Elaine fühlt sich in Schweden zu Hause

Es gibt sehr wenige Spielerinnen (Spieler ebenso), die auf nahezu allen Positionen in einer Mannschaft spielen können und dabei auch noch fast eine Idealbesetzung sind. Die Duisburgerin Linda Bresonik kann sowohl in der Abwehr wie im Mittelfeld eingesetzt werden, die Schwedin Linda Forsberg war so eine. Die ich erstmals bei Hammarby als Stürmerin sah, in Malmö als Außenverteidigerin und in der Nationalmannschaft zuletzt bei der WM im Mittelfeld. Forsberg hat ihre Karriere mit 26 beendet, nach der x-ten Knieverletzung.

Eine oft unterschätzte Weltklassespielerin mit großer Variations- oder besser Positionsbreite ist die 29-Jährige Brasilianerin Elaine Moura. Sie spielt nun seit knapp eineinhalb Jahren beim aufstrebenden Stockholmer Vorortclub Tyresö FF, der in der abgelaufenen Saison das Pokalfinale im Elfmeterschießen gegen Kopparbergs/Göteborg verlor und in der Meisterschaft Vierter wurde, nachdem man zwei Spieltage vor Schluss noch ganz oben gestanden hatte.

Ich habe Elaine an ihrem Arbeitsplatz im Stockholmer Stadtteil Kungsholmen besucht. Hier arbeitet sie für die Gewerkschaft Sjöbefälsförbundet, die sich um die Belange und Interessen von Führungskräften auf schwedischen Schiffen kümmert. Elaine führt mich durch das Großraumbüro, in dem sicher 15 und mehr Personen arbeiten. „Da ist mein Platz,“ sagt sie, „und da sitzt Madde.“ Madelaine Edlund, schwedische Nationalspielerin und Stürmerin bei Tyresö FF sitzt mit Headset an ihrem Schreibtisch und winkt mir zu. Elaine erzählt mir, dass sie meistens mit schwedischen Gewerkschaftsmitgliedern zu tun hat, ab und an aber gibt es die Gelegenheit, auch Portugiesisch zu sprechen. Denn nördlich von Rio de Janeiro liegt die Ölstadt Macaé und Offshore, wo gewaltige Ölquellen gefunden wurden, sind auch schwedische Firmen aktiv.

Wie bist du eigentlich damals nach Umeå gekommen?

2004 hatte Umeå schon Marta geholt, erzählt Elaine. Im Zusammenhang damit hatte man vereinbart, dass die brasilianische Nationalmannschaft ein Spiel in Umeå bestreitet. Ich kann mich noch sehr gut an dieses Spiel erinnern, es war eines der besten Spiele, an denen ich je beteiligt war. Danach flogen wir nach Hause und Roland Arnqvist [Umeås damaliger Sportchef; ffschweden] nahm mit mir Kontakt auf und 2005 kam ich nach Umeå.

Elaine stammt aus Salvador de Bahia, der drittgrößten Stadt Brasiliens mit gut 2,7 Millionen Einwohnern. Salvador wird auch das „schwarze Rom“ genannt, weil der kulturelle Einfluss der afro-brasilianischen Bevölkerung nirgends so stark ist wie hier. Ein weiterer Beiname ist „brasilianische Hauptstadt des Glücks“.

Wie hast du die WM in Deutschland erlebt? Du warst dabei und konntest doch nicht spielen und dann seid ihr im Viertelfinale ausgeschieden, nachdem Abby Wambach in der 122. Minute die USA ins Elfmeterschießen geköpft hatte.

Es war wirklich schlimm. Das Schlimmste eben, selber nur zuschauen zu können. Ich hatte einen Muskelfaserriss im linken Oberschenkel. Die Mannschaftsführung hat erwogen, mich nach Hause zu schicken, weil nicht zu erwarten war, dass ich wieder fit werden würde. Im letzten Spiel gegen die USA dann hätte ich theoretisch spielen können, aber es war besser, dass ich nicht gespielt habe. Meine Mannschaftskameradinnen haben sich für mich eingesetzt und wollten, dass ich unbedingt da bleibe, weil ich außerhalb des Spielfelds eigentlich immer gute Laune verbreite.

Obwohl ihr in der Vorrunde mit drei Siegen und ohne Gegentor mit einer weißen Weste durchmarschiert seid, gab es doch einige, die gesagt haben, dass Brasilien nicht überzeugt hätte. Zudem gab es einige Kritik vor allem nachdem Erika gegen die USA verletzt am Boden lag, dann mit der Bahre vom Feld getragen sollte, worauf sie auf einmal sofort wieder fit war und runtersprang (es gab dann gelb, aber vor allem jede Menge Pfiffe des Publikums).

Wir hätten sicher anders spielen wollen in der Vorrunde, mussten uns aber an die Anweisungen des Trainers [Kleiton Lima] halten. Was die Szene mit Erika angeht: Darüber haben wir anschließend untereinander und mit ihr gesprochen. Wir fanden das alle nicht gut und es hat uns geschadet. Aber Erika hat daraus gelernt und sie hat jetzt gerade beim Turnier Ende Dezember in Brasilien ganz hervorragend gespielt und im Finale gegen Dänemark beide Tore geschossen.

Das Jahr 2012 ist ein olympisches Jahr, gleichzeitig hat Hans Löfgren, der Sportchef von Tyresö FF, das Ziel ausgegeben, dass dieses Jahr die Meisterschaft nach Tyresö geholt werden soll.

Die Olympischen Spiele sind ein sehr großes Ziel. Brasilien hat jetzt zweimal hintereinander bei Olympia Silber gewonnen. Ich war in der Mannschaft, die 2004 in Athen Silber gewann und auch dabei, als wir im WM-Finale 2007 gegen Deutschland verloren haben. Da war immer auch ein bisschen Pech dabei, finde ich, und es ist jetzt an der Zeit, dass Brasilien endlich einmal Gold holt. Wir haben unseren alten Trainer Jorge Barcellos zurück, mit dem ich übrigens auch in den USA in meinem halben Jahr bei St. Louis Athletica zusammen gearbeitet habe. Und die Vorbereitung wird jetzt sehr intensiv sein – so wie noch nie zuvor. Barcellos wird die Nationalmannschaft einmal pro Monat in Brasilien vor der Olympiade zu Lehrgängen versammeln. Wir werden gegen die USA spielen, im März geht es nach Japan. Sicher werde ich leider nicht immer dabei sein können, denn Tyresö wird mich nur an den regulären FIFA-Tagen freigeben, aber es ist schon sehr wichtig, dass die meisten Spielerinnen sich regelmäßig treffen können.

Tyresö hat sich enorm verstärkt, gerade im zentralen Mittelfeld mit Caroline Seger und Lisa Dahlkvist, dazu kommt noch Linda Sembrandt. Du hast vergangene Saison im rechten Mittelfeld gespielt.

Im Juni 2010 kamen Madelaine Edlund (links) und Elaine Moura nach Tyresö nach einem halben Jahr bei St. Louis Athletica

Eigentlich spiele ich auch lieber zentral, aber natürlich bin ich da, wo ich gebraucht werde. Es wird sicher eine Zeit dauern, bis wir das neue Mittelfeld eingespielt haben und wir einander finden werden, aber ich denke, dass dieses Mittelfeld das Beste werden kann, das jemals in der Damallsvenskan gespielt hat. Und was die Meisterschaft angeht. In Umeå habe ich gelernt, dass man wirklich immer ein Spiel nach dem anderen angehen muss. So ist das einfach. Und wir müssen immer unser Spiel spielen, egal ob wir auf LdB Malmö oder Göteborg treffen. Wir haben eine sehr gute Mannschaft und haben in unserem Kader große interne Konkurrenz. So muss das einfach sein. So war es in Umeå, als wir den besten Fußball gespielt haben. Dabei entwickelst du dich selber am meisten. Wenn du im Training siehst, dass die, die neben dir arbeitet drauf und dran ist, dass sie deinen Platz einnehmen kann, dann wirst du dich selber noch ein bisschen mehr anstrengen.

Nach fünf Spielzeiten in Umeå und einem halben Jahr in den USA [Elaines Club St.Louis Athletica beschloss 2010 mitten in der WPS-Saison, die Frauenmannschaft abzuschaffen] bist du nun schon wieder seit eineinhalb Jahren in Schweden. Ist das hier zu Hause?

Ja, auf jeden Fall. Ich möchte gerne auch nach meiner Fußballkarriere in Schweden bleiben. Deshalb ist es auch sehr gut für mich, dass ich jetzt seit einem Jahr hier arbeite und wichtige Sachen lerne und auch Berufserfahrung kriege. Auf der anderen Seite kann ich damit auch meine Familie in Brasilien finanziell unterstützen. Ich fühle mich sehr wohl in Schweden. Falls wir im Sommer mit Brasilien in London die Goldmedaille gewinnen sollten, könnte ich mir vorstellen, in der Nationalmannschaft aufzuhören, aber ansonsten will ich erst einmal weitermachen mit Fußball. Aber gleichzeitig denke ich auch an Familie und Kinder und was danach kommt. Wenn ich hier in Schweden arbeiten kann und gleichzeitig jedes Jahr Brasilien einen Besuch abstatten, das wäre es.

Viele Spielerinnen in Schweden sagen, dass 2012 auch Marta wieder in der Damallsvenskan spielen wird. Was meinst du?

Ich habe erst noch vor ein paar Tagen mit Marta gesprochen und glaube, dass die Chancen gut sind, dass sie zurück nach Schweden kommen wird. Aber wo sie dann spielen wird, das weiß ich nicht. Natürlich würde ich mir wünschen, dass sie zu uns nach Tyresö kommen könnte.

Für eine Spielerin ist noch Platz im Kader von Tyresö FF. Auf der Homepage des Vereins steht eine Botschaft an die Fans: „Wenn ihr alle brav eure Weihnachtsgrütze aufesst, dann findet der Tyresöweihnachtsmann  vielleicht ganz tief in seinem Sack noch ein zusätzliches Weihnachtsgeschenk.“ Am Montag, den 9. Januar wird in der Schweiz die neue Weltfußballerin gekürt. Einiges spricht dafür, dass dies die Japanerin Honore Sawa wird. Wie auch immer, Marta wird sich an Ort und Stelle befinden. Von dort aus nach Stockholm sind es dann gerade noch einmal zwei Flugstunden.

Die Unabsteigbaren – Hammarby und die Zukunft

Kanalplan - Zuschauer beim Erstligaspiel

Es gibt in Schweden keine stärkere Vereinsmarke als Hammarby. Der Stockholmer Traditionsverein versammelt viele Sportarten unter seinem Dach, Fußball kommt sicher an erster Stelle, aber auch im Handball und im vor allem in Nordeuropa und Russland praktizierten Bandy (einer Art Eishockey mit kleinem Ball auf gefrorenen Fußballfeldern) hat der Club von sich reden gemacht.

Von Beginn an, seit 1988 spielte Hammarby DFF (DFF = Damfotbollsförening) in der Damallsvenskan und vor der Saison 2011 noch hatte Ex-Trainer und heutiger „Experte“ En Perlskog in seiner jährlichen Vorschau für den schwedischen Fußballverband geschrieben, dass „Bajen“, wie die Fans den Verein nennen, nun mal nicht absteigen könne.

In den wenigen Jahren, in denen ich den Frauenfußball in Schweden intensiv verfolgt habe, habe ich im grünweißen Trikot der Stockholmerinnen am alles andere als erstligatauglichen Kanalplan aus Södermalm viele schwedische Nationalspielerinnen spielen und vor allem gehen sehen: Linda Forsberg, Jessica Landström, Louise Fors, Karin Lissel, Annica Svensson. Von Jahr zu Jahr geriet man dem Abrgund näher und hatte eine finanzielle Bilanz, die letztlich zwar geringfügig positiv war, bei Ein- und Ausgaben aber weitgehend stagnierte, während andere Vereine teils deutliche Steigerungen vor allem bei den Sponsoreinnahmen zu verzeichnen hatten.

Nachdem man sich 2010 im allerletzten Spiel dank eines 2:0 über Kristianstad rettete, versprach Vereinsvorsitzende Annika Vikander, dass diese Zitterpartie sich nicht wiederholen solle. Man werde einen Neustart machen, Hammarby solle kontinuierlich der Spitze zugeführt werden. Die Ausgangssituation jedoch war schwierig. Nach einem beispiellosen Krach innerhalb des Teams und mit der Vereinsführung und Trainer Lars Pihl hatten die Spielerinnen Nazanin Vaseghpanah und Daniella Chamoun den Verein noch vor Ende der Saison 2010 verlassen und waren mit der Spielerin Susann Varli zum Lokalrivalen AIK gegangen.

 

Annica Svensson ging von Hammarby zu Tyresö

Kapitänin Annica Svensson, die erstmals in die Nationalelf berufen wurde, sah bei Hammarby keine Zukunft, weil sie natürlich ihren Platz in der Nationalmannschaft behalten und festigen wollte, dies aber nicht zu schaffen können glaubte, wenn sie weiterhin 75% als Krankengymnastin arbeiten müsste. Das aufstrebende Tyresö bot Annica Svensson günstigere, professionelle Konditionen und erhielt die Unterschrift der 27-Jährigen.

Trainer Lars Pihl erhielt keine Verlängerung, geliebt hatten ihn seine Spielerinnen nicht, weil er zu wenig standfest war und gleichzeitig während der Zittersaison 2010 bis auf Keeperin Minna Meriluoto beinahe jede Spielerin jede Position testen líeß. Aber stattdessen holte man den charismatischen Tino Katsoulakis vom Aufsteiger Tyresö FF. Katsoulakis verließ Tyresö, weil er etwas Neues aufbauen wollte, weil ihm die Marke Hammarby zusagte. Und weil er als Trainer weiterhin das Sagen haben wollte, wen er aufstellen durfte und wen er verpflichten wollte. Aber das ist eine andere Geschichte.

Und jetzt kommen die ersten Ungereimheiten. Und Widersprüche. Die Japanerin Mami Yamaguchi wurde verpflichtet. Eine kleine Sensation. Yamaguchi zu Hammarby. War das das erste Zeichen des Aufbruchs in eine neue Zukunft? Der Verpflichtung der technisch ungeheuer versierten Spielerin vom WPS-Club Atlanta Beat mit einer Vergangenheit bei Umeå IK, folgten jedoch eher lauwarme Verpflichtungen durchaus talentierter Spielerinnen, aber die Topnamen vor allem für ganz vorne, wo es schon 2010 am meisten gehapewrt hatte blieben aus.

Beim Presseauftakttreffen im April erzählte mir Tino Katsoulakis noch, dass er dabei sei, Hammarby sein Spiel beizubringen. „Wir wollen den Ball rollen lassen, am Boden, das Spiel machen, die anderen müde machen.“ Das hatte er auch schon in Tyresö mit Erfolg geschafft, in der dritten, in der zweiten und in der ersten Saison in der ersten Liga. Aber dort hatte er genügend Spielerinnen, die diese Idee umsetzen konnte.

Hammarby stieg ab – und zwar sang- und klanglos. Symptomatisch auch das Pokalspiel in Sundsvall. Beim starken Zweitligisten führte man bis zur 80. Minute mit 3:0 – um am Ende mit 3:6 nach Verlängerung zu verlieren. Bitter enttäuschend das 1:8 bei Tyresö, einem Meisterschaftsanwärter, bei dem man sicher mit drei, vier Toren verlieren darf, aber hier mit einer Leistung, die nicht einmal zweitligawürdig war. Nach vorne passierte in dieser Saison so gut wie gar nichts. War es wirklich eine gute Idee, dass Katsoulakis seine ehemalige Spielerin Lina Larsson reaktivierte, die die Tore schießen sollte? Oder war es die Verzweiflungstat eines Trainers, dem man mehr versprochen hatte und der nun mit dem zu Recht kommen musste was er hatte? SIEBEN Tore machte Hammarby in 22 Spielen. Der schlechteste Sturm der Liga.

Woran lag es? Kurz vor Weihnachten traf ich Hammarbys Vorsitzende Annika Vikander.

„In den letzten Jahren standen wir schon jeweils in der unteren Tabellenhälfte. Um sich in der Damallsvenskan zu behaupten, braucht man mehrere Profis in der Truppe und unsere Spielerinnen mussten zumeiste neben dem Fußball arbeiten oder studieren. Wir hatten nicht die finanzielle Ausstattung, um unseren Spielerinnen zu ermöglichen, ganz auf Fußball zu setzen, trotzdem haben wir mehr investiert als 2010. Spielerinnen wie Mami Yamaguchi und Kelly Eagan spielten als Profis, aber insgesamt war unser Kader zu dünn besetzt. Als dann unsere Schlüsselspielerin Mami Yamaguchi zunächst eine Leistenverletzung und dann eine Knieverletzung hatte, wurde es sehr schwer. Am Anfang der Spielzeit hatte sich auch noch Jessy Sharro das Kreuzband gerissen. Selbst unsere Torhüterin Minna Meriluoto war nicht von Verletzungen verschont und fehlte mehrere Spiele lang.“

Annika Vikander schiebt den Abstieg also im Prinzip auf einige Verletzungen und vor allem wohl den weitgehenden Ausfall von Yamaguchi, die letztlich am Knie operiert werden musste und noch ein paar Mal unter starken Schmerzen spielte. In 12 Spielen hatte man ganze drei Tore erzielt und als das Transferfenster im August offen war, rechneten alle Fans, aber auch viele Spielerinnen mit Neuzugängen, die vor allem in der Offensive Schlagkraft bringen würden.

Die erste Verpflichtung war die amerikanische Abwehrspielerin Katie Kelly, dann kam ihre renommierte Landsmännin Becky Edwards vom amerikanischen Meister Western New York, aber auch sie eine Mittelfeldspielerin. Warum keine Stürmerin, fragte ich Annika Vikander?

„Diese Entscheidung wurde nicht vom Vorstand getroffen, sondern von den sportlich Verantwortlichen. Es war wohl so gedacht, dass Becky im Mittelfeld Mami Yamaguchis Rolle übernehmen sollte und Mami dann nach Genesung nach vorn gehen sollte.“

Sollte es so gedacht gewesen sein, wäre es eine abstruse taktische Variante gewesen. Denn Yamaguchi ist ebensowenig Stürmerin wie die von Verletztungen geplagte, hochtalentierte Finnin Leena Puranen, der man diese Rolle immer wieder aufzwingen wollte. Das Duo Edwards – Yamaguchi kam aber nie zu Stande, weil Mamis Knie sich einfach nicht mehr erholte.

Hammarby stieg ab. Der ehemalige Kanzleimitarbeiter Stefan Sanneskär fährt seit Wochen eine polemische Kampagne und fordert den Rücktritt des Vorstands, der den Verein schon weit nach unten gezogen habe und dabei sei, ihn noch weiter zu ruinieren. Stimmt das?

Nach dem Abstieg haben folgende Spielerinnen Hammarby verlassen: Minna Meriluoto, Leena Puranen (beide Jitex), Anna Lindblom, Magdalena Eriksson (beide Djurgården), Matilda Agné (Linköping), Madeleine Tegström (AIK), Rebecca Edwards (zurück zu Western New York Flash), Katrine Petrous (Vasalund), Kelly Eagan, Katie Kelly, Helen Nottebrock, Mami Yamaguchi (noch ohne Verein). Von der Startformation, die am letzten Spieltag, dem 15.10.2011 in Umeå 0:4 verlor, ist nur der Verbleib von Tempest-Marie Norlin im Verein noch ungeklärt.

Damit nicht genug. Mit einem Jugendtrainer verließen 15 Spielerinnen den Verein und schlossen sich Tyresö FF an. Ein beispielloser Vorgang, aber sicher auch eine Geschichte, die keine Freundschaft zwischen Hammarby und Tyresö fördert.

Dazu kommt: Die Saison 2012 in der zweiten Liga Nord wird von entscheidender Bedeutung sein. Denn nur die ersten sechs qualifizieren sich 2013 dann für die neue nationale zweite Liga, die Superettan. Hammarby hat als Neuverpflichtungen bislang Spielerinnen präsentiert, die alle sicher sehr engagiert trainieren werden und ehrgeizig sind, mit denen sich das Team aber alles andere als ein Favorit der zweiten Liga präsentieren dürfte.

Muss ein Verein mit solch einer starken Tradition nach einem Abstieg nicht alles daran setzen, sofort wieder aufzusteigen, fragte ich Annika Vikander?

„Natürlich soll es nicht fünf Jahre dauern, bis wir aufsteigen. Als ich an anderer Stelle von 3-5 Jahren gesprochen habe, meinte ich, dass es so lange braucht, bis man eine Mannschaft und eine Organisation drumherum gebaut hat, die es möglich machen, dass man sich dauerhaft in der ersten Liga etablieren kann. Die Anforderungen an die Organisation sind in den letzten Jahren gestiegen und da haben wir sicher nicht gleichen Schritt mit Clubs wie Piteå oder Tyresö halten können, die jedoch eben nicht in einer Großstadt operieren. Jetzt verlierejn wir zum Beispiel rund 110.000 € Unterstützung durch den EFD (Frauenfußball-Elitenförderungsverband). Wir müssen langfristig arbeiten, haben auch eine Verantwortung gegenüber allen Mädchenmannschaften in unserem Verein.

So wie es momentan ausschaut, wird Hammarby es sehr schwer haben, im nächsten Jahr die Quali für die Superettan zu schaffen. Mit den Aufstiegsfavoriten Sundsvall und Sunnanå kann man schon gar nicht konkurrieren. Es wird wohl wieder um den Klassenerhalt gehen am Kanalplan, dieses Mal jedoch droht der Abstieg in Liga 3, wenn kein Wunder geschieht. ffschweden wird den weiteren Weg des Traditionsvereins verfolgen.

LInda Sällström schiesst Malmö aus dem Pokal

Am Sonntag,da war noch WM-Finale und am Montag wurden die schwedischen Bronzemedaillengewinnerinnen in Göteborg von mehr als 5.000 Fans in der Stadt und dann 52.000 bei der Eröffnungsfeier des weltweit größten Jugendturniers Gothia Cup gefeiert.

Schon gestern Abend war der Alltag zurückgekehrt. Viertelfinale im schwedischen Pokal mit der Spitzenbegegnung Linköping (Meister 2009) gegen Malmö (Meister 2010) am Folkungavallen in Linköping.

Vor Spielbeginn wurden die anwesenden WM-Dritten mit Blumen geehrt, bei Linköping Torhüterin Sofia Lundgren und Abwehrgigantin Charlotte Rohlin, bei LdB FC Malmö Lina Nilsson, Nilla Fischer und Linda Forsberg, die aber nicht spielen konnte.

In der 44. Minute ging der Tabellenführer aus Malmö durch einen Schuss von Manon Melis mit 1:0 in Führung, psychologisch wichtig, sagt man normalerweise.

Aber schon drei Minuten nach Wiederanpfiff kam es zu einer unübersichtlichen Situation im Strafraum und Linda Sällström versenkte den Ballzum umjubelten Ausgleich vor 1.254 Zuschauern im Tor der Isländerin Thora Helgadottir. In der 73. Minute war es abermals Sällström, die auch die Entscheidung besorgte, nach glänzender Vorarbeit von Kosovare Asllani (die viele gern im WM-Kader gesehen hätten) machte die Finnin mit einer schönen Direktabnahme auch das schönste Tor des Tages.

„Wir wollen wirklich den Pokal gewinnen. Es wäre echt toll, mal die Fußballgala mitzumachen,“ sagte Linda Sällström der Zeitung Östgöta-Correspondenten. Und fügte hinzu: „Der Finne will feiern.“

„Schön, dass es am Ende mit den Toren geklappt hat. Es schien so, als ob ich wie ein Tier gelaufen bin und am Ende war ich nah dran, Krämpfe zu kriegen, eine Verlängerung hätte ich wohl nicht überlebt.“

Weniger zufrieden natürlich Malmös Nilla Fischer: „Streckenweise haben wir in der ersten Halbzeit richtig gut gespielt, wir hatten Kontrolle,“ so Fischer zu Sydsvenska Dagbladet. „In der Halbzeitpause sprachen wir darüber, hinter ihre Viererkette zu spielen und Lücken zu finden, aber das hat dann nicht so richtig geklappt.“

Schwedinnen in der Einzelkritik

Sechs Spiele sind absolviert und die schwedische Mannschaft hat viel mehr erreicht, als die meisten noch vor einem Monat geglaubt haben.

Hier die Einzelkritik aller eingesetzten Spielerinnen:

1 Hedvig Lindahl: Spielte in fünf von sechs Begegnungen fast fehlerfrei. In der wichtigsten Begegnung gegen Japan war sie ein Unsicherheitsfaktor und zwei der drei Tore gingen auf ihre Kappe. Irrte noch ein paar Mal orientierungslos im Strafraum umher.Note: 4.

2 Charlotte Rohlin: Eine der besten Innenverteidigerinnen dieses Turniers. Hat sich endgültig in die absolute Weltspitze gespielt. Sicheres Stellungsspiel, immer wieder gute Pässe nach vorn. Note: 1

3 Linda Sembrant: Kam zu ein paar Minuten gegen Frankreich. Nicht bewertbar.

4 Annica Svensson: Die 28-Jährige kam erst vor einem Jahr ins Team. War vor der WM oft in Frage gestellt. Kämpferisch grossartiger Einsatz, vor allem in der Defensive. Hatte es schwer gegen schnelle, technische Gegnerinnen. Nach vorne muss sie noch besser werden. Note: 3

5 Caroline Seger: Für die Kapitänin war es eigentlich eine nicht zufriedenstellende WM. Spielte nur dreimal, einmal gesperrt und zweimal verletzt. Auch als sie auf dem Platz stand, war sie nicht so dominant im Mittelfeld wie früher. Note: 3

6 Sara Thunebro: Die Frankfurterin zeigte ebenfalls eine durchwachsene WM. Teils hervorragend wie gegen Kolumbien und Nordkorea, teils überfordert wie gegen Japan und manchmal auch gegen Frankreich.  Note: 3

7 Sara Larsson: Rohlins Partnerin in der Innenverteidigung. Sehr solide, nicht ganz so auffällig wie Charlotte. Aber sehr sicher und gegen Frankreich mit einem Traumpass, der zu Schelins 1-0 führte. Note: 2

8 Lotta Schelin: Endlich auch im Nationaldress und in einem Turnier den Sprung in die Weltspitze geschafft. Eine grandiose Leistung von Lotta, die auch Spielerin des Turniers werden kann. Ihre Leistung ist die Basis für die Bronzemedaille. Note: 1

9 Jessica Landström: Sie schoss das erste Tor gegen Kolumbien, versiebte dann reihenweise Chancen und verlor den Stammplatz an Öqvist. Zu physisch, zu wenig technisch. Note: 4

10 Sofia Jakobsson: Bekam weniger Spielzeit, als man erwartet hätte, weil Dennerby der Startformation vertraute. Gut gegen Kolumbien, gegen Japan fiel sie nicht auf. Zukunftstalent. Note: 3

11 Antonia Göransson: Wurde zweimal eingewechselt, fiel nicht auf. Siehe Jakobsson. Note: 3

12 Kristin Hammarström: hat nicht gespielt

13 Lina Nilsson: Spielte eine Minute gegen Australien. Keine Bewertung möglich.

14 Josefine Öqvist: Ein gutes Turnier der 28-Jährigen, das mit der roten Karte wegen des Nachtretens an Bompastor endete. Jossan ist schnell, sehr schnell und verlässt sich auf ihre Intuition. Der Trikottausch mit einem deutschen Fan in Augsburg geht um die Welt. Note: 2

15 Therese Sjögran: Sie kann besser. Aber Dennerby setzt sie auch zu selten auf der zentralen Position im Mittelfeld ein. Nach wie vor eine sehr wichtige Mannschaftsspielerin. Toll, wie sie Dahlqvist den Ball auflegte gegen Australien. Note: 3

16 Linda Forsberg: Die grösste Allrounderin im schwedischen Team. Dennerby setzte sie aber nur im Mittelfeld ein. Beste Aktion: Flanke in den Strafraum gegen Australien, s.o. Ansonsten wenig. Note: 4

17 Lisa Dahlkvist: Ihre WM begann grossartig in den Gruppenspielen und bis ins Viertelfinale. Erkämpfte sich einen Stammplatz, schoss kaltblütig gegen eine tricksende Hope Solo den Elfer. Gegen Japan und Frankreich sah man nicht mehr so viel. Note: 2

18 Nilla Fischer: Die Abräumerin im Mittelfeld hatte wie Seger Pech. Verletzt, gesperrt und heute wieder verletzt gegen Frankreich. Note: 3

19 Madelaine Edlund: Spielte neun Minuten gegen Kolumbien und sieben gegen Australien. Zu wenig für eine Bewertung.

20 Marie Hammarström: Erfuhr eine Minute vor dem Japan-Spiel, dass sie Caroline Seger ersetzen muss. Kam in der 62. Minute gegen Frankreich und hämmerte 20 Minuten später den Ball in den Winkel. Tor des Turniers? Bronze. Das reicht für Note 2.

21 Sofia Lundgren kam nicht zum Einsatz

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schwedische Prämien

Die schwedische Frauenfußballnationalmannschaft würde beim Fall eines WM-Sieges 200.000 (= 21.870 €) Kronen pro Kopf bekommen. Das ist doppelt so viel wie bei der WM 2007 und der EM 2009.

20.000 Kronen (2187 €) bekam jede der 21 Spielerinnen für die Nominierung in den WM-Kader.

Während des Turniers allerdings bekommen die Schwedinnen derzeit ein Tagegeld von 180 Kronen (= 19,68 €) nachdem die Mahlzeiten abgezogen sind. Davon kann man sich nicht unbedingt viel leisten.

„Natürlich wollen wir bessere Bedingungen und dafür werden wir auch kämpfen,“ sagte Mittelfeldspielerin Linda Forsberg. Das Team ist sich einig, dass es bei der EURO 2013 im eigenen Land andere Bedingungen geben muss.

Die schwedischen Herren kassieren ganz andere Summen, werden bei Turnieren schrittweise für jede Runde unterschiedlich belohnt. Bei der EM in Österreich/Schweiz 2008 hätten die Mannen um Superstar Zlatan Ibrahimovic am Ende 186.000 € beim Gewinn des Titels bekommen, eine Summe, die sich im Verlauf des Turniers sukzessive gesteigert hätte.

 

Die Aufstellung

In 27 Minuten spielt Schweden gegen Kolumbien. Thomas Dennerby vertraut folgenden elf Spielerinnen:

1 Hedvig Lindahl
4 Annica Svensson, 2 Charlotte Rohlin, 7 Sara Larsson, 6 Sara Thunebro
5 Caroline Seger, 15 Therese Sjögran, 16 Linda Forsberg, 17 Lisa Dahlkvist
8 Lotta Schelin, 9 Jessica Landström

Sehr physisch betonte Aufstellung. Die Kolumbianerinnen sollen niedergekämpft werden. Fehlen tut noch Mittelfeldabräumerin Nilla Fischer (ebenfalls groß und stark, aber leichte Achillessehnenbeschwerden kurz vor der Deutschland-Reise). Joker in der Offensive wären die jungen Antonia Göransson und Sofia Jakobsson.