Nach dem CL-Finale: Lotta Schelin

Nicht Lotta Schelins Tag (Foto: Marion Kehren)

Nicht Lotta Schelins Tag (Foto: Marion Kehren)

Lotta Schelin hatte bislang eine nahezu makellose Saison. Torschützenkönigin in der französischen Liga, Fussballerin des Jahres in Schweden und in Frankreich (wo sie als beste Spielerin der Liga ausgezeichnet wurde) und brillante Tore gegen u.a. LdB FC Malmö und FC Juvisy in Viertel- und Halbfinale. Gegen den VfL Wolfsburg gelang der 29-Jährigen Schwedin jedoch nur wenig. In der ersten Halbzeit blitzte ihr Können immer wieder mal auf, wenn sie schnell auf den Flügeln agierte, zweimal spielte sie gefährlich nach innen, aber fand keine Mitspielerin.

Nach dem Spiel sprach meine schwedische Kollegin Susanna Andrén mit Schwedens Starspielerin für Sveriges Radio.

„Naja, was soll ich sagen. Das war ein spezielles Finale gegen eine gute deutsche Mannschaft. Ich denke an und für sich haben wir den grössten Teil des Spiels dominiert, aber die standen sehr gut und die haben uns sicher sehr gut studiert. Es scheint so, dass sie dafür gesorgt haben, dass wir nicht das Spiel spielen konnten, das wir normalerweise spielen können. Also das heute war nicht das perfekte Lyon, das wir gesehen haben.“

Was hat denn gefehlt?

„Das waren viele Sachen, vielleicht ein paar Prozent bei fast allen Spielerinnen. Am Ende bitter, das so ein Finale entschieden wird, dass einer von uns der Ball an die Hand springt.“

War da vielleicht am Ende ein bisschen fehlende Gewohnheit, zurückzuliegen und unter Druck gesetzt zu werden?

„Ich weiss nicht, ob das so sehr eine Rolle gespielt hat. Im Weltcupfinale in Japan lagen wir auch zurück und da gelang es uns das Spiel zu drehen. Das wir das können, haben wir schon bewiesen und ich dachte auch hier, dass es uns noch gelingen würde.“

Was werdet ihr aus dieser Niederlage mitnehmen?

„Was soll ich sagen, wir haben drei Jahre lang kein Spiel verloren, das ist kein Problem, wir müssen einfach nur weitermachen. Wir werden das analysieren und dann müssen wir weitergehen und vielleicht eine neuerliche dreijährige Siegesserie anfangen.“

Wie hast du dein eigenes Spiel erlebt?

„In der ersten Halbzeit ganz gut, da war ich dabei, in der zweiten dann nicht mehr so, wo wir nicht mehr das Spiel gespielt haben, das wir normalerweise spielen können, aber wie gesagt, jetzt müssen wir die Zähne zusammenbeissen und weitermachen.“

Hedvig Lindahl: „Herrlich, nun wird es keine Kanonade von Anklagen geben“

Sie polarisiert die Frauenfußballfans in Schweden: Thomas Dennerbys eindeutige Nummer 1 im schwedischen Tor, seit er 2005 das Amt des Nationaltrainers von Marika Domanski-Lyfors übernahm. Ich rede von Hedvig Lindahl, der 29-Jährigen Torfrau von Kristianstads DFF, deren immer wieder passierende Aussetzer immer wieder zu Diskussionen führen, ob nicht die für Linköping spielende Sofia Lundgren oder Göteborgs Kristin Hammarström verdient hätten, bei einem großen Turnier eine Chance zu bekommen.

Beim WM-Halbfinale gegen Japan in Deutschland vor einem Jahr, waren sich viele einig, dass Lindahl sowohl das 1:2 wie auch das 1:3 durch Nachlässigkeit und schlechtes Stellungsspiel verschuldete, damit auch Schweden aller Chancen in einem einseitigen Halbfinale beraubte. Obwohl Japan drückend überlegen war, brauchten die Asiatinnen die Schützenhilfe der schwedischen Torhüterin. Die Kritik, die in den Wochen danach vorgebracht wurde bezeichnete Lindahl als „oberflächlich“. Will sagen: die haben doch keine Ahnung.

Beim 4:1 Auftakt gegen Südafrika gab es keine Diskussionen über den schwedischen Sieg. Aber wohl über den Gegentreffer zum 1:3. Portia Odise, mit 1,52 m kleinste Spielerin des ganzen Turniers lobte aus geschätzt 45 Metern den Ball Richtung schwedisches Tor, weil Lindahl mal wieder einen kleinen Ausflug gemacht hatte, Hedvig sah den Ball über sich kommen, versuchte zurückzulaufe und sah ziemlich hilflos aus, wie das runde Leder dann doch vor ihr die Torlinie überquerte.

Gestern dann das 0:0 gegen Japan. Natürlich gab es keinen Wechsel auf der Nummer 1. Thomas Dennerby hatte der Öfentlichkeit gegenüber zwar erklärt, dass Lindahl den Ball hätte halten müssen, dass er mit ihr reden werde, aber auch, dass das ja nur ein Tor gewesen sei, mehr nicht. Also stand Hedvig Lindahl gestern wieder im Tor gegen Japan und sie machte ihre Sache sehr gut. Hochmotiviert, motiverter wohl als die meisten anderen, weil sie etwas beweisen wollte. Es gab einen unkoordinierten Ausflug, aber der blieb glücklicherweise ohne Folgen. Ansonsten hielt sie alles, was auf den Kasten kam, wobei man sagen muss, dass die Japanerinnen entweder unplatziert oder schwach schossen. Alles andere wäre oberflächlich. Dennoch strahlte Lindahl Sicherheit aus und war neben der überragenden Sara Thunebro die beste Akteurin in einer schwedischen Mannschaft, die vor allem in der Defensive überzeugte.

„Das fühlt sich gut an, jetzt komme ich ohne eine Kanonade von Anklagen aus,“ sagte die Torhüterin der Zeitung Aftonbladet. Aber Lindahl hat eine gehörige Portion Selbstbewusstsein: „Ich nehme das alles nicht mehr so ernst, so wie früher. Früher empfand ich das wie Anklagen und konnte nicht akzeptieren, dass das mein Fehler war. Aber ich bin älter geworden und kann das jetzt auf eine andere Art wegstecken. Ich glaube jetzt wird es kein Gerede mehr darüber geben, dass ich im Tor stehe. Es gehört nicht unbedingt zum Alltäglichen, dass man mitten im Turnier den Torwart wechselt.“

Es sind Sätze wie dieser letzte, die deutlich machen, dass Lindahl überzeugt ist, dass nur Lindahl i9ns Tor der schwedischen Natio gehört. Es sind leider auch diese Sätze einer fehlerhaften Selbstwahrnehmung, die dazu führen, dass man sie in Frage stellt. Stellen muss, denn die Fehler in den letzten fünf Jahren waren doch reichlich und nicht selten haben sie spielverändernden Charakter gehabt. Aber der letzte Satz ist auch einer an Dennerby: Es gehört nicht zum Alltäglichen, im Turnier einen Torwart zu wechseln. Also: Wage es nicht. Sie benutzt auch zweimal das Wort Anklagen in einem Atemzug. Einmal sagt sie, dass es so schön sei, dass es jetzt keine Anklagen geben werde und dann gleich, dass sie Kritik früher als Anklage empfunden hätte. War früher vor zehn Sekunden?

Die Vergabe von Stammplätzen ist Sache des Trainers. Er sollte aber immer danach streben, den jeweils Besten spielen zu lassen. Nicht denjenigen, der am meisten für Unruhe sorgen wird, wenn man ihn mal nicht an erster Stelle aufstellt. Es ist nicht so sehr der Charakter Lindahls, der ihre Gegner verärgert. Es ist vielmehr die Chancenlosigkeit der gleichaltrigen Lundgren und Hammarström. Hammarström nimmt das scheinbar stoisch nach außen, hofft wahrscheinlich, dass ihr Benehmen als brave Soldatin dazu führen könnte, dass sie doch mal den Vorzug bekommt. Lundgren hat sich mehrfach öffentlich geäußert, zuletzt nach dem Spiel gegen Südafrika. „Natürlich bin ich der Meinung, dass ich besser bin. Aber so sehr ich auch trainiere und versuche, mich zu beweisen, es nützt nichts.“ Und auf Radioreporterin Susanna Andréns Frage, ob sie denn von Thomas Dennerby eine Erklärung bekommt, warum sie nicht spielen darf, antwortet Lundgren: „Nein, man kann nicht sagen, dass wir darüber viel reden. Du musst ihn schon selber fragen, welche Gründe er hat. Er hat da vielleicht schon einen Grund, aber den hat er mir bisher noch nicht genannt.“

Und so wird Hedvig Lindahl mindestens noch bis zum Ende der Olympischen Spiele 2012 unangefochten im schwedischen Tor stehen. Danach läuft der Vertrag von Thomas Dennerby aus und alle erwarten, dass dann Pia Sundhage seine Nachfolgerin wird. Ob Sundhage den Mut haben wird, im Tor einen fairen Wettkampf zu ermöglichen, wird sich zeigen. Es könnte eine erste Bewährungsprobe sein.

Thomas Dennerby stocksauer nach 0:4 gegen Deutschland

Selten, eigentlich noch nie hat man Thomas Dennerby nach einer Niederlage der schwedischen Nationalmannschaft so sauer gehört wie nach dem 0:4 gegen Deutschland. Eine katastrophale Abwehrleistung mit vielen individuellen Fehlern gegen eine deutsche Mannschaft, die noch nicht mal in Besetbesetzung angetreten war.

Dennerby in einem Interview mit dem staatlichen schwedischen Radio: „Wir haben brutal unter unseren Möglichkeiten gespielt. Mir scheint, da war man mit dem Kopf in den Wolken nach den ersten beiden Spielen. Naja, vielleicht war es noch Lotta in der ersten Halbzeit mit dem bisschen, was uns gelungen ist, zu ihr durchzukriegen. Ansonsten haben wir viel zu schlechte Laufarbeit, viel zu viel Stillstehen, wir haben keinen Zweikampf gewonnen, da war nichts in der ersten Halbzeit, was man irgendwie mitnehmen könnte. Ich weiss nicht, ob ich in meiner Zeit als Nationaltrainer eine so schlechte Leistung gegen einen so guten Gegner gesehen habe.“

Was hast du in der Halbzeitpause gesagt, fragte Reporterin Susanne Andrén: „Naja, ich war ziemlich angepisst. Ich bin wirklich sehr selten so. In der zweiten Halbzeit wurde es besser, aber nach wie vor haben wir keine Torchancen produziert, auch wenn die Einstellung besser war. Wir haben zu kompliziert gespielt, keine kreativen Lösungen, wir spielten viele schwere Pässe zur Seite, wo die Deutschen reingelaufen sind. Wir müssen uns jetzt um ein paar Hunder Prozent steigern, wenn wir eine Chance gegen die USA haben wollen. Das war nicht akzeptabel.“

Und ob es nicht beruhigend sei, dass Deutschland nicht bei der Olympiade dabei sei: „Nein, ich hätte gerne Deutschland bei Olympia gesehen. Wir hätten gerne gegen die gespielt und es da viel besser gemacht. Wir haben heute ein gutes Deutschland gegen ein klar schlecht spielendes Schweden gesehen. Schade dass Deutschland nicht dabei ist, sie hätten einen Platz verdient.“