Tyresö FF ist schwedischer Meister 2012


Vor einem Jahr noch verspielte Tyresö als Tabellenführer an den letzten beiden Spieltagen die schwedische Meisterschaft. In diesem Jahr machten sie es umgekehrt. Mit fünf Punkten Rückstand zwei Spieltage vor Schluss sah es fast hoffnungslos aus, aber Tyresö holte auf und gewann am Samstag durch einen 1:0-Sieg beim direkten Konkurrenten und Titelverteidiger LdB FC Malmö erstmals den Meistertitel.

Den Treffer erzielte Madelaine Edlund in der 82. Minute per Kopf.

Es war ein hochdramatisches Spiel mit einer Reihe von Zutaten, die Spiele dieses Kalibers unvergesslich machen. Tyresö begann sehr stark und ließ den Ball in den eigenen Reihen laufen, demonstrierte Selbstbewusstsein und Siegeswillen. Malmö schien sich mit dem größeren Ballbesitz für Tyresö abzufinden und setzte stattdessden auf schnelle Konter vor allem über die linke Seite.

Nach zehn Minuten Dominanz der Gäste wurde Malmö gefährlicher. Und sehr schnell gab es Elfmeter für Malmö.Trainer Tony Gustavsson hat mit Elaine eine Allrounderin in seinem Team, die heute Innenverteidigung spielen musste. Anja Mittag setzte sich in der 13. Minute gegen Elaine durch und zog Richtung Tor und Elaine holte sie eindeutig (direkt vor meinen Augen) von den Beinen. Auch Jenny Palmquist, die FIFA-Schiedsrichterin, die in diesem Spiel noch die mitentscheidende Rolle spielen sollte, sah das so. Da waren Palmquist und ich uns noch einig.

Anja holte sich den Ball und ich weiß, es klingt voll besserwisserisch und ist einfach zu sagen, dass ich kein gutes Gefühl hatte, als sie sich den Ball holte zwischen uns Fotografen und zurück zum Elfmeterpunkt schritt. Die Chance in der 14. Minute, die Vorentscheidung herbeizuführen. Tyresö hätte zwei Tore machen müssen und sich öffnen müssen und Malmö somit mehr Raum für gefährliche schnelle Konter geben müssen. Marta redete mit Keeperin Carola Söberg, die in diesem Spiel auch eine entscheidende Rolle spielen sollte, gab sie ihr einen Tipp wie Anja schießen würde?

Anja Mittag lief an und schoss in die rechte Ecke, da flog auch Carola Söberg hin und hielt den Strafstoß. Abermals hatte Tyresö seinen Kopf aus der Schlinge gezogen. Wie schon letzten Sonntag, als Malmö es verpasste, in Umeå den Sack zuzumachen. Als Ramona Bachmann die Hand Gottes spielen wollte und leider nur die Hand Bachmanns dabei raus kam und gelbrot. Und 35 Minuten in Unterzahl und für Tyresö die süße Gewissheit, dass die formstärkste Spielerin der Liga in den letzten Wochen das Spiel lediglich von der Tribüne würde sehen dürfen.

Anja Mittag zeigte sich nur für wenige Sekunden tief enttäuscht über die verpasste Gelegenheit. Schon wenig später gab sie Annica Svensson das Nachsehen und hämmerte fast aus vollem Lauf in Richtung linke Ecke von Söbergs Tor. Die streckte sich noch viel mehr als beim Elfer und lenkte den Ball mit der linken Hand zur Ecke. Eine Glanzparade.

Da fiel mir ein, dass ich mit Vero Boquete unter der Woche das Gerücht diskutiert hatte, dass Hope Solo zu Tyresö hätte kommen sollen. „Wozu brauchen wir denn Hope Solo,“ antwortete Vero, „wir haben doch Carola Söberg und die ist viel besser.“

Söberg zeigte heute, dass man im Tor keine andere braucht und Pia Sundhage, die das Spiel besuchte, dürfte sich hinter Söbergs Namen Positives notiert haben. Die Keeperin, die ihre Karriere in der Damallsvenskan bei Mallbacken begann (das gerade wieder aufgestiegen ist), sorgte mit den beiden schon genannten und weiteren Paraden dafür, dass Malmös hervorragend spielende Offensive mit Anja Mittag, Elin Rubensson, Katrine Veje und Sara Björk Gunnarsdottir immer mehr Geduld aufbringen musste. Um sich wieder zu konzentrieren und auf die nächste Chance zu warten. Das kann zermürben.

Gegen Ende der ersten Halbzeit wurde Tyresö wieder stärker, aber Thora Helgadottir hielt ihren Kasten sauber. Und Tyresö hatte auch nicht die klaren Chancen vom Kaliber Malmös.

Die zweite Halbzeit war dann eine lange Transportstrecke bis zur 82. Minute. Vorher war es eine Klassebegegnung, die 0:0 zu enden schien. Doch Tyresö legte zu, setzte Malmö ab der 78. Minute unter ungeheuren Druck und da fiel das 1:0 fast zwangsläufig, weil die Heimmannschaft den Ball einfach nicht mehr wegbekam. Madelaine Edlunds Kopfball machte Tyresö – zunächst – zum Meister. Jetzt musste Malmö alles nach vorne werfen. Elin Rubensson flankte von der rechten Seite und der Ball flog Richtung Tor und Carola Söberg griff den Ball mit beiden Händen, aber vor oder hinter der Linie?

Die besser postierte Linienrichterin zeigte Tor, während Jenny Palmquist sich zu Konsulationen an die Seitenlinie begab. Malmös Spielerinnen jubelten bereits. Tyresös Stars stürmten an die Seitenlinie, aufgebracht. Marta bedrängte die Unparteiische, der es kaum gelang, die Spielerinnen zur Abkehr zu bewegen. Dann gab es eine lange Diskussion zwischen Schieds- und Linienrichterin und Palmqvist nahm schließlich den Ball und brachte ihn Carola Söberg zum Abstoß. Kein Tor und im Prinzip war das Spiel jetzt entschieden. Palmqvist überzeugte also die Linienrichterin davon, dass sie aus schlechterer Position eine bessere Einsicht gehabt hatte und überstimmte die Linienrichterin (ihr gutes Recht laut Regelwerk) oder überredete sie, derselben Meinung sein zu wollen.

Palmqvist hätte jetzt abpfeifen können, stattdessen verordnete sie vier Minuten Nachspielzeit, in der sich nichts mehr tat.

Tyresös Jubel kannte kaum Grenzen und es dauerte fast eineinhalb Stunden bis alle Spielerinnen aus der Dusche zum Bus gekommen waren. Malmös Spielerinnen weinten überwiegend niedergeschlagen und sahen sich wie Trainer Peter Moberg aufgrund einer Schiedsrichterentscheidung um den Sieg gebracht. Pia Sundhage äußerte sich politisch korrekt, denn als Angestellte des schwedischen Fußballverbands kann sie nicht Schiedsrichter kritisieren, die ebenfalls unter den Fittichen des Verbands stehen.

Sie hätte ein hochklassiges Spiel gesehen, dass ihr neue Erkenntniss gebracht habe. Das vermeintliche Tor könne sie nicht beurteilen, aber Malmö habe durch den verpassten Elfer seine größte Chance selber vergeben.

So weit, es wird sicher bald mehr zu diesem Spiel geben. Stimmen und Kommentare. Und Fotos. Heute Nacht erst einmal eines.

 

 

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