Farewell, Kelly Smith!

 

32615504050_7233d4783c_zEs gibt wohl keinen Zweifel daran, dass Kelly Smith die bislang beste und wichtigste Fußballspielerin Englands war. Die 38-Jährige hat zwar keine WM, EM oder Olympia gewonnen, aber sie hat zahlreiche englische Meisterschaften mit den Arsenal Ladies gewonnen und immerhin einmal den Women’s Cup.

Im Anschluss an eine Dienstreise in der vorvergangenen Woche hing ich daher noch den Sonntag dran und begab mich mit mehrmaligem Umsteigen verbunden, nach Elstree & Borehamwood, rund 45 Minuten von den zentralen Teilen Londons entfernt, um Kelly Smith’s Abschiedsspiel im Meadows Park zu erleben.

Anfang Februar hatte Smith via Twitter mitgeteilt, dass sie nicht spielen werde am 19.02., dass sie aber ihre AllStar-11 coachen würde. Kelly Smith ist im dritten Monat schwanger. Sie kam dann aber doch und griff akriv ins Geschehen ein…

32842187702_bb95449dd3_zBesonders erfreulich aus meiner Sicht: eiun fantastisches Publikum, bestehend aus fast 2400 Fans, die Kelly einen würdigen Abschied bereiteten. Da war unglaublich viel Wärme und Zuneigung und großer Respekt unter den Fans zu spüren.

Die Arsenal Ladies spielen wie alle FA WSL Teams im Frühjahr 2017 „nur“ den Pokalwettbewerb und bereiten sich ansonsten auf die Umstellung der Saison auf Herbst/Sommer hin, die mit der Saison 2017/18 beginnen wird.

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Heather O’Reilly (links), eine von mehreren US-Stars in der FA WSL 2017

Und Arsenal begann feurig und erstmals mit ihrem Neuzugang Heather O’Reilly, frisch aus den USA importiert. Besonders O’Reilly, aber auch Kapitänin Alex Scott und Neuzugang Kim Little waren immer wieder in Aktion. In Kelly Smith’s Team stand immerhin Englands Nationalmannschaftskapitänin Stephanie Houghton, aber auch Smiths ehemalige Trainerin Hope Powell, , die mit iohren 50 Jahren natürlich nicht mehr ganz Schritt halten kann. Abef darauf kam es an diesem Tag auch nicht an.

 

Arsenal führte in der zweiten Halbzeit mit 2:1, bis sich dann Alex Scott eine Variante einfallen ließ, um Kelly Smith doch noch mal auf das Spielfeld zu locken. Sie sprang einfach im eigenen Strafraum einer Gegnerin vorsichtig, aber deutlich sichtbar in den Rücken und ging zusammen mit ihr zu Boden.

Klarer geht es nicht: Elfmeter!

32616518360_8c18500c68_zDie 2400 im Meadows Park schrien nun: „Kelly! Kelly! Kelly!“ und der Schiedsrichter drückte natürlich beide Augen zu und ließ die Trainerin auf den Platz kommen. Durch ein Spalier, das beide Mannschaften für sie bildeeten, schritt sie zum Punkt und verwandelte zum umjubelten Ausgleich. Später erzählte sie, dass sie sehr nervös gewesen sei, aber Schiedsrichter Howard Webb habe ihr gesagt, falls er nicht reinginge, würde er den Elfmeter wiederholen lassen.

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Kim Little kaum zu stoppen

Am Ende gewann Arsenal dann doch 4:2 und Kelly Smith hielt mit belegter Stimme eine bewegende Ansprache zuerst an die beiden Teams und dann ans Publikum in Boreham Wood. Als ich schon längst wieder im Zug nach London saß, schrieb Kelly Smith immer noch Autogramme und ließe sich mit den Fans fotografieren. Später hörte ich, dass Smith selber überrascht und überwältigt war von der Anteilnahme des Publikums.

 

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Ein großer Nachmittag für eine Große des Frauenfußballs.

Nach dem Spiel hatte ich Gelegenheit mit einer Spielerin aus Kelly SMiths Team zu sprechen, die aber aus Vorsichtsgründen nicht spielen durfte. Anita Asanre vom FC Rosengård hat mit Kelly Smith lange bei Arsenal gespielt und ebenfalls viele Jahre in der englischen Nationalmannschaft. Das Gespräch (auf Englisch) liegt auf YouTube:

 

 

ffschweden im Gespräch mit: Anita Asante

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Anita Asante hat im Vereinsfußball alles gewonnen, was es gibt. Sie ist mehrfache englische und schwedische Meisterin und gewann mit Arsenal London als letzte nicht-deutsche oder nicht-französische Mannschaft den Europapokal, der damals (2007) noch UEFA Women’s Cup hieß.

Seit fünf Jahren lebt die 31-Jährige Abwehr- und Mittelfeldspielerin in Schweden. Zuerst war es Göteborg und schließlich wurde es Malmö, wo sie im All-Star-Ensemble des FC Rosengård inzwischen zwei Meisterschaften gewann. 65 Mal spielte sie für England und absolvierte auch vier Länderspiele für Großbritannien, das erstmals (und letztmals?) bei der Olympiade mit einem gesamtbritischen Team antreten durfte.

Dass sie 2015 bei der WM in Kanada nicht die Bronzemedaille mit ihren Mannschaftskameradinnen gewinnen konnte, ist vielen Beobachtern nach wie vor unverständlich. Denn „Neetz“, wie sie von ihren Freunden genannt wird, ist schon allein aufgrund ihrer Vielseitigkeit ein Gewinn. Aber als Mark Sampson von  Hope Powell übernahm, hatte der vor allem Spielerinnen im Auge, die in der heimischen FA WSL spielten.

Heute Abend spielt Asante mit dem FC Rosengård bei Eskilstuna United, der Zweite beim Dritten, und gleichzeitig stimmt Großbritannien über den Verbleib in der EU ab.

Am Dienstagabend habe ich mich mit Anita nach dem Männer-EM Spiel Deutschland -ö Nordirland und vor Spanien – Kroatien unterhalten.

„Ich muss sagen, dass ich von der großen taktischen Disziplin der ‚kleineren‘ Mannschaften bei der EM sehr beeindruckt bin. Obwohl die Favoriten meist sehr viel mehr Ballbesitz haben, fällt es ihnen äußerst schwer, die Spiele zu entscheiden. Das liegt daran, dass sich das defensive Spiel enorm entwickelt hat,“ sagt Anita, als wir ein wenig über die Männer-EM sprechen.

Und England? „Ich finde, die spielen toll, es macht Spaß, der Mannschaft zuzusehen. Ich freue mich darüber, dass sie sich mehr auf ein Spiel mit viel Ballbesitz hin entwickeln.“

„Ich freue mich aber natürlich auch, wenn ein scheinbarer Außenseiter wie Wales so weit kommt. Und auch Nordirland, ist ja klar, dass man als Britin an deren Erfolgen Freude hat. Wenn dann aber England gegen Wales spielt, dann bin ich natürlich für England.“

Für den FC Rosengård läuft es bestens: Neun Spiele, acht Siege und ein Unentschieden. Wie siehst du eure Rolle im Vergleich zu den letzten beiden Jahren?

„Naja, das sieht sehr gut aus, da hast du Recht. Aber man muss auch sagen, dass wir sehr, sehr hart dafür arbeiten. Es kommt nicht von ungefähr. Wir versuchen auch die ganze Zeit noch bessert zu werden und immer wieder neue Lösungen zu finden.“

In diesem Jahr gibt es einen großen Konkurrenten, Linköpings FC. Dahinter kommt dann erst einmal gar nichts.

„Es ist doch nur gut, dass da zwei Teams so eng an der Spitze liegen. Das erhält die Spannung. Ich finde, dass wir das Spiel gegen Linköping vor ein paar Wochen selber aus der Hand gegeben haben. Das hätten wir gewinnen müssen. Es zeigt aber auch, dass Linköping ein sehr gutes Team ist, wenn du denen eine Chance gibst, sind sie auf einmal wieder im Spiel.“

Auf das Spiel am Abend in Eskilstuna (ffschweden wird dabei sein) freut sie sich, nicht zuletzt, weil es mit Sicherheit ein großes Publikum geben wird. Kein Team hat einen auch nur annähernd so hohen Zuschauerzuspruch wie Eskilstuna.

Inwieweit hat euer Trainer Jack Majgaard Jensen denn in dem gut einen jahr, in dem er bei euch war, das Spiel verändert?

„Ich finde, dass er sehr viel verändert hat. Es ist einmal die Sache, dass wir ständig an neuen Lösungen und Varianten arbeiten. Und dann ist es so, dass er sehr gut daran ist, dass Potential in den einzelnen Spielerinnen zu erkennen und uns auch herauszufordern.“

Sprachlich wird im Moment mehr Englisch gesprochen in Malmö, sagt Anita, aber das wird sicher bald wieder anders werden. Denn der Verein bringt seinen Spielerinnen schnell Schwedisch bei. Als ich vergangenes Jahr Ali Riley nach einem Spiel in Stockholm sprach stellte ich alle Fragen auf Englisch und sie antwortete jeweils auf Schwedisch. Auch Anita kann sich mittlerweile durch den schwedischen Alltag in der landessprache durchschlagen, wenn es aber darum geht, sich präzise und variiert auszudrücken, spricht sie dann doch lieber Englisch.

Selber habe ich Anita Asante wieder viel stärker gesehen in den letzten Monaten als etwa in der vergangenen Saison. Die Natio müsste eigentlich ein Thema sein, aber da Mark Sampson offenbar eine Grundsatzentscheidung getroffen hat, berühren wir das Thema gar nicht.

„Danke, freut mich zu hören,“ sagt sie zu meiner Auffassung, dass sie derzeit eine sehr starke Rolle im zentralen Mittelfeld spielt. „Aber das habe ich natürlich auch dem tollen Team zu verdanken, dass es mir ermöglicht, sicher aufzutreten.“

Am Tag des Spiels entscheidet Großbritannien über den Brexit, den verbleib oder Austritt aus der EU. Ich weiß, dass du ein Mensch bist, der sich sehr für gesellschaftliche und politische Fragen interessiert. Wie stehst du, obwohl ich die Antwort wohl schon weiß…

„Ich bin dafür dass Großbritannien in der EU bleibt. Die Möglichkeiten und Chancen, die auch die einzelnen Mitbürger haben auf dem Arbeitsmarkt und beim Studieren sind doch riesengroß. Warum will man das aufgeben? Ich finde es sehr schlimm, dass die Nein-Seite in Großbritannien die Diskussion so sehr auf das Thema Migration begrenzt hat. Aber auch hier müssen wir uns doch solidarisch zeigen und wie die meisten anderen europäischen Länder auch können wir doch nicht so inhuman sein und Flüchtlinge abweisen. Ich hoffe, wir bleiben drin.“

Donnerstag die Abstimmung. Freitag Mittsommer in Schweden. Du bist jetzt drei oder vier Jahre hier, wie sehr hat sich Schweden verändert oder hat es das überhaupt?

„Nein, ich bin schon fast fünf Jahre hier, die Zeit vergeht. Aber ja, natürlich verändert man sich. In Göteborg schon ein bisschen, aber seit ich in Malmö bin, bekomme ich noch viel mehr mit, wie die schwedische Gesellschaft funktioniert. Ich habe Freunde, die Lehrer sind und nimm nur, dass wir in Großbritannien immer noch Schuluniformen haben und hier nicht. Ich habe auch einen gewissen Einblick darin bekommen, wie politische Prozesse auf lokaler Ebene funktionieren. Und Mittsommer habe ich schon früher gefeiert,“ sagt Anita. „Das Lied „smågrodorna“ singen und um den Maibaum tanzen, das kenne ich schon und hab ich auch schon gemacht.“

 

 

 

 

 

 

Tschüss, Torbjörn!

TorbjörnNehmen wir es gleich einmal vorweg. Der Mann hat Charisma. Mit ihm verlässt einer der sympathischsten und mit Sicherheit der erfolgreichste ehemalige Fußballprofi die Damallsvenskan.

Torbjörn Nilsson und sein Club Kopparberg/Göteborgs FC gaben heute Nachmittag gemeinsam auf der Webseite des Vereins bekannt, dass nach sechs Spielzeiten Schluss ist für ihn als Cheftrainer.

Nach einer enttäuschenden Rückrunde mit drei Siegen, einem Unentschieden und fünf Niederlagen ist die Luft raus, wie Nilsson selber klug sagte. Möglicherweise hatte er der Mannschaft nichts mehr zu geben, konnte definitiv kein Feuer mehr entzünden.

Aber Personalien fallen einem in Göteborg ein. Christen Press war die ideale Stürmerin für das Spiel Göteborgs. Als einzige Spitze hatte sie den Auftrag „in the deep“ zu gehen, wie Nilsson ihr vergangenes Jahr erklärte. Nach einer akzeptablen Saison, in der man aber weder Malmö noch Göteborg gefährden konnte, ließ es die sportliche Leitung und der Vorstand zu, dass Press dem aggressiven Werbegebaren von Meister Tyresö FF nachgab und den Verein wechselte. Da lockte wohl die Champions League, das Geld und auch die eine oder andere Mitspielerin in Tyresö.

Aber es gab einen Glücksgriff. Von den Birmingham Ladies kam Jodie Taylor, für die meisten ein unbeschriebenes Blatt, eine Spielerin, die dem Nationalkader von Hope Powell in England nicht angehörte. Und Jessica Landström wollte es auch noch einmal wissen und kam von Absteiger Djurgården.

Taylor schlug ein wie eine Bombe. Zehn Tore in zehn Spielen, ein perfekter Ersatz für Press und Taylors Erfolg war gleich mit Landströms Rückkehr auf die Bank – wie schon in Frankfurt. Jodie Taylor war schnell, schussstark, konnte das Spiel lesen und nutzte ihre Chancen. Und wurde nicht für die EURO nominiert. Eine Fehlentscheidung von Powell wie so viele andere, die dann zum kläglichen Ausscheiden Englands bei der EURO führten und zu Powells Abschied nach mehr als 15 Jahren an der Macht im englischen Frauenfußball. Jodie Taylor haute ab. Nach Hause. Sie sagte, sie habe so viel investiert, um in die Nationalmannschaft zu kommen, habe ihr Zuhause, ihre Freunde, sogar eine Beziehung aufgegeben dafür. Zu viel. Torbjörn Nilsson sagte, dass man jemanden, dem es so schlecht wie Taylor gehe, nicht aufhalten könne.

Da blieben Cathrine Dyngvold, Jessica Landström und Olivia Schough. Aber keine konnte Taylor ersetzen. Schough ist ein Wirbelwind auf den Außenpositionen, aber sie ist kein Goalgetter. Jessica Landström fehlt die Technik und Cathrine Dyngvold ist zu langsam. Und so holte man eine Spielerin, die in puncto Schnelligkeit angeblich auch noch nachlegen muss: Andrine Hegerberg und die Art wie dieser Wechsel zustande kam, mit Abschied ohne sich zu verabschieden, einem Testspiel, von dem der alte Verein Turbine Potsdam nichts wusste und einer Bitte um Freigabe 24 Stunden bevor das Transferfenster schloss, war schon kein gutes Zeichen. Am Samstag kann ich mir das alles noch einmal anschauen, dann gastiert Göteborg nach drei Niederlagen in Serie bei Tyresö.

Der Kader von Göteborg besteht nach wie vor aus 15-16 Spielerinnen, zu wenig, um an der Spitze mithalten zu können. In Tyresö sitzen derzeit Sara Thunebro, Kirsten van de Ven, Jennifer Hermoso Fuentes und Malin Diaz auf der Bank und nach der Ankunft Whitney Engens letzte Woche wird wieder eine geopfert werden müssen, möglicherweise Nationalspielerin Linda Sembrandt.

In Göteborg sitzt Jane Törnqvist (ja, genau die) offiziell zumindest auf der Bank, meist jedoch auf der Tribüne. Und unten zwei junge Spielerinnen und Landström.

Sponsor Peter Bronsman hatte Nilsson versprochen, dass der Club investiert, dass man mithalten wolle mit Tyresö und Malmö. Aber er hat seine Millionen dann doch lieber im Tresor gelassen. Das ist schon ein wenig unfair, denn wie ich es verstanden habe, hatte Nilsson gerade unter der Prämisse der Verstärkung für zwei Jahre unterschrieben, von denen er sich nun eines sparen wird.

Ich werde ihn vermissen, den verschmitzten Gentleman, den Mann, der seinerzeit seinen IFK Göteborg zum UEFA-Pokalsieg schoss, im Finale gegen den Hamburger SV. Den Mann, der seine Spielerinnen auch schon mal Samstagabend anrufen konnte, um zu hören wie es ihnen ging. Linnéa Liljegärd hat mir das einmal erzählt. „Das kann schon mal nerven,“ sagte sie lächelnd, „aber es ist eigentlich auch ganz schön, denn er meint es ernst.“

 

 

 

Jodie Taylor kommt wohl nicht zurück

Die schwedische Damallsvenskan verliert innerhalb weniger Tage ihren dritten klangvollen Namen. Dabei wussten nur wenige vor Beginn der Saison 2013, wer die 27-Jährige Engländerin Jodie Taylor war. Die Stürmerin kam per Ausleihe von den Birmingham Ladies und schoss in elf Spielen zehn Tore für Kopparberg/Göteborgs FC, zwei mehr als Anja Mittag und damit lag Taylor nur knapp hinter der mit 12 Treffern führenden Amerikanerin Christen Press.

Vor der EM ging Taylor zurück nach England und nun kommt sie wohl nicht mehr zurück.

„Ich würde mal sagen, dass sie zu 99,9% in England bleiben wird,“ sagt Göteborgs Trainer Torbjörn Nilsson. „Wir haben ihr geschrieben und gesagt, dass sie hier herzlich willkommen ist, aber wenn es einem Menschen so schlecht geht, dann kann man ihn zu nichts zwingen,“ so Nilsson weiter.

Offiziell werden familiäre Gründe für die aktuelle Situation angegeben, aber offenbar geht es Taylor selber psychisch nicht sonderlich gut. Schon während der EM hatte ich mich mit englischen Journalisten unterhalten und mich gewundert, warum eine so erfolgreiche Torschützin wie Taylor nicht im Kader einer Hope Powell sei und hatte zu hören bekommen, dass es mit Jodie Taylor nicht immer einfach sei.

In Göteborg hat man darüber diskutiert, ob Taylor ihren Vertrag widerrechtlich gebrochen hat, dazu konnte und wollte sich Torbjörn Nilsson aber nicht äußern.

„Jetzt müssen wir uns schnell nach Alternativen umsehen. Das kann schnell gehen und zur Zeit ziehen wir an vielen Strippen, aber im Moment haben wir noch niemanden“, so Nilsson weiter.

Das Transferfenster schließt am 15. August, was Göteborg also noch zehn Tage gibt. Möglicherweise kommt Jessica Landström wieder zu dem einen oder anderen Einsatz. Sie hatte sich in der Konkurrenz nicht gegen Taylor durchsetzen können und war auf der Bank gelandet, wo sie auch in Frankfurt schon ausgiebig gesessen hatte.

England ein Desaster

Vor vier Jahren hatte England noch im Finale von Helsinki gestanden. 2:6 gegen ein anderes, stärkeres Deutschland verloren, dass mit Birgit Prinz, Inka Grings, Kerstin Garefrekes noch wesentlich dominanter sein konnte als dass in Schweden der Fall war.

Vor dem Turnier gab es die verhagelte Generalprobe. Zwar ging man durch einen gut herausgespielten Treffer von Ellen White in Führung, danach aber zerpflückten Pia Sundhages Schwedinnen England nach Belieben. Hope Powell, seit 15 Jahren im Amt, meinte, dass man aus diesem Spiel keine Schlussfolgerungen ziehen sollte. Beim Turnier, das eine Woche später begann, würde man ein anderes England sehen.

Man sah ein England, das gegen Spanien (2:3) und Frankreich (0:3) verlor und dass gegen Russland mit Müh und Not ein 1:1 schaffte, als der schwer angeschlagene Superstar Kelly Smith in der 94. Minute der jungen Toni Duggan vom FC Everton den Ausgleich auflegte.

England als Gruppenletzter ausgeschieden mit einem Gnadenpünktchen.

Und das wo daheim viel über die seit langem ersehnte Veredelung der Liga, der FA WSL (Women’s Super League) geredet wird.

Dabei sind die Engländerinnen oft nicht mal Halbprofis. Eni Aluko etwa arbeitet ganztags als Anwältin und trainiert nur dreimal die Woche mit den Chelsea Ladies. Deren Trainerin Emma Hayes sagte mir, dass die englische Liga in fünf Jahren die beste der Welt sein werde.

Kaum eine Engländerin präsentierte sich in Normalform. Karen Bardsley zeigte gegen Spanien warum sie während ihrer Zeit in Linköping fast nie spielen durfte, die bei Olympia noch überragende Steph Houghton war nur ein Schatten ihrer selbat.

Was sagt man in England, wo die BBC immerhin brav alles zeigte, als das Team schon längst daheim war? Sind die Tage von Hope Powell gezählt, die Göteborgs Torschützenkönigin Jodie Taylor etwa nicht mit in den Kader nahm?

Powell klammert sich an ihren Sessel, will weiter machen als sei nichts geschehen, aber es rumort im Gebälk auf der Insel. In wenigen Wochen will der englische Fußballverband, die mächtige FA erstmals eine Chefposition für die Entwicklung des Frauenfußballs als Leistungssport benennen. Manche glauben, dass Powell diesen Job bekommen könnte, um sie als Trainerin loszuwerden.

Mögliche Nachfolger könnten Kanadas englischer Trainer John Herdman (der aber vermutlich nicht zu haben sein dürfte) oder Maureen „Mo“ Marley sein, die derzeit die U19 betreut.

Schlüssel aber für Verbesserungen ist die längst überfällige strukturelle Aufrüstung im englischen Frauenfußball. Kelly Smith trainierte nur zweimal die Woche mit Arsenal, ihre Rehabzeiten absolvierte sie andernorts, weil die Arsenal Ladies keinen Zugang zu einem Physiotherapeuten haben.

„Wir müssen einfach Vollzeit trainieren,“ sagt Casey Stoney. „Es ist doch kein Zufall, dass die französischen Spielerinnen zweimal pro Tag trainieren und wir zweimal pro Woche,“ sagte Englands Kapitänin. „Hoffentlich werden einige Teams in der Super League nächstes Jahr auf Vollzeit gehen. Das ist von fundamentaler Wichtigkeit, um den Frauenfußball voranzubringen. Auf internationalem Niveau musst du heute Profi sein, und was immer wir tun müssen, um dahin zu kommen, wir müssen es tun.“

So ist es am Ende wohl weniger die Trainerin schuld als vielmehr die im englischen Frauenfußball noch geradezu antiken Strukturen, die in den führenden Ländern längst Geschichte sind. Viel zu tun und vielleicht gilt ja immer noch was Kelly Smith in ihrer Autobiografie schrieb: Wenn du dich weiterentwickeln willst als Engländerin, musst du leider ins Ausland gehen.

Stimmen zum Spiel Schweden – England

Antonia Göransson: „Ich denke, dass wir zusammen ganz viele Chancen erspielt haben, die Zusammenarbeit hat sehr gut funktioniert und wir haben deren Schwachstellen hinter den Außenverteidigerinnen ausgenutzt. Genau darüber hatten wir vor dem Spiel gesprochen. Natürlich ist das ein tolles Gefühl, dass es so gut gelaufen ist.“

Therese Sjögran: „Ich bin zufrieden mit meinem Einsatz. Ich habe ja schon lange nicht mehr in der Nationalelf gespielt, da sind 45 Minuten natürlich toll. In der zweiten Halbzeit haben wir das Spiel doch sehr dominiert. In der ersten Halbzeit hattren beide Teams ihre Phasen, aber in der zweiten Halbzeit haben wir das Ruder übernommen und verdient gewonnen. Wir wissen, dass wie aber noch arbeiten müssen, in den ersten 20 Minuten lief das nicht so gut, eine trügerische Sicherheit nehmen wir nicht mit aus diesem Spiel.“

Lotta Schelin: „Ich denke, wir hatten ein ordentliches Tempo im Angriff, wir haben die richtigen Räume gefunden und ausgenutzt, wenn die Engländerinnen den Ball im Mittelfeld verloren haben. In der zweiten Halbzeit kamen die kaum noch in unsere Hälfte und waren müde. Wir dagegen haben uns viel bewegt, waren schnell im Angriff und heute hat das Mittelfeld hervorragend gespielt. Wir dürfen aber nicht übermütig werden. Selbstbewusstsein können wir sicher aus diesem Spiel ziehen. Ich glaube, dass die Dänen keine Angst bekommen jetzt, aber die sehen, dass wir was erreichen wollen.“

Pia Sundhage: „Ich bin zufrieden, mit dem was wir gesehen haben. England hat eine Menge Spielerinnen in der zweiten Halbzeit ausgewechselt, das haben wir auch getan und ich bin froh darüber, dass die Debütantinnen Hjohlman und Ilestedt spielen konnten. Sjögran hat aufs GTor geschossen und ich möchte gerne noch mehr Schüsse von Antonia Göransson sehen, sie produziert so viele Chancen und sollte mehr schießen. Wir genießen das das, was wir trainieren, gut funktioniert hat. Eine gute Geeralprobe gibt uns, glaube ich, gute Voraussetzungen, auch im Turnier guten Fußball zu spielen.“

Hope Powell: „Gratulation an Schweden, die haben toll gespielt, besonders wenn man bedenkt, dass sie mit einem Tor hinten lagen. Das war ein sehr guter Test für uns. Physisch waren wir über weite Strecken des Spiels ganz schön daneben. Teilweise haben wir es gut gemacht, aber Schweden hat es bedeutend besser gemacht. Die waren sehr quirlig und schnell und haben unsere Viererkette ganz schön zurückgedrückt. Das hat so fünf bis zehn Minuten gedauert, bis wir auf die Beine gekommen sind. Dann bekamen wir einen Griff um das Spiel, dachte ich. Aber Schweden hat sich zurückgekämpft und uns bezwungen. Man wäre beunruhigt, wenn das ein Spiel im Turnier gewesen wäre, aber es war ein Vorbereitungsspiel.“

 

 

Kreuzbandriss bei Ifeoma Dieke

Am späten Sonntagabend bestätigten sich wieder einmal die Befürchtungen, die ich hege, wann immer eine Spielerin mit schweren Knieschmerzen vom Platz getragen wird: Ifeoma Dieke, 31-Jährige Abwehrspielerin im Team GB und bei Vittsjö GIK, erlitt im Spiel gegen Kamerun einen Kreuzbandriss und fällt damit nicht nur für den Rest von Olympia sondern für die komplette Saison 2012 aus.

Trainerin Hope Powell beantragte beim Internationalen Olympischen Komitee, dass Dunia Susi vom Erstligisten Chelsea Ladies an ihrer Stelle das Turnier weiterspielen darf.

Generalprobe ohne Lotta

Keine Tore fielen am Freitagnachmittag bei der Generalprobe zwischen dem erstmals bei einem Turnier antretenden Team GB und dem WM-Dritten Schweden im Riverside Stadium in Middlesbrough.

Schweden musste wie schon berichtet, ohne Lotta Schelin antreten. Die Weltklassestürmerin von Olympique Lyon leidet an Schmerzen an der Wade und wieder einmal an einer Migräne. Noch ist davon auszugehen, dass sie am 25.07. gegen Südafrika dabei ist.

Es war ein typisches Vorbereitungsspiel. In der ersten Halbzeit gab es mehr Ballbesitz für die Britinnen, die immer wieder über Eniola Aluko kamen. Danach dann wurde das Spiel durch zahlreiche Wechsel verändert und am Ende gar verwässert. Die Aussagekraft solcher Partien ist sehr gering und das Wichtigste für die Trainer, ihre Spielerinnen in einer wettkampfähnlichen Situation Spielminuten sammeln zu lassen. Dass Sofia Lundgren die einzige Spielerin der 18 Nominierten war, die gestern Abend nicht zum Einsatz kam, spricht wohl Bände.

Thomas Dennerby hatte behauptet, dass er sich nach der aktuellen Form für die bessere der beiden Torhüterinnen entscheiden würde, aber hätte die staatliche Lotteriegesellschaft hierfür Quoten angeboten, hätte man für Hedvig Lindahl wohl 1,10 bekommen und für Sofia Lundgren 5,90 oder viel mehr.

Um zehn Uhr heute Morgen (MESZ) twitterte Lundgren denn auch lakonisch: „Gleich Training für die Ersatzbank, man kann ja immer hoffen, dass der Regen aufhört“.

Lindahl ist also wieder gesetzt, weil sie halt im Training besser war. Das müssen wir Thomas Dennerby einfach glauben. Auf der rechten Außenverteidigerposition stand mit Annica Svensson eine weitere persönliche Favoritin des Trainers und nicht Malmös Lina Nilsson. Die durfte aber immerhin ab Minute 46 ran, womit diese Personalentscheidung vielleicht noch nicht endgültig gefallen zu sein scheint. Aber vielleicht soll das auch nur den Anschein erwecken. Wir rechnen fest mit Tyresös Abwehrspielerin bei Olympia.

Team GB? Ifeoma Dieke wurde zur besten Spielerin ernannt. Wie immer vermisste ich bei der von Hope Powell betreuten Auswahl die Genauigkeit und Entschlossenheit im letzten Drittel. Die größte Chance hatte man als Rachel Yankey den Innenpfosten traf. Schweden war zweimal nahe dran, aber beide Male versemmelte Caroline Seger gute EInschussmöglichkeiten.

Ansonsten fand ich das schwedische Angriffsspiel einfallslos, die Defensive recht sicher. Wie immer eigentlich. Nur, dass die Blaugelben halt so spielten, als ob Lotta Schelin vorne wäre, da war aber „nur“ Sofia Jakobsson, die keine Schlechte ist, an die Klasse der in Stockholm geborenen Göteborgerin allerdings bei weitem nicht heranreicht.