem Fußball wünschen. Technik, Kombinationen, Ballbesitz. Jogi Löw hat das vorgemacht, der Frauenfußball sollte in diese Richtung geführt werden. Wie Frankreich, nur eben, dass man damit gewinnt. Oder aber entnimmt man dem französischen Beispiel, dass man mit diesem Fußball nicht gewinnen kann?

Schweden hat verloren. Silbermedaillen werden Verlierern umgehangen. Natürlich war das im ganzen Turnier eine tolle Leistung. Aber heute Nacht ist man Verlierer. Die Chance, das übermächtige Deutschland zu schlagen, war selten so groß wie heute Abend. Leider hat sich Pia verzockt. Schweden hätte mit derselben Elf wie gegen Brasilien spielen müssen, wesentlich defensiver und nicht so offensiv (schauen Sie sich das noch mal an, Frau Neumann) wie heute.

Ausgewechselt

24 Stunden vor dem abschließenden Gruppenspiel gegen Schweden hat Kanadas Trainer John Herdman zwei Spielerinnen austauschen können, die verletzt sind. Für Emily Zurrer (früher Essen-Schönebeck und Dalsjöfors) und Robin Gayle rücken Marie-Eve Nault und Melanie Booth in den Kader der Kanadierinnen nach.

Kanadas Olympia-Kader

Kanadas Trainer John Herdman hat seinen 18-köpfigen Kader nominiert, der bei den Olympischen Spielen in London gegen Schweden, Japan und Südafrika spielen wird.

Ich vermisse Stephanie Labbé, Örebros tüchtige Torfrau, aber leider gibt es eben mit Karina LeBlanc und Erin McLeod (Dalsjöfors) starke Konkurrenz.