Halbzeit (12) Djurgården IF

Sofia Nilsson (links) im Spiel gegen Kristianstad mit Johanna Rasmussen

Hier ganz unten hatte man Djurgården nicht erwartet. AIK und Vittsjö waren die erklärten Abstiegskandidaten, Djurgården sah man davor mit einem recht deutlichen Abstand auf Platz 10.

Im Gefüge des Teams hatte sich einiges geändert. Dora Maria Larusdottir und Emma Lundh hatten den Verein verlassen. Larusdottir zog es in die brasilianische Provinz und inzwischen wieder zurück nach Reykjavik, wo sie beim mehrfachen Meister und jetzigen Tabellenvierten Valúr spielt. Lundh, die im Angriff jedes Mal für einen Assist oder ein Tor gut war, entschied sich, ihr einzigartiges Talent wirklich auf die Probe zu stellen und verließ Stockholm und ihre Familie und ging nach Linköping.

Die beiden Abgänge konnten nicht kompensiert werden. Und offenbar ist die Kasse auch zu klamm, denn die Neuverpflichtungen, die man sich gönnte, kamen zum einen vom Absteiger Hammarby: Spielerinnen, die zwar weiterhin erstklassig spielen wollten aber lieber in Stockholm bleiben wollten, als ihr Glück anderswo zu versuchen. Das ist völlig legitim und gerade im Frauenfußball, wo man eben normalerweise kein Geld verdient. Anna Lindblom, Magdalena Ericsson, Jessy Sharro und Katrine Petrous kamen von Hammarby, Madeleine Stegius von Tyresö. Stegius, weil sie bei Tyresö zu oft trainieren musste und damit nicht gleichzeitig ihre weitere Berufsausbildung hätte betreiben können. Sharro kam verletzt, in der Reha-Phase nach einem Kreuzbandriss und hat bis heute noch keine 90 Minuten spielen können. Linblom wurde von Trainer Putte Eklöf nicht auf der angestammten rechten Außenverteidigerposition eingesetzt, sondern als rechte Innenverteidigerin. Rechts blieb Sofia Nilsson, die beiden stehen sich öfter im Weg. Im Mittelfeld ist Renée Slegers nach ihrem Kreuzbandriss 2011 allmählich dabei, wieder eine 90-Minutenspielerin zu werden, aber das Mittelfeld ist sicher der schwächste Mannschaftsteil. Larusdottir, die ordnete und kreativ nach vorne spielte wurde nicht ersetzt, ihre Erfahrung, die sie zweimal zur wertvollsten Spielerin der isländischen Liga machte, fehlt einem relativ anonymen Team. Und vorne war Mia Jalkerud von Emma Lundh verlassen worden und bekam kaum noch Bälle. Zu leicht für gegnerische Defensiven, sich auf die kleine, energische Stürmerin zu konzentrieren. Jessica Landström hatte sich früh entschieden, zu Djurgården zu kommen, aber Frankfurt ließ sie nicht ziehen, obwohl man sie kaum einsetzte.

Und Landström ist auch nicht die Richtige für Djurgården. Nun hat man eine große und eine kleine Targetstürmerin. Jessica Landström hätte bestens zu AIK gepasst und gemeinsam mit dem U19-Nationalspielerinnen dort hätte sie AIK aus dem Keller rausschießen können. Bei Djurgården sehe ich die Rettung nicht mehr kommen. Es sei denn, man verstärkt sich jetzt noch schnell, da wo es unbedingt notwendig ist.

Zum zweiten Mal hintereinander wird der Preis der besten Spielerin Djurgårdens an Gudbjörg Gunnarsdottir gehen. Die Isländerin kämpft schreit und engagiert sich wie keine andere und sie rettet immer wieder Situationen für ihre Vordermannschaft und verhindert noch schlimmere Niederlagen. Die 27-Jährige hätte jedoch die Zeichen erkennen müssen und den Verein rechtzeitig verlassen sollen, um in ihrer persönlichen Karriere weiterzukommen. Das Potential, um in Island die Nummer 1 vor der für Malmö spielenden Thora Helgadottir zu werden, hat sie. Dazu allerdings müsste sie in einem besseren Verein spielen.

Inmitten der Hinrunde machte Gunnarsdottir die Schulter zu schaffen, die sie sich vor ein paar Jahren bei einem Sprung gegen den Pfosten auskugelte. Das führte dazu, dass ausgerechnet im Spiel gegen Linköping, das sich rehabilitieren wollte für eine bislang missratene Saison, die 17-Jährige Tove Engblom im Tor stand. Mit 0:11 bekamn sie einen Horroreinstand in die Damallsvenskan, wobei mehr als die Hälfte der Tore aufgrund der geradezu provozierenden Passivität ihrer Abwehr fiel. Wer 0:11 verliert, der wird es in der Regel auch nicht schaffen, auch wenn ein solches Rsultat sich (hoffentlich) nicht wiederholen wird.

Wenn kein kleines Fußballwunder im Herbst geschieht, wird Djurgården im kommenden Jahr in der neuen zweiten Liga Superettan spielen müssen. Elf Spiele hat man absolviert, die nächsten beiden Begegnungen bestreitet man gegen Meister LdB FC Malmö, der sechs Punkte einfahren MUSS, um die Meisterschaft zum dritten Mal hintereinander holen zu können. Dann steht das Stockholmer Derby beim Tabellenelften AIK auf dem Programm – ein Schicksalsspiel für beide Teams.

Stockholm wird, so sieht es im Moment aus, im Jahr 2013, dem Jahr der Europameisterschaften in Schweden, ohne Erstligateam sein. Erstligafußball wird man dann nur in Tyresö sehen können. Und geradezu symbolisch ist dann auch, dass keines der Spiele der EURO 2013 in Stockholm stattfinden wird. Die Stadt hat sich nicht für die Austragung von Spielen beworben.

Solna, Heimat von AIK, ist allerdings eine Stadt innerhalb der Stadt Stockholm, wird von Stockholm umschlossen. Und in Solna findet 2013 bei der EURO ein einziges Spiel statt: Das Finale am 28. Juli 2013 in der nagelneuen Friends Arena, die im Herbst diesen Jahres noch mit einem Länderspiel (Männer) zwischen Schweden und England eingeweiht wird. Das bislang (seit den 1920er Jahren) klassische Råsunda-Stadion in Solna wird abgerissen werden und soll Wohnungen Platz machen. Råsunda bekommt allerdings im September noch ein Abschiedsspiel, dann treffen die schwedischen Männer auf Brasilien in einer Neuauflage des WM-Finales von 1958, das an gleicher Stelle stattfand. In Råsunda machte im Übrigen auch ein gewisser Franz Beckenbauer 1965 sein erstes Länderspiel für Deutschland.

Punktlos und ein Tor – Djurgården weiterhin Letzter

0:2, 0:2, 1:3, 0:1, 0:3. Mit nur einem erzielten Treffer liegt Djurgården weiterhin auf dem letzten Platz der Damallsvenskan. Bei den ebenfalls unter Erwartung gestarteten Kickerinnen von KIF Örebro verlor Djurgården am Samstag deutlich mit 0:3 und fing sich damit die höchste Saisonniederlage ein. Zum Nichabstiegsplatz 10, auf dem nach wie vor der heutige Gegner steht, beträgt der Abstand aber nun schon sechs beunruhigende Punkte.

Immerhin gab es in der zweiten Halbzeit einige Torchancen und vier Schüsse auf das von Stephanie Labbé gehütete Tor. Wie immer konnte sich Gudbjörg Gunnarsdottir bei Djurgården nicht über Arbeit beklagen. Mit nunmehr 37 gehaltenen Schüssen hat keine andere Keeperin der Damallsvenskan bislang so viel Arbeit gehabt wie die 26-Jährige Isländerin.

Das Problem bei solchen Statistiken ist, dass die Torhüterinnen, die sehr viel halten, meist auch viel reinbekommen. Denn oft steht halt ihre Abwehr ziemlich unter Druck. In Örebro trafen heute Elin Magnusson, Caroline Näfver und Marie Hammarström gegen das Stockholmer Team, das am nächsten Sonntag Umeå IK zu Gast haben wird.

Trainer Putte Eklöf sagte nach dem Spiel, dass man ja immer noch auf Spielerinnen warte, die in der Rekonvaleszenz seien – etwa Alexandra Höglund und Jessy Sharro, aber das ist die typische Rhetorik eines Trainers, der eigentlich wissen sollte, wie ernst es um sein Team bestellt ist, der es aber nicht sagen kann, will und darf. Denn sowohl von Höglund und Sharro, auch von Renée Slegers kann und wird man keine Wunder erwarten können. Das sind ordentlich begabte Spielerinnen – die bitter erforderliche Wende werden sie nicht herbeiführen können.

Djurgården wird in diesem Jahr Opfer seiner nicht vorhandenen Planung. Und natürlich der Tatsache, dass sich die Ressourcen massiv verschlechtert haben. Aber der Kader wurde auch seit langem nicht mehr wohlüberlegt zusammengestellt. Victoria Sandell Svensson war eine Weltklassespielerin, ob sie die Richtige war, den Posten einer Sportchefin zu bekleiden, darf bezweifelt werden. Im Jahr 1 nach dem Karriereende stand für Vickan erst mal die Familiengründung im Vordergrund, das ist akzeptabel, verständlich und nachvollziehbar. Man hätte aber eine erfahrene Position die Schwangerschaftsvertretung machen lassen müssen. Nun ist Svensson zurückgekehrt, aber ein Blick auf den Kader zeigt, dass da wenig von Planung zu sehen ist.

Man hat sich gleich mit vier Spielerinnen von Absteiger Hammarby eingedeckt, die vor allem in Stockholm bleiben wollten, aus privaten und beruflichen (nicht-fußballerischen) Gründen. Auch das ist legitim. Ein Erstliga-Club, der es bleiben will, sollte seine Positionen allerdings nach Notwendigkeiten und Zielen besetzen. In Ermangelung einer Nachfolgerin für Emma Lundh wird jetzt die 17-Jährige Madeleine Stegius vermutlich so lange in der Offensive verheizt, bis Jessica Landström kommt. Die wird die Niederlage ihres künftigen (und früheren) Vereins sicher auf ihrem Smartphone während der Busreise nach Potsdam mitbekommen haben.

Während Landström in Frankfurt zumindest davon träumen kann, für ein paar Minuten oder länger beim Champions-League-Finale in München eingesetzt zu werden, wird sie hier in Schweden einen gigantischen Rückstand aufholen müssen. Und so ist auch Landström das Beispiel einer Spielerin, die eher aus privaten, denn aus sportlichen Gründen wechselt. Kann man von dieser Art Spielerin dasselbe Engagement erwarten wie von einer Spielerin, die ihre Entscheidungen allein aus sportlichen Gesichtspunkten trifft?

 

 

Djurgården besiegt Göteborg

Johanna Almgren versucht sich gegen Stürmerin Mia Jalkerud vorbeizutanken

In der 94. Minute fiel die Entscheidung. Ein schneller Querpass bei einem Konter, Emma Lundh zu Mia Jalkerud und die kleine Stürmerin erzielte ihr achtes Saisontor und kurz danach pfiff Annica Andric dann auch ab.

Der haushohe Favorit in den neongrünen Trikots hatte nicht nur mit 0:1 verloren, sondern sich vermutlich uch vom Kampf um die Meisterschaft (nun sieben Punkte hinter Malmö sechs Spieltage vor Schluss) verabschiedet. Auch der Champions League Platz dürfte mit diesem Ergebnis schwerlich erreichbar sein, denn die Konkurrenz heisst Tyresö FF, KIF Örebro und Umeå IK.

In der ersten Halbzeit wartete ich die ganze Zeit darauf, dass Göteborg das Heft in die Hand nehmen würde, aber Djurgården arbeitete hart und verhinderte, dass die Gäste länger im Ballbesitz waren, wenn sie ie Mittelinie passiert hatten. Und hinten zeigte Kapitänin Gudbjörg Gunnarsdottir im wieder einmal eine tadellose Leistung und trieb von hinten ihre Mannschaft lautstark an.

Nach dem Seitenwechsel war Göteborg dann doch drückend überlegen bis zur 80. Minute und manchmal hatte Gugga dann das Glück der Tüchtigen als die Angreiferinnen um Sara Lindén und Johanna Almgren aus aussichtsreicher Position vorbeisemmelten. Linnéa Liljegärd sass erst einmal auf der Bank (wie Emma Lundh auf der Gegenseite). Beide wurden eingewechselt.

„Wir sind keine B-Mannschaft, bei uns können alle spielen, letztes Mal sass Sara Lindén auf der Bank, kam rein und entschied das Spiel,“ erklärte Trainer Torbjörn Nilsson uns nach der Begegnung die Personalmassnahme.

„Emma ist im Moment nicht fit für 90 Minuten,“ sagte Djurgårdens Coach Putte Eklöf. „Sie steht unter grossem Druck und ist zur Zeit nicht fit für 90“. Dann kam sie doch noch rein und ab der 80.Minute ging Göteborg das Risiko ein, mit einer Dreierkette zu spielen, um das Spiel zu entscheiden.

Mal um Mal kam jetzt Djurgården zu gefährlichen Kontern, hatte sehr viel Platz und in der letzten Minute der Nachspielzeit dann fand Emma Lundh Mia Jalkerud, die Göteborg die Busreise noch frustrierter antreten liess, als das beim 0:0 der Fall gewesen wäre.

Ein sehr glücklicher, aber nicht unverdienter Sieg für eine 94 Minuten lang kämpfende Truppe, die einen stärkeren Gegner bezwang. So schön kann Fussball manchmal sein.