Vittsjö geht die Luft aus

Dem so fantastisch in die Saison gestarteten Aufsteiger Vittsjö GIK geht auf der Zielgeraden endgültig die Luft aus. Am Sonntag setzte es in Piteå mit 0:2 eine weitere Niederlage in einer Begegnung, die vom Tabellenachten aus Nordschweden völlig dominiert wurde. Jennifer Nobis und Faith Ikidi erzielten die Treffer.

Ikidis Tor war ein Slalomlauf aus der eigenen Hälfte durch eine Vielzahl von Gegnerinnen und ein satter Schuss ins Eck. „Das war mein schönstes Tor in meiner Karriere und dafür danke ich Gott,“ sagte die Nigerianerin zufrieden nach der Begegnung, mit der man sich nun den achten Platz endgültig sicherte.

Für die kommende Saison glaubt Piteå-Tidningen, dass der Kader im Wesentlichen gleich bleiben wird., Dazu soll dann auch die Australierin Lydia Williams (Tor) gehören, die dieses Jahr kam und sich dann schnell einen Kreuzbandriss zuzog.

Vittsjö hat seit der Sommerpause in neun Spielen lediglich fünf Punkte geholt und sechs Mal verloren. Ein Fingerzeig, dass die alte Regel, dass die zweite Saison oft die schwerste ist, für Vittsjö gelten könnten. Seit der Kreuzbandverletzung von Ifeoma Dieke, die mit Kendall Fletcher das vielleicht beste Innenverteidigergespann abgab, geht es bergab.

Stehaufmädchen

Am Montagabend erst bekamen sie fünf Dinger von Tyresö und nach diesem Spiel sprach ich mit Kendall Fletcher und sagte ihr, dass nach dem 1:4 zum Saisonauftakt gegen Umeå die Mannschaft wieder aufgestanden sei und fragte wie das nun nach dem 1:5 gegen Tyresö gehen würde. Fletcher war optimistisch und tatsächlich – das Derby von Nordskåne am Donnerstagabend, das den Auftakt yum 14. Spieltag bildete, gewann Vittsjö nach hartem Kampf gegen Kristianstad mit 2:1.

Susanne Moberg hatte die Gäste zur Halbzeit in Führung gebracht, aber ein Eigentor und ein von Danesha Adams verwandelter Elfmeter wendeten die Begegnung. Einen zusätzlichen Farbtupfer erhielt das Spiel dann noch durch einen Platzverweis für Kristianstads Sif Atladottir.

Vittsjös Trainer Thomas Mårtensson fasste realistisch zusammen: „KDFF war die bessere Mannschaft, aber wir haben die Tore geschossen.“ Nach dem 0:1 hatte Moberg bereits Torhüterin Lois Geurts in einer weiteren Situation umkurvt und schoss dann den Ball über das leere Tor. Auch Katrin Omarsdottir verpasste Gelegenheiten, Kristianstads Führung zu erhöhen.

Vittsjö gewann, nachdem Sif Atladottir Sofie Andersson im Strafraum eine sichere Torchance durch ein Foul  nahm. Rote Karte und Adams ließ Nationaltorhüterin Hedvig Lindahl beim Elfer keine Chance. Der achte Saisontreffer für die Amerikanerin und für Vittsjö nun abermals Platz 3.

 

Tyresö entzaubert Vittsjö

Fünf Mal konnte Tyresö heute jubeln – so wie hier nach dem 1:0 durch Linda Sembrant

Von einem Spitzenspiel war vorher die Rede. Tyresö FF gegen den Sensations-Aufsteiger Vittsjö GIK, der immerhin als Tabellenvierter mit einem Spiel weniger nach Stockholm kam als der Dritte Kristianstads DFF.

Die Begegnung wurde live im Fernsehen übertragen und nach etwas mehr als einer halben Stunde war alles gelaufen.

Als sie noch bei Umeå IK spielte, sagte ich zum Verdruss einiger ihrer Gegner, dass sie ein Spiel allein entscheiden könne, vielleicht sogar eine Meisterschaft. In Tyresö hatte sie nach drei Jahren in den USA noch nicht ganz an die Form anschließen können, in der ich sie oft auf dem Platz gesehen habe, vor 2009. Schon kurz vor der Sommerpause sah ich aber Tendenzen, dass wir die alte Marta bald wieder zurück haben. Heute war sie zwar nicht allein der Unterschied, aber überragend. Ihren Eckball köpfte Linda Sembrant ins Tor – da sah Lois Geurts nicht gut aus. Sechs Minuten später ein Alleingang, in der sie die ansonsten aufopferungsvoll kämpfenden Abwehrspielerinnen wie Slalomstangen umkurvte und mit einem Schuss in den Winkel abschloss. Nach 35 Minuten ein unwiderstehlicher Antrirr auf dem linken Flügel, eine maßgenaue Flanke und ein schulmäßiger Kopfball von Madelaine Edlund. Tyresö führte 3:0.

Und hätte sicher mehr Tore schießen können. Am Ende wurden es fünf. Kirsten van de Ven köpfte eine Flanke von Lisa Dahlkvist rein und Vero Boquete schoss wieder einmal das Tor des Monats, tanzte Gegenspielerinnen auf engstem Raujm aus und schlenzte den Ball hoch ins Netz. Tyresö hat geradezu einen Überschuss an Klassespielerinnen. Denn als Kollektiv funktioniert das nicht immer. Man hat bisweilen den Eindruck, dass man bewusst auf die individuelle Klasse der Mannschaft setzt. Vero, Marta, Caroiine Seger, Kirsten van de Ven, Madelaine Edlund, irgendeine wird schon was machen, das dann gefährlich wird.

Nach dem Spiel sprach ich mit Vittsjös amerikanischer Abwehrspielerin Kendall Fletcher.

Wie fasst du das Spiel zusammen?

„Naja, ganz einfach, dass das unser erstes Spiel nach einer längeren Pause war und wir gegen eines der besten Teams der Liga gespielt haben. Die haben drei Mittelfeldspielerinnen, die absolute Weltklasse sind. Wenn du solche Spielerinnen auf der Gegenseite hast, ist es sehr schwer, sich zu verteidigen. Und selbst wenn du alles richtig machst, kann das trotzdem nicht genug sein. Wir wissen, dass wir Aufsteiger sind, und dass wir viel lernen müssen. Jetzt müssen wir aus diesem Spiel Lehren ziehen, uns motivieren und zusammenhalten, denn am Donnerstag ist schon wieder ein wichtiges Spiel.“ (Skåne-Derby gegen Kristianstad in Vittsjö)

Halbzeit (3): Vittsjö GIK

Sofie Andersson beim Presseauftakt der Damallsvenskan in Göteborg

Im April fand in Göteborg das Presseauftaktreffen der Saison statt. In einem Hotel unweit des Göteborger Bahnhofs versammelte sich die Szene: Die zwölf Trainer und jeweils mindestens eine Spielerin. Tyresö hatte gleich drei Damen mitgebracht: Caroline Seger, Kapitänin Johanna Frisk und Superstar Marta. So zog man auch das Medioeninteresse auf sich. Alle wollten nur mit einer reden, der 26-Jährigen Brasilianerin, die nach drei Jahren USA in ihre zweite Heimat Schweden zurückkehrte.

Am Vormittag gibt es immer Vorträge auf der Bühne, das meiste davon ist recht vorhersehbar und durchaus langweilig. Das Interessanteste für uns Journalisten ist dann am Nachmittag die Möglichkeit, sich mit Trainern und Spielerinnen zu unterhalten. Jedes Team bekommt seinen Tisch und dann darf man die Runde machen, warten musste man dann auf Linköpings Nilla Fischer oder Göteborgs Stina Segerström.

Nichts los war beim Aufsteiger Vittsjö GIK. Da saßen Trainer Thonas Mårtensson und seine Kapitänin und Zweitligatorschützenkönigin Sofie Andersson meist alleine da, in einer Ecke. Ohnehin hatten am Morgen bereits alle „Experten“, ich inklusive, per Manometer auf den Abstieg des südschwedischen Vereins getippt. Sofie dagegen hatte der Menge auf der Bühne verkündet, dass man sich einen Platz unter den ersten Acht vorgenommen habe. Daran glaubte nun außer den Spielerinnen und dem Verein wirklich niemand.

Vittsjö ist ein Kaff in Skåne, Malmö und Kristianstad sind nicht weit und der nächste größere Ort ist Hässleholm, das die meisten nur als Eisenbahnknotenpunkt kennen. 1.600 Einwohner leben in Vittsjö und mit Hilfe der Gemeinde und Sponsoren, aber auch der Bevölkerung des Ortes wurde das Stadion in mühseliger Kleinarbeit erstligatauglich gemacht. Über Facebook und Twitter rief man die Einwohner auf, an einigen Wochenenden zum Sportplatz zu kommen und zu helfen. Man müsse zimmern, basteln, streichen, damit alles fertig werde zum Start im April.

Nachdem Vittsjö das erste Spiel in der ersten Liga mit 1:4 in Umeå verloren hatte, glaubten nun alle, dass der Abstieg des Aufsteigers nun seinen Gang nehmen würde.

Wie sehr wir uns alle getäuscht haben. Vittsjö, das zeigte sich in den kommenden Wochen, hatte sich auf zentralen Positionen optimal verstärkt. Ausländerinnen sind nicht billig in der Damallsvenskan. Damit sie eine Arbeitserlaubnis bekommen können, müssen sie genug Geld verdienen, um selber über die Runden zu kommen. Vittsjö holte die niederländische Nationaltorhüterin Lois Geurts, in der Abwehr als Innenverteidigerinnen Ifeoma Dieke aus Schottland (bei der Olympiade im Team GB dabei) und Kendall Fletcher aus den USA. Dieke und Fletcher werden immer wieder als Basis für den Erfolg hervorgehoben. Im offensiven Mittelfeld spielt die Amerikanerin Danesha Adams, die schon in Norwegen gespielt hat und die Neuseeländerin Kirsty Yallop ist dabei. Yallop und auch Dieke haben schon in Kristianstad gespielt, beim Lokalrivalen und Nachbarn. Ebenso Sofie Andersson, die von der charismatischen, aber sicher nicht einfachen Elisabet Gunnarsdottir wie andere Spielerinnen auch ausgemustert wurde. Andersson passte nicht ins Konzept. Jetzt sagte Gunnarsdottir kürzlich bewundernd, Vittsjös Trainer Thomas Mårtensson (auch der war mal Trainer in Kristianstad) habe offenbar die exakt richtige Rolle für Sofie gefunden.

Auf die deutliche Klatsche in Umeå zum Saisonauftakt folgten Siege. Daheim gegen AIK mit 3:1 – das wurde noch mit einem „Naja, gegen AIK“ von vielen quittiert, als Vittsjö dann aber beiTorbjörn Nilssons Göteborgerinnen mit dem 2:1 alle drei Punkte entführte, hätte man eigentlich aufhorchen müssen.

Und nun stehen sie da mit 25 Punkten auf dem dritten Platz und um den Klassenerhalt müssen sie nun wirklich nicht mehr bangen. AIK auf dem Abstiegsplatz 11 hat einen Rückstand von 19 Punkten auf Vittsjö. Das Saisonziel ist weiterhin Platz 8 und nach der Olympiade kommt mit Mandy van den Bergh eine weitere Niederländerin ins Team – auf die Außenposition in der Abwehr.

Andersson hat bislang acht Tore geschossen und liegt damit nur einen Treffer hinter Linköpings Tormaschine Manon Melis.

Ich fragte Vittsjös neuseeländische Olympiateilnehmerin Kirsty Yallop, warum Vittsjö so erfolgreich ist.

„Der Schlüssel zu unserem Erfolg ist ganz einfach der, dass wir ein tolles Team haben und guten Fußball spielen. Wir haben kein Budget vergleichbar mit dem der großen Teams,“ sagt Kirsty. „Wir sind ein kleines Team vom Lande, aber wir spielen mit unglaublich viel Herz und wir haben großartige Unterstützung von unseren Fans und dem Verein. Thomas ist ein guter Trainer, der weiß, wie wir spielen müssen und wie wir das Beste aus unseren Voraussetzungen machen können.“

Mehr von Kirsty Yallop und der neuseeländischen Mannschaft vor der Olympiade in den nächsten Tagen.

Vittsjö gewinnt das erste Heimspiel

1271 Zuschauer in einer Gemeinde, die nur 1600 Einwohner hat – das ist keine schlechte Leistung. Emsig, fleissig und unbeirrt hatte sich die Bürger schon vor zwei Wochen eingesetzt, als viele dem Aufruf folgten und den Sportplatz der Gemeinde der für eine fünfstellige Summe Euros aufgerüstet worden war, für das Spiel in der ersten Liga herzurichten.

Und kurz nach der Halbzeit beim parallel stattfindenden Spiel Djurgården – Jitex, später dazu, sah ich auf der schwedischen Videotextseite 382, dass Vittsjö mit sage und schreibe 3:0 gegen Mitaufsteiger AIK führte. Die Stimmung muss mit anderen Worten grossartig gewesen sein. Beide Teams hatten das Spiel relativ vorsichtig begonnen, bis Vittsjö dann das Heft in die Hand nahm. Und nach den ersten beiden Toren, die jeweils nach Ecken fielen und durch die beiden Amerikanerinnen per Kopf erzielt wurden – zuerst Danesha Adams in ihrem ersten Spiel (sie hatte vorige Woche noch keine Arbeisterlaubnis) und dann Kendall Fletcher. Das junge Team von AIK brach in sich zusammen. Nach der Pause machte Sofie Andersson gar das 3:0 nach einem Pass in die Gasse, ehe dann Susan Varli für AIK mit der ersten richtigen Torchance den Ehrentreffen markieren konnte.

Varli wurde vier Minuten später die erste Spielerin der Damallsvenskan, die 2012 eine rote Karte sah – ein Revanchefoul war die Ursache. AIK hatte wohl nie eine Chance, Schüsse auf das Tor verzeichnete die Statistik 17:1 für die Gastgeberinnen. Bereits nach zwei Spieltagen stellt sich schon die Frage, wen AIK mit seiner jungen, unerfahrenen Truppe eigentlich schlagen will.

 

Vittsjö holt Dieke

Ifeoma Dieke (Bild: Alasdair Middleton)

Die 85-fache schottische Nationalspielerin Ifeoma Dieke spielt in dieser Saison für den Aufsteiger Vittsjö GIK. Das gab der Verein am Donnerstag bekannt. Die in den USA geborene 31-Jährige spielte vorher schon für QBIK und Kristianstads DFF in der schwedischen Liga. Kürzlich absolvierte sie ein Probetraining bei LdB FC Malmö, erhielt jedoch kein Vertragsangebot. Nach der holländischen Nationaltorfrau Lois Geurts, der Amerikanerin Kendall Fletcher und der Neuseeländerin Kirsty Yallop ist Dieke die vierte Ausländerin.

Die Schottin kommt vom zypriotischen Club Apollon Limassol, war 2011 in den USA bei den Boston Breakers unter Vertrag.

Und eine fünfte soll folgen. Am Sonntag bei Kaffee und Kuchen und einer Veranstaltung für die Öffentlichkeit in dem kleinen Ort will man das letzte Puzzleteilchen präsentieren: eine Spielerin, die auch Tore machen soll.