Susan Varli macht Schluss

Susan Varli (links)

Susan Varli (links)

Susan Varli hat mit 22 die Fußballschuhe an den Nagel gehangen. Susan who? Varli war eine talentierte Spielerin mit Migrationshintergrund. Ihre Eltern sind Syrianer aus der Türkei. Das wird weiter unten noch Bedeutung bekommen. Varli spielte bei allen drei Stockholmer Traditionsvereinen: bei AIK, Hammarby und Djurgården. Verließ Hammarby vor ein paar Jahren gemeinsam mit Daniella Chamoun und Nazanin Vaseghpanah mitten in der Saison, da wurde viel geredet über die sheinbar Abtrünnigen, die obwohl unter Vertrag bei Hammarby den Rest des Jahres mit AIK trainierten und dann im Jahr drauf bei AIK spielten. Varli wurde dann 2012 bei AIK mitten in der Saison aussortiert, sie wechselte zu Djurgården und ging dann 2013 zu Hammarby in die zweite Liga.

Im Oktober 2012 als es richtig gut lief, debütierte Susan Varli in der U23-Nationalmannschaft für Schweden. Spielte gegen Norwegen, man lag 0:1 hinten und schoss dann beide Tore zum 2:1-Endstand für Schweden.

Damals trainierte noch Lillie Persson die U23, dann ging sie zu Pia Sundhage, Nachfolger wurde U19-Trainer Calle Barling.

Anfang 2013 als es darum ging, das U23-Team für das traditionelle Turnier in la Manga zu nominieren, war Varli Reserve, bekam einen Anruf von Barrling, den sie nun der Länstidning in Södertälje wiedergab.

Barrling soll gesagt haben, dass Varli ja mehr Möglichkeiten habe als andere. Schließlich habe sie türkische Eltern und könne ja auch für die Türkei spielen. Sie möge doch mal mit Leyla Güngör in Malmö Kontakt aufnehmen, die habe ähnliche Erfahrungen. Barrling hob in dem Gespräch angeblich auf die andere Mentalität Varlis ab und meinte, diese sei ja nicht wie „wir Schweden“.

Auf das Telefonat von der Zeitung angesprochen, sagte Calle Barling: „Das schreibst du nicht. Das sollst du wissen.“

Das klingt wie Nordkorea mitten in Schweden. Varli sagt, sie hätte nach dem Gespräch mit Barrling geweint, weil der sie quasi als unschwedisch bezeichnet habe und dies als einen der Gründe für ihre Nichtnominierung angegeben habe.

Spielerinnen mit Migrationshintergrund, so der Tenor des Artikels, hätten in Schweden so gut wie keine Chance. Wäre Zlatan Ibrahimovic ein Mädchen gewesen, so Varli, wäre er in Liga 5 steckengeblieben.

So ähnlich habe ich das 2012 auch von Nazanin Vaseghpanah gehört, die damals mir als erstem Journalisten mitteilte, dass sie mit dem Fußball aufhören würde. Ihr wäre immer gesagt worden, dass sie zu viel wolle, sagte „Naza“ mir damals. Ihre Freundin Susan Varli benutzt eineinhalb Jahre später fast dieselben Worte.

Dass Varli, Vaseghpanah und Chamoun als Trio sicher nicht immer einfach in einer Mannschaft zu hantieren waren, habe ich von anderen Spielerinnen gehört, aus mehreren Quellen.

Dass ändert jedoch nichts daran, dass Barrling sich offenbar in dieser Angelegenheit alles andere als souverän und abgeklärt verhalten hat. Vielleicht ist es ja wirklich so, dass man in den schwedischen U-Teams nicht aus der Masse heraustreten darf. Mädchen haben tüchtig („duktig“) zu sein. Offenbar gehört leider auch dazu, dass man immer den Mund hält. Dass Barling auch der Journalistin von Länstidningen i Södertälje den Mund verbieten wollte, sieht nicht gut aus. Es stinkt zum Himmel, auch wenn jetzt Journalisten wie Anders Nilsson dem Fußballehrer zur Seite springen und bekunden, dass dies nicht der Calle Barrling sein könne, den Nilsson seit zehn Jahren kenne.

Die Woche in Schweden

Zur Zeit ist es weiterhin relativ ruhig. In Stockholm schneit es und Fußballtraining draußen scheint im Moment Lichtjahre weit entfernt zu sein. Dennoch tut sich das eine oder andere und ich liefere es euch hier in der Wochenzusammenfassung. Sollten große Nachrichten kommen, gibt es selbstverständlich aktuelle Posts. Es sind auch diverse Interviews in Vorbereitung bzw. abgeschlossen, die ich in den nächsten Wochen hier einstreuen werde. Ich habe mich länger mit Anja Mittag, Christen Press und Vero Boquete unterhalten für einen Artikel, der jetzt gerade in der schwedischen Frauenfußballzeitschrift MARTA fotbollsmagasin erschienen ist und obwohl die Gespräche länger zurückliegen, haben viele Antworten daraus einen eher Saison-zusammenfassenden Charakter, weshalb sie sicher noch interessant sein dürften. Das kommt vielleicht schon nächste Woche.

Ein paar aktuellere Interviews wird es auch noch geben. Außerdem will ich noch für mich und für euch auf die Saison 2012 in Schweden zurückblicken und schon eine kleine Vorschau auf 2013 wagen, auf das wir uns besonders freuen, denn hier wird, wie alle wissen, die EURO stattfinden.

Eine meiner Lieblingsspielerinnen (ja, auch als schreibender und meist zumindest nach außen neutraler Mensch muss man sowas haben dürfen) hat ihren Vertrag mit Linköpings FC nun doch verlängert. Finnlands zweimalige Fußballerin des Jahres Linda Sällström bleibt und geht doch nicht, wie Gerüchte besagten nach Mölndal zu Jitex BK. Die 24-Jährige, die sicher ohne Übertreibung zu den schnellsten Spielerinnen der Welt gehört, ist nach ihrem Kreuzbandriss im Frühjahr wieder im vollen Training und mir sagte sie kurz, dass sie nach ausführlichen Überlegungen doch eine bessere sportliche Zukunft in Linköping sieht. Und Recht hat sie. Denn auch wenn Linköping zwar deutliche Schnitte in seinem außergewöhlich starken Kader gemacht hat, ich werde all die Abgänge nicht mehr hier auflisten, so sieht das Team mit Stützen wie Sofia Lundgren, Charlotte Rohlin, Nilla Fischer und nicht zuletzt dem dänischen Supertalent Pernille Harder immer noch recht stark aus und sollte in der oberen Hälfte der Tabelle locker mitspielen können.

Nicht nur „Sällis“ bleibt in Linköping, sondern auch der mitten in der Saison gekommene Trainer Martin Sjögren. Der Mann, der Malmö zu zwei Meistertiteln geführt hat, hat einen 2+1 Vertrag unterschrieben. Für alle bislang erwähnten dürfte es sicher auch eine tolle Saison in einem funkelnagelneuen Stadion werden, das nächstes Jahr bei der EURO von der Frankreich-Gruppe bespielt werden wird.

Eine, die Linköping nach nur einer, für sie missglückten, Saison verlässt ist Matilda Agné. Sie geht zurück zu ihrem früheren Verein Hammarby und sie ist nicht alleine. Ein paar Tage vorher unterschrieb auch Anna Lindblom nach einem Intermezzo bei Djurgården in der zweiten Liga bei ihrem früheren Verein, der durch diese beiden Verstärkungen offenbar Ambitionen hat, um die Spitzenplätze der neugegründeten Elitettan zu spielen. Nach einer Saison in Linköping geht ja auch Emma Lundh zurück nach Stockholm und auch wenn ihr neuer Club noch nicht feststeht, ein Wechsel zu Hammarby würde die grünweiße Traditionsmannschaft zu den Mitfavoriten um den Aufstieg machen…

Emma hat schon bei allen wichtigen Teams in Stockholm gespielt. Sie war bei AIK, Hammarby, Tyresö, Brommapojkarna und auch bei Djurgården. Der ehemalige Meister und Women’s Cup Finalist geht ungewissen Zeiten entgegen. Inzwischen hat wohl die gesamte Startformation des letzten Spiels gegen Piteå am 03.11. den Verein verlassen. Gestern wurde bekannt, dass Norwegens Aufsteiger Avaldsnes mit Abwehrspielerin Freja Hellenberg nach Gudbjörg Gunnarsdottir und Mia Jalkerud die dritte Spielerin aus Stockholm nach Westnorwegen importiert. Der Öffentlichkeit nahezu unbekannt ist die Tatsache, dass sich mit Sofia Nilsson, einer der auffälligsten Spielerinnen Djurgårdens, die achtzehnte Spielerin der Liga im vorletzten Spiel gegen Kristianstad einen Kreuzbandriss zuzog. Noch offiziell bei Djurgården, da nichts anderes verlautet ist, sind Jessica Landström und Susan Varli, aber beide dürften für viele andere Vereine interessant sein und wohl 2013 anderswo spielen.

Auf außerordentlichen Jahreshauptversammlungen haben die beiden Vereine LdB FC Malmö und FC Rosengård die Fusion beschlossen. Wie schon vorher berichtet, soll der neue Verein FC Rosengård heißen und dann eben Männer- wie Frauenfußball unter seinem Dach vereinen. Bei Rosengård war das bisher schon so, aber LdB war ein reiner Frauenfußballverein. Die Fusion ist Voraussetzung für das wirtschaftliche Überleben von LdB als Spitzenverein. Neben seinem neuen Cheftrainer Jonas Eidevall hat Anja Mittags Team nun auch einen neuen Assistenztrainer: Markus Tilly, 36 Jahre alt, kommt aus der Region vom Männerfußballverein Ängelholm.

Hauptkonkurrent und Meister Tyresö FF hat bislang keine Neuverpflichtungen bekanntegeben, aber in der Szene ist bekannt, dass Tyresö an einer offensiven Verstärkung interessiert ist und auch Gespräche geführt hat und führt. Manon Melis geht nach Malmö und Christen Press allem Anschein nach zurück in die USA, aber mit beiden hat Tyresö gesprochen. Ein heißer Name ist der der kanadischen Sportlerin des Jahres Christine Sinclair, aber auch das dürfte schwer werden, da der kanadische Fußballverband wie früher berichtet, 16 Spielerinnen seiner A-Mannschaft voll in der neuen amerikanischen Profiliga finanzieren wird. Abby Wambach dagegen dürfte ganz kalt sein, denn Wambach wird mit großer Sicherheit für Western New York Flash spielen und nächstes Jahr auch eine Familie gründen und seßhaft werden. Alles deutet auf Rochester im Staat New York hin, wo Wambach auch aufgewachsen ist.

Viel wichtiger aber die Nachricht, dass sich Tyresö FF in eine Gesellschaft verwandeln wird. Wichtigster Punkt dabei nach dem Vorsitzenden Hans Lindberg ist, dass man die Frauenmannschaft vom Breitensport im Verein juristisch trennen will. Zwei Clubs haben das schon einmal gemacht in der Damallsvenskan, nämlich Bälinge IF und Djurgården/’Älvsjö und beide Clubs sind in Konkurs gegangen. Djurgården lebte als Djurgården damfotboll weiter. Inzwischen hat Tyresö mit 15 Millionen Kronen (1,714 Millionen €) den höchsten Umsatz in der Damallsvenskan. Der große Zampano des Vereins, der scheinbar im Hintergrund agierende Hans Löfgren, hat ein einzigartiges Netzwerk aus rund 150 kleinen, mittleren und großen Firmen gebastelt, das die Frauenmannschaft unterstützt und damit den Weg von der vierten Liga zum Meistertitel geschafft. „Für uns bedeutet das auch eine Sicherheit für die restlichen Aktivitäten des Vereins, wenn das Spitzenteam des Frauenfußballs getrennt ist. Wir werden nach der nächsten Saison evaluieren, im Augenblick glaube ich aber, dass dies die beste Lösung ist,“ so Hans Lindberg. Tyresö ist eben ein großer Verein mit Dutzenden von Kinder- und Jugendmannschaften.

Eines der ewigen Talente des schwedischen Frauenfußballs wechselt zu einem Verein, dessen Name vor allem im Männerfußball große Geschichte hat. Louise „Lollo“ Fors, die vielleicht den besten Linksfuß der Damallsvenskan hat, ist nach einer enttäuschenden Saison bei Linköpings FC gegenwärtig in Australien, hat aber jetzt für den FC Liverpool Ladies unterschrieben. Fors wurde früher bei ihrem ersten Verein in der Damallsvenskan Lollodinho genannt, weil sie immer wieder brasilianisch anmutende geniale Momente hatte. Leider ist ihr Talent über die Jahre nicht richtig entwickelt worden. Die ersten Spiele mit ihr habe ich gesehen, als sie mit 15 in der Damallsvenskan debütierte. Inzwischen ist Fors 23 und noch immer könnte sie den entscheidenden Schritt tun.

Manchmal sind auch Vertragsverlängerungen wichtige Nachrichten. Zwei will ich hier hervorheben: Sofie Andersson bleibt in Vittsjö, sie war die herausragende Akteurin der letzten beiden Jahre beim Aufsteiger und ihre Bedeutung ist unstrittig. Ebenso wichtig, dass Nationalspielerin Sara Larsson in Örebro bleibt. Bei dem wirtschaftlich und sportlich in diesem Jahr gebeutelten Tabellenzehnten könnte dies ein Signal für andere Spielerinnen sein, ebenfalls zu Kugelschreiber zu greifen und zu bleiben, nachdem mit  Marie Hammarström bereits eine Schlüsselspielerin gegangen ist (nach Göteborg).

 

 

 

Ruhiger November

Bislang ist es auffallend ruhig im Wechselkarussell der Damallsvenskan. Viele Spielerinnen nutzen die Pause nach der Saison 2012 und reisen nach Thailand, Vietnam oder Ägypten. Dementsprechend ist in der Silly Season noch nicht so viel passiert.

Djurgårdens finnische Nationalspielerin Annika Kukkonen geht nach nur einer Saison und zieht ins kleine Skellefteå, 773 km nördlich von Stockholm gelegen. Nur noch Piteå ist ein wenig weiter im Norden Schwedens gelegen. In Skellefteå ist zwar nicht der Bär los (oder vielleicht doch?), aber Aufsteiger Sunnanå SK rüstet sich nach zwei Jahren Abstinenz für eine weitere Saison im Oberhaus und bislang sieht das gut aus. Wichtig, dass die unverwüstliche Perpetua Nkwocha noch ein Jahr dran hängt.

Katrine Petrous wird Djurgården verlassen, konnte man heute lesen. Auch Gudbjörg Gunnarsdottir wird wohl nach vier Jahren in Stockholm notgedrungen woanders ihre Zelte aufschlagen müssen. Jessica Landström kann kaum in der zweite Liga stürmen, wenn sie ihre Fußballkarriere nicht aufgeben will und um einen Platz in Pia Sundhages Nationalmannschaft konkurrieren will. Auch das spät von AIK gekommene Talent Susan Varli wird wohl anderweitig spielen müssen, wenn sie nicht stagnieren will. U19-Europameisterin Magdalena Ericsson dürfte eine begehrte Beute sein und ihre beste Freundin Anna Lindblom ist zwar privat an Stockholm gebunden, hat aber (eigentlich) zu viel Talent, um hier zu versauern. Islands Nationalmannschaftskapitänin Katrin Jonsdottir wird es mit ihren 35 Lenzen nicht ganz so einfach haben, einen neuen Verein zu finden, aber bei allen Spielerinnen mit EURO-Ambitionen ist die zweite Liga eigentlich keine Alternative.

Hollands Weltklassestürmerin Manon Melis ist derzeit bei ihrem Freund in Groningen, aber ihr Agent verhandelt nach Aussagen von Melis mit Tyresö, Göteborg und Malmö und Insider favorisieren Malmö, jenen Verein bei dem Melis in fünf Spielzeiten 84 Tore schoss. Aber kann sich Malmö auch noch die Holländerin leisten? Zumal Caroline Segerf schon öffentlich erklärt hat, dass sie gerne nach Malmö gehen würde. Aber Tyresös starker Mann Hasse Löfgren lässt Seger wohl nur gehen, wenn er etwas Gleichwertiges bekommt.

Ob Christen Press in Göteborg bleibt, ist noch nicht sicher. Die Amerikanerin könnte eine von 24 Spielerinnen werden, deren Gehalt vom amerikanischen Fußballverband in der sich neu gründenden Liga 2013 gezahlt wird. 24 Amerikanerinnen, 16 Kanadierinnen und 12 Mexikanerinnen sollen jeweils von ihren nationalen Verbänden in der neuen Liga finanziert werden, das würde dann wohl ausschließen, dass namhafte US-Girls nach Europa kommen. Auch für einen Umzug der Kanadierin Christine Sinclaiur dürften die Aktien dann tief fallen.

 

 

 

Das Wunder von Kristianstad blieb aus

In Kristianstad konnte Djurgården das Wunder von Berlin nicht wiederholen. Jetzt kann nur noch eine Steigerung des Begriffes den Traditionsverein vor dem Abstieg retten. Nach 48 Minuten lag Djurgården gegen die Gastgeberinnen von Kristianstads DFF mit 0:3 hoffnungslos zurück.

Emelie Johnsson, Margret Lara Vidarsdottir und Johanna Rasmussen hatten getroffen und als die Niederländerin Renée Slegers den Anschlusstreffer erzielte, schien das eher ein Ehrentreffer zu sein, denn Rasmussen erhöhte kurz darauf auf 4:1.

Djurgården, das schon ab der sechsten Minute Sofia Nilsson durch Anna Lindblom ersetzen musste, warf nun alles nach vorne und kam in der Tat zum Erfolg. Nochmal Slegers und Mia Jalkerud und sieben Minuten vor dem Ende hieß es nur noch 3:4 aus Sicht der Stockholmerinnen, dabei blieb es aber dann.

Der Abstieg dürfte die Konsequenz sein und was dann aus den Schlüsselspielern Gudbjörg Gunnarsdottir, Sofia Nilsson, Katrin Jonsdottir, Renée Slegers, Annika Kukkonen, Jessica Landström und Susan Varli wird, wird man abwarten können. Jonsdottir hat vor kurzem gesagt, dass sie auf jeden Fall die EURO 2013 für Island spielen will. Dazu braucht sie aber dann einen guten Verein. In Stockholm wird sie nicht mehr erstklassig spielen können. Gleiches gilt für Kukkonen und Slegers, die für Finnland und Holland EM spielen wollen. Susan Varli hat kürzlich beim D23-Länderspielsieg gegen Norwegen beide Tore geschossen und dürfte ebenfalls auf sich aufmerksam gemacht haben. Und auch Kapitänin Gunnarsdottir sollte nach vier Jahren Stockholm wohl die Koffer packen, wenn sie sich fußballerisch weiterentwickeln will. Sie ist bei vier Jahren Altersunterschied die designierte Nachfolgerin der Klassetorhüterin Thora Helgadottir in der isländischen Nationalmannschaft.

Und am Ende stirbt die Hoffnung

Zugegeben. Ich hätte es Djurgården nicht zugetraut. Aber wie tief ist KIF Örebro gesunken? Ein Team, das es nach Aussagen von Nationalspielerin Marie Hammarström (vor der Saison) leid sei, immer „nur“ auf Platz 5 sei und diese Saison nach höheren Zielen strebe, liegt vier Runden vor Ende der Saison auf Rang 10.

Und  nach dem 1:3 bei Djurgården gestern Nachmittag sind die Stockholmerinnen auf vier Punkte herangerückt.

Angeblich sahen 157 Zuschauer die Begegnung im weiten Rund des Stockholmer Olympiastadions. Meine Kollegin Alva Nilsson, hat mal durchgezählt und kam inklusive Funktionäre auf knapp 70 Personen. Vor etwas mehr als einem Monat spielte an gleicher Stelle Coldplay vor 30.000. Das wollen wir hier nicht vergleichen, aber die Vorstellung von 70 Personen in einer Arena, die 30.000 Platz bietet, hilft etwas, sich vorzustellen, wie trostlos das aussieht an einem bewölkten Samstagnachmittag in einem herbstlich kühlen Stockholm.

Immerhin. Das Spiel war wohl attraktiv und es gab vor allem in Halbzeit 1 Torchancen auf beiden Seiten. Das unterstreicht auch die Schussstatistik von 25:19.

Los ging es mit Jessica Landström, die in der siebenten Minute die wichtige Führung erzielte. Ausgleich durch die Ex-Djurgårdenspielerin Sarah Michael und dann Treffer von Susan Varli (von AIK gekommen) und Matilda Rosquist.

Das Schlussprogram allerdings sieht nicht so gut aus für Djurgården. Zwar gibt es nächsten Samstag erneut ein Heimspiel, aber dann kommt Marta…

AIK und Djurgården verlieren – Stockholm bald ohne Erstligafußball

Ingrid Wells aus den USA – eine von vier Amerikanerinnen in der Startelf von Göteborg

Mit jedem Spieltag verdichtet sich die Gewissheit, dass Stockholm (und Solna) im nächsten Jahr ohne Erstligafußball sein werden und dass Stockholmer Frauenfußballfreunde dann die 20 km nach Tyresö fahren müssen, um die Stars der Damallsvenskan zu sehen.

Während AIK sang- und klanglos mit 0:3 in Piteå verlor, hatte letztlich auch Djurgården beim 0:2 daheim gegen Kopparberg/Göteborgs FC kaum eine Chance. Sechs Spieltage vor Schluss steht man damit sechs bzw. sieben Punkte hinter dem rettenden zehnten Platz.

Und da auch der dritte Traditionsverein Hammarby nach dem Abstieg 2011 nicht den Direktwiederaufstieg schaffen wird (drei Spieltage vor dem Ende der Saison hat man 17 Punkte Rückstand auf einen Platz, der zu einem Qualifikationsspiel berechtigt), wird es somit in der 2013 neu gegründeten Superettan, der landesweiten zweiten Liga viele Derbys geben.

Piteå ging gegen AIK schnell durch eine direkt von der Norwegerin June Pedersen verwandelte Ecke mit 1:0 in Führung. Die Mannschaft spielte mit Trauerflor, um den 29-Jährigen Victor Brännström vom lokalen Männerverein Piteå IF zu ehren. Brännström war vor einer Woche bei einem Spiel der dritten Liga auf dem Platz der LF Arena (in der auch die Frauen spielen) mit Herzversagen tot zusammengebrochen.

In der Schlussphase der Begegnung erhöhten Jennifer Nobis (nach Ecke Pedersen) per Kopf auf 2:0 und Hanna Pettersson auf 3:0 für den Gasteber gegen AIK, das auf seine Innenverteidigerin Jennie Nordin verzichten musste. Nach vier Niederlagen in Folge konnte sichj Piteå mit diesem Sieg deutlich von der Abstiegszone absetzten., Der Abstand auf AIK beträgt nun neun Punkte.
Djurgården musste im „heimischen“ Olympiastadion von Stockholm (Yael Averbuch: „Das schönste Stadion, in dem ich je gespielt habe.“) auf Jessica Landström zunächst verzichten. Die hatte Fieber und saß auf der Bank, spielte aber die letzten 22 Minuten. Statt ihrer versuchte es Trainer Patrik Eklöf mit der von AIK gekommenen Susan Varli. Die hatte durchaus ein paar gute Szenen, aber die beste Gelegenheit hatte Magdalena Ericsson, die die Latte traf. Im Tor stand doch Kristin Hammarström trotz mutmaßlicher Gehirnerschütterung aus dem Spiel gegen Piteå vor Wochenfrist.
Göteborg hatte mehr Ball und kontrollierte das Geschehen, ohne jedoch nur annähernd sein Potential zu erreichen. Abgemeldet auch weitgehend Christen Press. Bis zur 43. Minute. Da setzte sich Johanna Almgren auf der rechten Seite durch, flankte nach innen und Press wurde für einen Moment allein gelassen, nahm den Ball an und ein paar Zehntelsekunden später hatte sie Djurgården dafür bestraft und ihren 14. Saisontreffer erzielt.
Yael Averbuch, die bei Göteborg Lisa Ek ersetzen soll und die mir, ehrlich gesagt, nach zwei Spielen, die ich von ihr gesehen habe, als deutliche Verstärkung erscheint (eine Spielmacherin mit Power) konnte aus ungefähr 18 Metern ins linke untere Eck von Gudbjörg Gunnarsdottir schießen. ‚Gugga‘, die Kapitänin Djurgårdens, redet offiziell noch nicht vom Abstieg, aber beim kurzen Gespräch nach dem Spiel kam sie mir doch recht zweifelnd vor.
Nationalspielerin Johanna Almgren lief mir noch vor das Mikrofon meines IPhones. „Wenn wir etwas Glück haben und die restlichen Spiele gewinnen, können wir Dritter werden. Aber die Meisterschaft und ein CL-Platz haben sich erledigt. Aber wir wollen weiterhin in guter Form bleiben, denn mit der Champions League und dem Pokalfinale haben wir trotz allem noch vieles, um das wir spielen können in diesem Jahr,“ so Johanna Almgren.

AIK punktet gegen Dritten und verliert trotzdem

Wasserspiele in Solna mit Jennie Nordin und Danesha Adams

Ein 1:1 gegen den Tabellendritten daheim ist für einen potentiellen Abstiegskandidaten zunächst einmal kein schlechtes Ergebnis. Aber das 1:1 von AIK gegen Mitaufsteiger Vittsjö GIK ist letztlich für AIK ein Verlust von zwei Punkten, denn die beiden Konkurrenten über der gestrichelten Linie – Jitex BK und KIF Örebro gewannen ihre Spiele und vergrößerten den Abstand, den es aufzuholen gilt, auf sechs Punkte.

Gesprächsstoff gab es aber vor allem wegen des Wechsels von Susan Varli zu Djurgården wenige Stunden vor Schließen des Transferfensters. Auch Daniella Chamoun sei  nicht im Aufgebot, erzählte man mir, als ich die Anlage betrat. Beide seien ausgeschlossen worden, es habe Ärger gegeben. Und während Chamoun nicht ins Stadion kam, saß Djurgårdens neue Stürmerin – bei AIK auf der Tribüne. Vor dem Anpfiff sprintete die dritte im Freundinnentrio, nämlich Nazanin Vaseghpanah, schnell zum Spielfeldrand und herzte Varli mit mehreren Gesten und einer Umarmung.

Schnell ging Vittsjö in Führung, nach der dritten Ecke besorgte Danesha Adams aus kurzer Distanz den Führungstreffer, den die Finnin Maija Saari nach etwas mehr als einer halben Stunde nach einem Freistoß mit dem Kopf egalisierte.

In der zweiten Halbzeit war AIK besser, aber da man nach dem Weggang Varlis nun gar keine Goalgetterin in den Reihen mehr hat und stattdessen zwei 17-Jährige vom Drittligisten Bele Barkarby in die A-Mannschaft geholt hat, vermochte man nicht, das Spiel zu gewinnen.

Der Streit bei AIK aber interessiert die Gemüter. Wir erinnern uns: 2010 hatten Vaseghpanah und Chamoun damals Hammarby wenige Wochen vor Saisonende im Streit verlassen und waren zu AIK weitergezogen. Varli war wenig später nachgefolgt. Nun scheint sich die Geschichte leider zu wiederholen. Dem Ruf der beteiligten Spielerinnen kann das nicht zuträglich sein, auch wenn die sicher eine gute Erklärung haben für das, was vorgefallen sein muss. Es wird gemunkelt, dass die beiden Spielerinnen wegen ungebührlichen Verhaltens ausgeschlossen wurden, während Mittelfeldspielerin Vaseghpanah lediglich ‚verwarnt‘ worden sei.

Vittsjö spielte sicher deutlich unter seiner Kapizität auf einem Kunstrasen, der aufgrund massiver Regenfälle teilweise Lotteriepässe sah.

Susan Varli verlässt AIK

 

Susan Varli im AIK-Dress

Gestern Abend um 23.59 Uhr ging das Transferfenster zu und ein paar Stunden vorher gab Djurgården bekannt, dass man sich der Dienste vonAngreiferin Susan Varli von Abstiegs- und Lokalkonkurrent AIK versichert hätte.

Susan Varli kam 2010 von Hammarby zu AIK im Gefolge eines Streits, nachdem auch Nazanin Vaseghpanah und Daniella Chamoun Hammarby mitten in der Saison verlassen hatten. Die 21-Jährige Varli hat 11 der 14 Spiele von AIK von Beginn an bestritten und dabei fünf Tore erzielt. Insgesamt gelangen AIK elf Treffer, man verliert also die mit Abstand beste Torschützin an den Lokalrivalen.

Ein Wechsel, der national relativ ohne Bedeutung ist, lokal aber zu Spekulationen anregt. Denn ohne Probleme verlässt man wohl nicht seine Mannschaft mitten im Abstiegskampf zugunsten eines ebenfalls abstiegsbedrohten Lokalrivalen.

 

AIK schöpft Hoffnung

Zweikampfballet zwischen Christen Press und Maija Saari

Es war weniger Neuzugang Lori Chalupny, der AIK seinen zweiten Saisonsieg bescherte, sondern vielmehr eine aufopferungsvolle Abwehrarbeit. Defensiv zeigteder Tabellenelfte in der zweiten Halbzeit eine tolle Leistung, wobei Göteborg sich allerdings auch nicht genügend entgegenstemmte.

Christen Press war in der ersten Halbzeit ein ständiger Unruheherd, wann immer sie angespielt wurde, sorgte sie mit schnellen Sprints und ansatzlosen Schüssen für Gefahr, eine richtige Klassestürmerin, die wohl nur nicht in ihrer Natioalmannschaft spielt, weil sie mit Kalibern wie Abby Wambach, Alex Morgan und Sydney Leroux konkurrieren muss. Immerhin war sie schon Reserve in London.

Auch Yael Averbuch wusste in der ersten Halbzeit bei Göteborg zu gefallen, trug mit Anna Ahlstrand und Johanna Almgren sowie Anita Asante stark dazu bei, dass immer wieder nach vorn gespielt werden konnte. 9:3 Ecken standen am Ende für Göteborg, aber 0:1 Tore. Das ist dann doch verloren. „Naja, jetzt bleibt uns halt nichts anderes übrig als die Champions-League zu gewinnen,“ sagte Trainer Torbjörn Nilsson ironisch. Er habe seinen Spielerinnen schon gesagt, so Nilsson zu ffschweden nach dem Abpfiff, dass er das Herz vermisst hätte. „Wenn man ein Spiel gewinnen will, dann muss man motiviert dazu sein, dann kann man gegen einen physisch spielenden Gegner nicht so auftreten wie wir das getan haben,“ so Nilsson weiter. Und: „Ich bin der Chef des Teams, das muss ich dann wohl auf meine Kappe nehmen.“

Das 1:0 fiel durch einen Foulelfmeter von Susan Varli in der 40. Minute, mehr geschah dann nicht mehr. Für Göteborg ist die Saison damit endgültig verkorkst und selbst der wertlose dritte Platz ist in weite Ferne gerückt. Für AIK bedeutet der Sieg große Hoffnung, denn Djurgården und Örebro haben verloren.

„Wenn wir am nächsten Wochenende Djurgården besiegen und Örebro nicht gegen Jitex gewinnt, dann kann man tatsächlich vom Klassenerhalt träumen,“ sagte mir die heute überragende AIK-Torfrau Susanne Nilsson.

 

Umeå gewinnt wichtige Punkte

Man hat kein gutes Gefühl für den Stockholmer Fußball. Nachdem Djurgården gestern nach seinem 12. Spiel auf sechs Punkten stehen blieb, ereilte AIK heute Abend dasselbe Schicksal. Das Nachholspiel in Umeå ging 1:3 verloren. Damit kann sich Umeå deutlich von den Abstiegsplätzen distanzieren. Neun Punkte beträgt jetzt der Abstand auf AIK und Djurgården.

Das Spiel war recht eindeutig. Lediglich ein Schuss auf das Tor von Umeå und der brachte auch das 1:3. Susan Varli traf für AIK, nachdem man bereits 0:3 zurücklag durch Tore von Tuija Hyyrynen, Lina Hurtig und Emma Åberg Zingmark.

Die Amerikanerin Lori Chalupny, die AIK verstärken soll, hat noch keine Arbeitserlaubnis, dürfte aber am Sonntag daheim gegen Göteborg (ffschweden wird dabei sein) spielen.

Halbzeit (11): AIK

U19-Europameisterin Therese Boström im Spiel gegen Malmö

Jennie Nordin, Malin Diaz, Petra Andersson, Therese Boström, Elin „Lulle“ Bragnum.

Diese fünf Spielerinnen standen im Aufgebot der U19-Europameisterschaften in der Türkei, die kurz vor der Olympiade zu einem schwedischen Triumpf führten, einem nicht unerwarteten Sieg. Elin Bragnum musste ihre Teilnahme unmittelbar vor der Abreise absagen. Wäre sie auch mitgeflogen, wären fünf Spielerinnen von AIK Jugendeuropameisterinnen geworden.

Das ist die erste gute Nachricht. Es gibt noch mehr.

Aber erst einmal liegt AIK nach der Hälfte der Saison auf dm elften Rang, mit vier Punkten Rückstand auf KIF Örebro (10.). Das würde am Ende der Saison zum Abstieg führen. Zu einem nicht unerwarteten Abstieg. Der Meister der Norrettan hat sich nur unwesentlich verstärkt. Madeleine Tegström, man könnte sie auch „Lunge“ nennen, kam vom Stockholmer Absteiger Hammarby. Eine neue Torfrau in der sicheren Susanne Nilsson, in der Abwehr noch Elin Borg und die finnische Kapitänin der Nationalmannschaft Maija Saari (die früher in Umeå und in Norwegen gespielt hat). Das würde nicht reichen, da das Gerüst der Mannschaft zu jung sei, zu unerfahren. Man muss mehr investieren, um am Ende erfolgreich die Klasse zu erhalten.

Die Abwehr ist erstaunlich gefestigt. Das ist die zweite gute Nachricht. Nur Tyresö, Malmö, Linköping und Göteborg haben weniger Gegentreffer kassiert und das waren oder sind allesamt Meisterschaftsfavoriten. Jennie Nordin, die 19-Jährige, die mit Maija Saari die Innenverteidigung organisiert, wird irgendwann in der A-Nationalmannschaft landen, wenn sie ihren Weg weitergeht. Wie schon vor ihr Linda Sembrant, die auch bei AIK wichtige Erfahrung gesammelt hat. Aber eben auch Saari, Borg und die wieselflinke Sarah Fredriksson auf der Außenposition rechts tragen dazu bei.

Das Problem liegt vorne. Denn belegt man auf der Negativseite, den Gegentreffern einen überaus guten fünften Platz liegt man in der Liste der selber erzielten Tore nur auf Platz 11 eben. Neun Tore in elf Spielen. Das ist mehr als noch vor einem Jahr Hammarby und Dalsjöfors in fast der ganzen Saison geschafft haben, aber immer noch nicht genug,

Superdribblerin und Messi-Fan Daniella Chamoun kämpft sich mit 22 Jahren von ihrem zweiten Kreuzbandriss zurück und fehlt. Susan Varli ist eine gute Stürmerin für die zweite Liga aber für einen Stammplatz in der ersten Liga fehlt ihr eigentlich noch die Erfahrung und die Durchschlagskraft. Alternativen gibt es keine, vielleicht doch, aber die ebenfalls sehr talentierte Nazanin Vaseghpanah scheitert zu oft für eine inzwischen 25-Jährige an ihrem Temperament und sie spielt auch einfach nicht mehr so weit vorn wie früher bei Hammarby, wo sie für 8-12 Tore gut war als es noch lief bei den Grünweißen.

Ein Spiel von elf hat AIK gewonnen. Das ist auch zu wenig. Aber eigentlich hätte es für diesen Sieg auch sechs Punkte geben können. LdB FC Malmö wurde zu Hause mit 2:0 geschlagen – eine der größten Überraschungen der Hinrunde nach einer kämpferisch einwandfreien und vorbildlichen Leistung. Wer Malmö schlagen kann, der müsste doch auch Punkte gegen schlechtere Vereine machen können? Zu wenig. Drei Unentschieden gegen Linköping, Göteborg und Umeå.

Wenn sich das Team nicht mit wenigstens einer gestandenen Stürmerin in der Pause verstärkt, dann wird nichts aus dem Klassenerhalt. Trotz des immensen jugendlichen Potentials, das für die Nachwuchsarbeit spricht. Und natürlich wäre es nicht gut für den Fußball in Stockholm mit so vielen Vereinen und so vielen Spielerinnen, wenn es keinen Club im Oberhaus geben würde.

Wochenspiele

Wegen einer Dienstreise nach München konnte ich nicht „zeitnah“ über die Spiele Göteborg – AIK und Piteå -Umeå schreiben.

Als ich am Dienstagnachmittag die fünf U19-Nationalspielerinnen von AIK traf (Artikel mit Bildern und Kurzinterview kommt morgen, einen Tag vor Beginn der EM in der Türkei), sagte ich ihnen noch zum Abschied, dass ich glaube, dass sie einen Punkt aus Göteborg mitbringen würden.

Ich hätte wetten sollen, denn als ich im LUFTHANSA-Bus vom Münchner Franz-Josef-Strauss-Flughafen auf dem Weg in die Innenstadt war, lag AIK durch einen Treffer von Susan Varli mit 1:0 in Führung und mehr als den Ausgleich durch die Engländerin Anita Asante brachte der Vizemeister nicht mehr zustande. AIK tauschte dank des Punktgewinns wieder den Platz mit Djurgården und ist jetzt Vorletzter.

Am Donnerstag abend kamen 2.492 in die LF Arena nach Piteå. Freier Eintritt für alle Teilnehmer eines Jugendturniers erklärt diese neue Jahresbestzahl eher als die Tatsache, dass es ein „Lokalderby“ ist. Fazit: Piteå ist nun die Nummer eins in Nordschweden. Durch den 3:1 Sieg über den Ex-Meister liegt Piteå nun erst einmal auf Platz fünf, vier Punkte vor dem Neunten Umeå. Hanna Pettersson und Josefine Johansson erzielten die Tore für Piteå, ein Eigentor Umeås brachte das 2:0 und Rita Chikwelu traf für Umeå, dessen Saison nach gutem Start nun in der Mittelmäßigkeit zu enden droht.

 

Vittsjö gewinnt das erste Heimspiel

1271 Zuschauer in einer Gemeinde, die nur 1600 Einwohner hat – das ist keine schlechte Leistung. Emsig, fleissig und unbeirrt hatte sich die Bürger schon vor zwei Wochen eingesetzt, als viele dem Aufruf folgten und den Sportplatz der Gemeinde der für eine fünfstellige Summe Euros aufgerüstet worden war, für das Spiel in der ersten Liga herzurichten.

Und kurz nach der Halbzeit beim parallel stattfindenden Spiel Djurgården – Jitex, später dazu, sah ich auf der schwedischen Videotextseite 382, dass Vittsjö mit sage und schreibe 3:0 gegen Mitaufsteiger AIK führte. Die Stimmung muss mit anderen Worten grossartig gewesen sein. Beide Teams hatten das Spiel relativ vorsichtig begonnen, bis Vittsjö dann das Heft in die Hand nahm. Und nach den ersten beiden Toren, die jeweils nach Ecken fielen und durch die beiden Amerikanerinnen per Kopf erzielt wurden – zuerst Danesha Adams in ihrem ersten Spiel (sie hatte vorige Woche noch keine Arbeisterlaubnis) und dann Kendall Fletcher. Das junge Team von AIK brach in sich zusammen. Nach der Pause machte Sofie Andersson gar das 3:0 nach einem Pass in die Gasse, ehe dann Susan Varli für AIK mit der ersten richtigen Torchance den Ehrentreffen markieren konnte.

Varli wurde vier Minuten später die erste Spielerin der Damallsvenskan, die 2012 eine rote Karte sah – ein Revanchefoul war die Ursache. AIK hatte wohl nie eine Chance, Schüsse auf das Tor verzeichnete die Statistik 17:1 für die Gastgeberinnen. Bereits nach zwei Spieltagen stellt sich schon die Frage, wen AIK mit seiner jungen, unerfahrenen Truppe eigentlich schlagen will.

 

Die Unabsteigbaren – Hammarby und die Zukunft

Kanalplan - Zuschauer beim Erstligaspiel

Es gibt in Schweden keine stärkere Vereinsmarke als Hammarby. Der Stockholmer Traditionsverein versammelt viele Sportarten unter seinem Dach, Fußball kommt sicher an erster Stelle, aber auch im Handball und im vor allem in Nordeuropa und Russland praktizierten Bandy (einer Art Eishockey mit kleinem Ball auf gefrorenen Fußballfeldern) hat der Club von sich reden gemacht.

Von Beginn an, seit 1988 spielte Hammarby DFF (DFF = Damfotbollsförening) in der Damallsvenskan und vor der Saison 2011 noch hatte Ex-Trainer und heutiger „Experte“ En Perlskog in seiner jährlichen Vorschau für den schwedischen Fußballverband geschrieben, dass „Bajen“, wie die Fans den Verein nennen, nun mal nicht absteigen könne.

In den wenigen Jahren, in denen ich den Frauenfußball in Schweden intensiv verfolgt habe, habe ich im grünweißen Trikot der Stockholmerinnen am alles andere als erstligatauglichen Kanalplan aus Södermalm viele schwedische Nationalspielerinnen spielen und vor allem gehen sehen: Linda Forsberg, Jessica Landström, Louise Fors, Karin Lissel, Annica Svensson. Von Jahr zu Jahr geriet man dem Abrgund näher und hatte eine finanzielle Bilanz, die letztlich zwar geringfügig positiv war, bei Ein- und Ausgaben aber weitgehend stagnierte, während andere Vereine teils deutliche Steigerungen vor allem bei den Sponsoreinnahmen zu verzeichnen hatten.

Nachdem man sich 2010 im allerletzten Spiel dank eines 2:0 über Kristianstad rettete, versprach Vereinsvorsitzende Annika Vikander, dass diese Zitterpartie sich nicht wiederholen solle. Man werde einen Neustart machen, Hammarby solle kontinuierlich der Spitze zugeführt werden. Die Ausgangssituation jedoch war schwierig. Nach einem beispiellosen Krach innerhalb des Teams und mit der Vereinsführung und Trainer Lars Pihl hatten die Spielerinnen Nazanin Vaseghpanah und Daniella Chamoun den Verein noch vor Ende der Saison 2010 verlassen und waren mit der Spielerin Susann Varli zum Lokalrivalen AIK gegangen.

 

Annica Svensson ging von Hammarby zu Tyresö

Kapitänin Annica Svensson, die erstmals in die Nationalelf berufen wurde, sah bei Hammarby keine Zukunft, weil sie natürlich ihren Platz in der Nationalmannschaft behalten und festigen wollte, dies aber nicht zu schaffen können glaubte, wenn sie weiterhin 75% als Krankengymnastin arbeiten müsste. Das aufstrebende Tyresö bot Annica Svensson günstigere, professionelle Konditionen und erhielt die Unterschrift der 27-Jährigen.

Trainer Lars Pihl erhielt keine Verlängerung, geliebt hatten ihn seine Spielerinnen nicht, weil er zu wenig standfest war und gleichzeitig während der Zittersaison 2010 bis auf Keeperin Minna Meriluoto beinahe jede Spielerin jede Position testen líeß. Aber stattdessen holte man den charismatischen Tino Katsoulakis vom Aufsteiger Tyresö FF. Katsoulakis verließ Tyresö, weil er etwas Neues aufbauen wollte, weil ihm die Marke Hammarby zusagte. Und weil er als Trainer weiterhin das Sagen haben wollte, wen er aufstellen durfte und wen er verpflichten wollte. Aber das ist eine andere Geschichte.

Und jetzt kommen die ersten Ungereimheiten. Und Widersprüche. Die Japanerin Mami Yamaguchi wurde verpflichtet. Eine kleine Sensation. Yamaguchi zu Hammarby. War das das erste Zeichen des Aufbruchs in eine neue Zukunft? Der Verpflichtung der technisch ungeheuer versierten Spielerin vom WPS-Club Atlanta Beat mit einer Vergangenheit bei Umeå IK, folgten jedoch eher lauwarme Verpflichtungen durchaus talentierter Spielerinnen, aber die Topnamen vor allem für ganz vorne, wo es schon 2010 am meisten gehapewrt hatte blieben aus.

Beim Presseauftakttreffen im April erzählte mir Tino Katsoulakis noch, dass er dabei sei, Hammarby sein Spiel beizubringen. „Wir wollen den Ball rollen lassen, am Boden, das Spiel machen, die anderen müde machen.“ Das hatte er auch schon in Tyresö mit Erfolg geschafft, in der dritten, in der zweiten und in der ersten Saison in der ersten Liga. Aber dort hatte er genügend Spielerinnen, die diese Idee umsetzen konnte.

Hammarby stieg ab – und zwar sang- und klanglos. Symptomatisch auch das Pokalspiel in Sundsvall. Beim starken Zweitligisten führte man bis zur 80. Minute mit 3:0 – um am Ende mit 3:6 nach Verlängerung zu verlieren. Bitter enttäuschend das 1:8 bei Tyresö, einem Meisterschaftsanwärter, bei dem man sicher mit drei, vier Toren verlieren darf, aber hier mit einer Leistung, die nicht einmal zweitligawürdig war. Nach vorne passierte in dieser Saison so gut wie gar nichts. War es wirklich eine gute Idee, dass Katsoulakis seine ehemalige Spielerin Lina Larsson reaktivierte, die die Tore schießen sollte? Oder war es die Verzweiflungstat eines Trainers, dem man mehr versprochen hatte und der nun mit dem zu Recht kommen musste was er hatte? SIEBEN Tore machte Hammarby in 22 Spielen. Der schlechteste Sturm der Liga.

Woran lag es? Kurz vor Weihnachten traf ich Hammarbys Vorsitzende Annika Vikander.

„In den letzten Jahren standen wir schon jeweils in der unteren Tabellenhälfte. Um sich in der Damallsvenskan zu behaupten, braucht man mehrere Profis in der Truppe und unsere Spielerinnen mussten zumeiste neben dem Fußball arbeiten oder studieren. Wir hatten nicht die finanzielle Ausstattung, um unseren Spielerinnen zu ermöglichen, ganz auf Fußball zu setzen, trotzdem haben wir mehr investiert als 2010. Spielerinnen wie Mami Yamaguchi und Kelly Eagan spielten als Profis, aber insgesamt war unser Kader zu dünn besetzt. Als dann unsere Schlüsselspielerin Mami Yamaguchi zunächst eine Leistenverletzung und dann eine Knieverletzung hatte, wurde es sehr schwer. Am Anfang der Spielzeit hatte sich auch noch Jessy Sharro das Kreuzband gerissen. Selbst unsere Torhüterin Minna Meriluoto war nicht von Verletzungen verschont und fehlte mehrere Spiele lang.“

Annika Vikander schiebt den Abstieg also im Prinzip auf einige Verletzungen und vor allem wohl den weitgehenden Ausfall von Yamaguchi, die letztlich am Knie operiert werden musste und noch ein paar Mal unter starken Schmerzen spielte. In 12 Spielen hatte man ganze drei Tore erzielt und als das Transferfenster im August offen war, rechneten alle Fans, aber auch viele Spielerinnen mit Neuzugängen, die vor allem in der Offensive Schlagkraft bringen würden.

Die erste Verpflichtung war die amerikanische Abwehrspielerin Katie Kelly, dann kam ihre renommierte Landsmännin Becky Edwards vom amerikanischen Meister Western New York, aber auch sie eine Mittelfeldspielerin. Warum keine Stürmerin, fragte ich Annika Vikander?

„Diese Entscheidung wurde nicht vom Vorstand getroffen, sondern von den sportlich Verantwortlichen. Es war wohl so gedacht, dass Becky im Mittelfeld Mami Yamaguchis Rolle übernehmen sollte und Mami dann nach Genesung nach vorn gehen sollte.“

Sollte es so gedacht gewesen sein, wäre es eine abstruse taktische Variante gewesen. Denn Yamaguchi ist ebensowenig Stürmerin wie die von Verletztungen geplagte, hochtalentierte Finnin Leena Puranen, der man diese Rolle immer wieder aufzwingen wollte. Das Duo Edwards – Yamaguchi kam aber nie zu Stande, weil Mamis Knie sich einfach nicht mehr erholte.

Hammarby stieg ab. Der ehemalige Kanzleimitarbeiter Stefan Sanneskär fährt seit Wochen eine polemische Kampagne und fordert den Rücktritt des Vorstands, der den Verein schon weit nach unten gezogen habe und dabei sei, ihn noch weiter zu ruinieren. Stimmt das?

Nach dem Abstieg haben folgende Spielerinnen Hammarby verlassen: Minna Meriluoto, Leena Puranen (beide Jitex), Anna Lindblom, Magdalena Eriksson (beide Djurgården), Matilda Agné (Linköping), Madeleine Tegström (AIK), Rebecca Edwards (zurück zu Western New York Flash), Katrine Petrous (Vasalund), Kelly Eagan, Katie Kelly, Helen Nottebrock, Mami Yamaguchi (noch ohne Verein). Von der Startformation, die am letzten Spieltag, dem 15.10.2011 in Umeå 0:4 verlor, ist nur der Verbleib von Tempest-Marie Norlin im Verein noch ungeklärt.

Damit nicht genug. Mit einem Jugendtrainer verließen 15 Spielerinnen den Verein und schlossen sich Tyresö FF an. Ein beispielloser Vorgang, aber sicher auch eine Geschichte, die keine Freundschaft zwischen Hammarby und Tyresö fördert.

Dazu kommt: Die Saison 2012 in der zweiten Liga Nord wird von entscheidender Bedeutung sein. Denn nur die ersten sechs qualifizieren sich 2013 dann für die neue nationale zweite Liga, die Superettan. Hammarby hat als Neuverpflichtungen bislang Spielerinnen präsentiert, die alle sicher sehr engagiert trainieren werden und ehrgeizig sind, mit denen sich das Team aber alles andere als ein Favorit der zweiten Liga präsentieren dürfte.

Muss ein Verein mit solch einer starken Tradition nach einem Abstieg nicht alles daran setzen, sofort wieder aufzusteigen, fragte ich Annika Vikander?

„Natürlich soll es nicht fünf Jahre dauern, bis wir aufsteigen. Als ich an anderer Stelle von 3-5 Jahren gesprochen habe, meinte ich, dass es so lange braucht, bis man eine Mannschaft und eine Organisation drumherum gebaut hat, die es möglich machen, dass man sich dauerhaft in der ersten Liga etablieren kann. Die Anforderungen an die Organisation sind in den letzten Jahren gestiegen und da haben wir sicher nicht gleichen Schritt mit Clubs wie Piteå oder Tyresö halten können, die jedoch eben nicht in einer Großstadt operieren. Jetzt verlierejn wir zum Beispiel rund 110.000 € Unterstützung durch den EFD (Frauenfußball-Elitenförderungsverband). Wir müssen langfristig arbeiten, haben auch eine Verantwortung gegenüber allen Mädchenmannschaften in unserem Verein.

So wie es momentan ausschaut, wird Hammarby es sehr schwer haben, im nächsten Jahr die Quali für die Superettan zu schaffen. Mit den Aufstiegsfavoriten Sundsvall und Sunnanå kann man schon gar nicht konkurrieren. Es wird wohl wieder um den Klassenerhalt gehen am Kanalplan, dieses Mal jedoch droht der Abstieg in Liga 3, wenn kein Wunder geschieht. ffschweden wird den weiteren Weg des Traditionsvereins verfolgen.