Die Woche

In der vergangenen Woche ist nicht so viel passiert in Sachen Frauenfußball und Schweden. Ich war drei Tage in München und staunte darüber, dass sich rund neun Millionen Deutsche anschauen wollen, wie ein magersüchtiges Model einen gekochten Kamelpenis isst und große Zeitungen wie BILD (nicht erstaunlich) und SPIEGEL ONLINE (oft SPON genannt) ausführlichst damit beschäftigen, aber das wäre ein anderes Thema für einen anderen Blog.

Pia Sundhage hat hierzulande bald (naja, ich übertreibe) Zlatan Ibrahimovic in Sachen Popularität eingeholt. Zumindest hamstert die bald 53-Jährige einen Preis nach dem anderen ein. Im Januar holte sie sich den Titel beste Frauenfußballtrainerin der Welt der FIFA, Trainerin des Jahres auf der Sportler-des-Jahres-Gala in Schweden und Trainer des Jahres der Nachrichtenagentur TT, Einen Ehrendoktortitel gibt es auch noch in diesem Jahr und wie immer ist Sundhage bescheiden und teilt diesen akademischen Würdentitel „mit allen, die sich wie ich für den Frauenfußball einsetzen“.

Mallbacken, das kleine, aber sympathische Dörfchen, das 2013 wieder in der höchsten Spielklasse anwesend sein wird, dürfte seinen Namen ändern. Auf der Jagd nach Sponsoren hat man mit der Gemeinde Sunne, zu der Mallbacken gehört, Verhandlungen geführt. Sven Eriksson, Boss des Vereins, der 2012 die Söderettan gewann und sich dann im Ausscheidungsspiel gegen Sirius durchsetzte, teilte mit, dass der Name des Vereins wohl Mallbackens IF Sunne lauten werde, wenn die Damallsvenskan beginnt. Dafür lässt die Gemeinde dann eine nicht näher genannte Summe springen.

Der neue US-Trainer Tom Sermanni hätte gerne drei Spielerinnen aus der Damallsvenskan in seinem nächsten Trainingslager gehabt. Da Meghan Klingenberg (Tyresö FF) jedoch verletzt ist, wurden es nur zwei: Erwartungsgemäß Christen Press (ebenfalls Tyresö) und dazu überraschend (weil von Pia Sundhage ignoriert) Mittelfeldspielerin Yael Averbuch von Kopparberg/Göteborgs FC. Die beiden Spielerinnen werden Anfang Februar zum 29-köpfigen Kader Sermannis stoßen, der zwei Spiele gegen Schottland bestreiten soll.Für das erste Spiel am 9. Februar in Jacksonville (Florida) sind übrigens schon 10.000 Karten verkauft. Christen Press wird noch vorher am 2. Februar ihr Debüt für Tyresö gegen den norwegischen Spitzenclub Stabaek geben. Das wird dann mein erstes Spiel in dieser Saison.

Im Kader Sermannis ist die 17-Jährige Torhüterin Jane Campbell von Concorde Fire South die größte Überraschung, auch wenn nicht damit zu rechnen ist, dass Campbell letztlich der Truppe gegen Schottland angehören wird. Denn mit Hope Solo, Ashlyn Harris, Jill Loyden und Nicole Barnhart sind vier etablierte Torfrauen aufgeboten.

Crystal Dunn ist nominiert. Sie gilt als DAS größte Talent im amerikanischen Fußball und studiert noch ein weiteres Jahr in North Carolina. Whitney Engen stößt wieder hinzu, die Abwehrspielerin, die vorletzte Saison ein paar Monate in Tyresö spielte, wird 2013 für den FC Liverpool spielen.

Die schwedische Nationalmannschaft wird am 6. April ein Vorbereitungsspiel gegen Island in Växjö bestreiten. Wie man hörte, wollte der isländische Trainer gerne in Växjö spielen, wo sein Team bei der EURO dann auf Deutschland treffen wird.

Rebecca Johnson, Mittelfeldspielerin mit Vergangenheit bei QBIK, Djurgården und Dalsjöfors hatte ein spektakuläres Jahr 2012. Zuerst ging ihr Verein Dalsjöfors in Konkurs, dann zog sie kurzentschlossen für ein paar Wochen in das isländische Örtchen Akureyri und gewann mit dem Verein Thor K/A ihren ersten Meistertitel. Aber keine Vereine meldeten sich bei ihr. Nach einem Interview mit damfotboll.com vor ein paar Wochen, begann aber das Telefon zu klingeln. Nun kann Johnson aus mehreren Angeboten wählen. Einiges spricht dafür, dass sie sich für Erstligist Jitex entscheiden wird, aber wir werden sehen…

 

 

Rebecca Johnson nach Island

Heute Abend hätten sie eigentlich beim bislang punktlosen Tabellenletzten der zweiten Liga Süd (Söderettan) Kenty die Reise Richtung Damallsvenskan fortsetzen sollen. Aber bekanntlich hat Dalsjöfors GoIF Konkurs anmelden müssen. Und Freitag wurde beschlossen, dass man die Frauenmannschaft aus dem laufenden Wettbewerb zurückzieht, um vielleicht den Rest des 87 Jahre alten Vereins retten zu können.

Die Spielerinnen sind somit sofort frei gestellt worden. Und eine der wohl interessantesten von ihnen, die 24-Jährige ehemalige Mannschaftskapitänin Rebecca Johnson meldet auch bereits einen neuen Verein. Sie ist schon auf dem Weg nach Island und wird dort den Rest der Saison mit dem Tabellenführer Thor K/A Akureyri spielen. Thor K/A führt die Tabelle mit fünf Punkten Vorsprung an, somit hat Johnson eine relle Chance ihren ersten Meistertitel zu gewinnen.

Dalsjöfors – Wenn Frauenfußball zur Farce wird

Bald nur noch Geschichte? Trikot und Vereinswappen von Dalsjöfors GoIF, hier das von Emily Zurrer 2011

Die letzten Kapitel der Geschichte des Frauenteams von Dalsjöfors GoIF werden geschrieben. Wir berichteten dass der Verein, der letztes Jahr in der Damallsvenskan spielte, vor einer Woche als Tabellenführer der zweiten Liga Süd Konkurs angemeldet hat, da über 150.000 € in der Kasse fehlen.

Vor einem Jahr war man in die Damallsvenskan aufgestiegen. Man hatte sich in der Söderettan gegen einige andere Teams durchgesetzt, die bis kurz vor Schluss um den Titel und den Aufstieg konkurrierten. Der Aufstieg kam erst in den letzten Spielen zu Stande, eine wirtschaftliche Planung für ein Engagement in der ersten Liga existierte vermutlich nicht. Der Verein generierte 2010 Einnahmen, die unter 100.000 € lagen und hatte sogar noch etwas geringere Ausgaben gehabt.

Nach allgemeinem Verständnis ist der Unterschied zwischen zweiter und erster Liga derzeit noch so hoch, dass man, um den Klassenerhalt in der Damallsvenskan zu schaffen und eine Mannschaft dort zu etablieren, mit Ausgaben um ca. 300-400.000 € rechnen muss. Also beinahe das Vierfache von 2010.

Man ging aber in die Damallsvenskan ohne nennenswerte Verstärkungen. Von Djurgården kamen die Mittelfeldspielerinnen Rebecca Johnson und Klara Lindberg. Und Rebecca, die Nummer 21 von Djurgården und nun Dalsjöfors, war auf einmal der „Star“ in einem fast namenlosen Kollektiv von jungen, sicherlich engagierten Spielerinnen.

Es kam, wie es kommen musste. Man gewann fast gar keine Punkte. 0:9 daheim gegen Jitex BK war eine der schlimmsten Klatschen gleich zu Beginn. In Schweden gibt es dann immer die Sommerpause, in der sich viele Vereine noch einmal für die zweite Runde verstärken. Dalsjöfors leckte Blut. Nun wollte man es einfach mal probieren. Man verstärkte sich. Und wie: Über einen deutschen Spielervermittler kamen die Kanadierinnen Erin McLeod (Nationaltorhüterin), Emily Zurrer (Abwehr). Dia Amerikanerin Alex Singer (heute Potsdam) war schon zu Anfang der Saison gekommen. Aber aus der WPS kam nun auch noch India Trotter. Schon damals fragte ich mich hier, woher denn das Geld gekommen sei?

Offenbar gab man erst einmal aus. Man spekulierte, dass ein Antrag bei Allmänna Arsvfonden dem Verein viel Geld bringen könnte. Hierbei handelt es sich um eine Stiftung, der das Erbe von Personen ohne Verwandschaft verwaltet und es auf Antrag tatsächlich in soziale Jugendprojekte investiert. Irgendjemand muss dem Vorstand offenbar den Floh ins Ohr gesetzt haben, dass da viel Geld zu holen sei. Und man setze sich doch wohl eindeutig für ein Projekt mit Kindern und Jugendlichen ein.

Im Dezember wurden Journalisten vom Verein zu einer Präsentation eingeladen. Und das Beispiel Hans Löfgren aus Tyresö sollte kopiert werden. Den Reportern wurde ein Papier vorgelegt, das die Überschrift „Schwedischer Meister 2016“ (SM-guld 2016) trug. Etwas Ähnliches hatte Löfgren in Tyresö gemacht, als sein Verein in der vierten Liga war.

Die Torhüterin Erin McLeod wurde auch für die zweite Liga 2012 verpflichtet. Zurrer blieb zwar nicht und SInger wurde geschasst (angeblich weil sie zu „amerikanisch“ gewesen sei), aber man holte die Stürmerin Melissa Tancredi, die in Piteå gespielt hatte. Zwei Olympiaspielerinnen in der zweiten Liga. Eine Ausländerin kostet einen Verein mindestens 14.000 Kronen im Monat plus Arbeitgebergebühren (ca ein Drittel). Damit sind wir bei gut 19.000 pro Person. In der Regel schlägt man die Miete für die Wohnung auf das Gehalt. Geht man von zehn Monaten Beschäftigung aus, kosten also zwei Ausländerinnen mindestens 380.000 Kronen, vermutlich im Falle kanadischer Spielerinnen noch mehr. Der Verein hatte aber zu keinem Zeitpunkte die Einnahmen hierfür. Aus Tickets schon gar nicht, davon kann sich kein Verein der ersten oder zweiten Liga finanzieren. Aber eben auch nicht aus Sponsoreneinnahmen.

Das Unternehmen Damallsvenskan 2013 allerdings ist nun auf halbem Weg gescheitert am verantwortungslosen Finanzgebaren einer Gruppe inkompetenter Funktionäre, die möglicherweise einen 87 Jahre alten Verein mit Kinder- und Jugendmannschaften in den Bankrott gewirtschaftet haben.

Das Sagen hat nun der Konkursverwalter, er hat die Verantwortung für die Bearbeitung des Konkursantrags und die Abwicklung des Vereins übernommen. Gestern Abend präsentierte der Vorsitzende der Frauenfußballabteilung Hans Forsman die beiden übrig gebliebenen Alternativen, die der Konkursverwalter sieht:

1) Man zieht die Frauenmannschaft sofort aus dem Spielbetrieb der zweiten Liga zurück und löst sie auf. (Bis zum nächsten Spiel sind es nur noch zehn Tage) Das würde den sofortigen Abstieg in die unterste Kategorie des Seriensystems bedeuten. Das Team könnte 2013 in der fünften Liga neu starten oder annulliert werden.

2) Das Team spielt die Saison zu Ende. Selbst im Falle des Sieges in der Söderettan könnte man jedoch aus finanziellen Gründen nicht aufsteigen, sondern würde „freiwillig“ in die dritte Liga zurückgehen.

Und jetzt kommt es: Um die Saison weiterspielen zu können, müssten die Kosten für Reisen, Material, Schiedsrichter usw von jemand anderem als dem Verein aufgebracht werden. Es gäbe natürlich auch keine Gehälter oder Aufwandsentschädigungen für Spielerinnen vonseiten des Vereins. Bedeutet: Die Spielerinnen müssten selber die Kosten für den Spielbetrieb tragen.

Bis Dienstag muss nun die endgültige Entscheidung getroffen werden. Es ist kaum damit zu rechnen, dass Erin McLeod und Melissa Tancredi zurück nach Schweden kehren, um dann selber zu finanzieren, dass sie spielen dürfen.

Das Beispiel Dalsjöfors ist leider kein Einzelfall im Frauenfußball. Die zunehmende Professionalisierung muss sich auch in den Organisationsstrukturen widerspiegeln. Es muss auch Personen geben, die wirtschaften können. Und nicht die jahrzehntealte Tradition eines in der Region Sjuhärad gewachsenen Sportvereins leichtfertig aufs Spiel setzen.

Ebenso wird hier das Problem deutlich, dass der Frauenfußball mehr Geld braucht, als er selber einnehmen bzw. generieren kann. Das Beispiel von Umeå IK und Djurgården hatr sich nicht so krass entwickelt wie Dalsjöfors. Aber zwei ehemalige Spitzenvereine sind nach Jahren von hohen Ausgaben und geringer werdenden Einnahmen allmählich in die unteren bzw. untersten Tabellenregionen gedümpelt.

Und viele fragen sich, worauf die enormen Investitionen gebaut sind, die man z.B. in Tyresö getätigt hat, wo innerhalb vierer Jahre aus einer ambitionierten Freizeitmannschaft ein Team nur noch aus Nationalspielerinnen gebaut wurde, von denen allerdings nur noch ganz wenige wirklich aus dem Mutterverein kommen. Wer bezahlt das und vor allem wie lange, wenn der Rückfluss von Geld irgendwann ausbleibt? Dalsjöfors zeigt, auf welch schmalem Grat manch Verein wandelt – um die Spielerinnen, die teils nur wegen des Fußballspielens nach Borås gezogen sind, kann es einem nur leid tun.

Wir werden die Entwicklung weiter verfolgen. Ungeklärt ist noch die Frage, was nach einem Rückzug des Teams aus der laufenden Meisterschaft wird. Dann wären nur noch elf Teams in der Söderettan, die mit Mallbacken erst einmal einen neuen Tabellenführer hätte.

Zweitligatabellenführer Dalsjöfors wackelt finanziell

Im Juni machten die Verantwortlichen beim Zweitligatabellenführer (Gruppe Süd) Dalsjöfors Kassensturz. Und das Ergebnis war für viele schockierend: „Ich wusste nicht, dass es um so viel Geld ging,“ sagte Mittelfeldspielerin und Clubdirektorin Rebecca Johnson.

Eine Gehaltsüberweisung gab es für die Spielerinnen des Absteigers aus der Damallsvenskan 2011 nun erst einmal nicht, die beim kanadischen Olympiateam befindlichen Erin McLeod und Melissa Tancredi wurden darüber per Mail informiert. Von Seiten des Clubs hieß es gestern, dass man hoffe, dass die Beiden zurückkommen. Wenn das mal kein frommer Wunsch ist, denn als Vollprofis müssen McLeod und Tancredi von dem ohnehin nicht üppigen Gehalt leben.

In der Bilanz des Vereins fehlen nach Angaben rund 150.000 €. Direkt nach dem Abstieg hatte man die Operation Wiederaufstieg lanciert und leistet sich u.a. mit den beiden kanadischen Nationalspielerinnen einen für Zweitligaverhältnisse nicht gerade preiswerten Kader. Die Ausgaben habe man im Griff, auf der Einnahmenseite hapere es, sagten die Vereinsvertreter der lokalen Presse am Montag.

Wieder einmal zeigt sich ein sich stets wiederholendes Dilemma im Frauenfußball. Der Professionalisierung stehen letztlich immer wieder und immer häufiger deren Kosten gegenüber. Sie sind zwar ungleich geringer als bei den Männern, aber die nehmen eben auch oft wesentlich mehr Geld ein, während Dalsjöfors, das wie die Männer von Elfsborg in der modernen Borås Arena spielt, eben wie am Sonntag nur vor 152 Zuschauern aufläuft. Hier gehen 17.000 Zuschauer rein und beim letzten Heimspiel des Männererstligisten kamen 9744 Personen. Elfsborg ist wie Dalsjöfors Tabellenführer, allerdings in der ersten Liga.

 

 

Dalsjöfors verliert und freut sich

Am zehnten Spieltag setzte es die neunte Niederlage. Gestern Nachmittag verlor Dalsjöfors daheim in der Boras Arena mit 1:3 gegen KIF Örebro, das durch seinen Auswärtssieg zumindest vorübergehend auf Platz 3 vorrückte.

Aber beim Aufsteiger verbreitet man dennoch gute Laune. Der neue Trainer Joakim Karlsson, der das Team schon vergangenes Jahr betreute und mit ihm den Aufstieg schaffte zur Zeitung Boras Tidning: „Es ist niemals schön, zu verlieren, aber es machte Spaß zu sehen, dass die Mädchen Fußball spielen wollten und nicht den Ball wegtreten sobald sie ihn bekommen.“

Fast zwanzig Minuten lang spielte Dalsjöfors mit hohem Pressing gegen Örebro und erspielte sich tatsächlich Torchancen, meistens waren Mimmi Löfwenius und Rebecca Johnson daran beteiligt.

Dann aber setzte sich das routinertere Team aus der Landschaft Närke doch immer stärker in Szene und kam durch Edda Gardarsdottir zur 1:0 Pausenführung, die Marie Hammarström (genau die mit dem Hammer im Spiel um Platz 3) auf 2:0 kurz nach der Halbzeit ausbauen konnte.  Die 17-Jährige Mimmi Löfwenius erzielte dann nach Pass von Klara Lindberg ihr zweites Saisontor (gleichzeitig das zweite Tor in der jungen Erstligageschichte von Dalsjöfors), ehe Marina Pettersson den alten Abstand wiederherstellte.

Ein sicherer Sieg für die Gäste, die aber dennoch ein Team verliessen, dass wieder einmal neue Hoffnung geschöpft haben will und dass trotz einer Niederlage und obwohl man zum Ende der Hinrunde kommende Woche noch ohne die kanadische Nationaltorhüterin Erin McLeod zu Tyresö FF reisen muss.