Rosengård haushoher Favorit

Fanny Edström (Älta IF) mit einer schönen musikalischen Einlage

Fanny Edström (Älta IF) mit einer schönen musikalischen Einlage

Fast 80% der Teilnehmer am traditionellen „Anstoß“-Treffen der Damallsvenskan, dem medialen Kick-Off, tippten am Dienstagvormittag den FC Rosengård (ehemals LdB FC Malmö, ehemals Malmö FF) als alten und neuen schwedischen Meister. Linköping wird Zweiter und Tresö Dritter, wenn man den Experten glauben schenken darf.

Der schwedische Fußballverband und der Elitföreningen Damfotboll (Interessenvereinigung der ersten und zweiten Liga) hatten zum dritten Mal nacheinander in die prächtigen Berns Salonger in Stockholm eingeladen. Am Vormittag parlierten eine Moderatorin von TV4 und die ehemalige Weltklassespielerin und jetzige Expertin Hanna Marklund mit Trainerpaaren und dann sechs Spielerinnen über die kommende Saison.

Ein Höhepunkt hätte die Begegnung zwischen Jitex‘ ehemaligem Sportchef und neuen Trainer Anders Holmvén und Jitex‘ ehemaligem Trainer und nun Göteborgs Trainer Stefan Rehn werden können. Rehn hatte den Lokalrivalen Jitex verlassen und darüber hinaus auch noch gleich eine Handvoll Spielerinnen mitgenommen. Aber die Beiden beließen es dabei, sich mehr oder weniger zu ignorieren.

Umeås Emma Berglund (links) erleichtert, dass es Piteås Hanna Pettersson wieder besser geht

Umeås Emma Berglund (links) erleichtert, dass es Piteås Hanna Pettersson wieder besser geht

Als dann die ersten sechs Spielerinnen die Bühne betraten und befragt wurden, sah man auf einmal wie Rosengårds Therese Sjögran (die heute ihren 37. Geburtstag feierte) Piteås Stürmerin Hanna Pettersson von der Bühne führen wollte. Pettersson sackte dann schon fast zusammen, es ging ihr offenbar nicht gut, und begleitet von Sjögran und einem Funktionär wurde sie in den Nebenraum geführt. Nur zwei Minuten später war die 26-Jährige wieder da. Von der Moderatorin befragt, ob denn wirklich alles wieder in Ordnung sei, sagte Pettersson: „Ja, danke. Man tut halt alles, um Aufmerksamkeit zu erregen.“

Und das war auch schon der Witz des Tages. Als dann die zweite Liga ihren 20-minütigen Auftritt hatte, kam die 19-Jährige Torhüterin Fanny Edström mit Gitarre und Mikrofon auf die Bühne und wenn man sich in die Nationalmannschaft singen könnte, dann wäre Edström wohl im nächsten Aufgebot, denn die nicht gerade unmusikalische Pia Sundhage wiegte sich begeistert im Takt.

Wie immer gab es eine Menge interessanter und weniger interessanter Umfragen, die wir Anwesenden mit unseren Abstimmungsgeräten klären sollten. Und da ergaben sich nicht weniger als 79,5%, die auf Rosengård als Meister tippen. Stefan Edberg, nein, nicht der Tennisspieler, sondern sein Namensvetter von der staatlichen Lotteriegesellschaft Svenska Spel, die sich zum wichtigsten Sponsor entwickelt hat, gab die Langzeitquoten bekannt. Rosengård bringt lediglich 1,7 als Meister, man ist bei der Lotterie aber optimistisch, was Tyresö angeht, denn die sollen Zweiter werden. Glaubt man Edberg, dann wird Anja Mittag zum zweiten Mal nach 2012 Torschützenkönigin.

Und obwohl Tyresö am Vormittag nicht auf die Bühne musste, dominierte es doch an der Nachrichtenfront. Auf Facebook gab Präsident Hans Lindberg bekannt, dass man in der jetzigen Situation nicht imstande sei, die im Sommer auslaufenden Verträge von Marta und Caroline Seger zu verlängern. Man könne sich vorstellen, die Spielerinnen schon Ende Mai freizugeben, damit sie z.B. in die USA wechseln könnten.

Marta wird schon seit einigen Tagen in der norwegischen Presse mit Tyresö-Nachahmer Avaldsnes IL in Verbindung gebracht. Arne Utvik, der Löfgren aus Norwegen, bestätigte gegenüber dem norwegischen Fernsehen auch, dass er mal eine Anfrage von Martas Agent bekommen habe, aber es sei daraufhin nichts weiter geschehen. Viel Rauch um fast gar nichts in dieser Norwegen-Spur, scheint mir.

Caroline Seger wurde dann gleich mal vom schwedischen Fernsehen angerufen und zeigte sich gelinde gesagt, empört. Sie hatte um die Mittagszeit, vor oder nach der Facebooknachricht des Clubs, eine E-Mail bekommen, in der ihr mitgeteilt wurde, dass sie sich wohl einen neuen Verein suchen müsse. „Ich weiß nicht so recht, was passiert. Enttäuscht ist zu wenig gesagt. All das ist in sehr kurzer Zeit geschehen und mit dem Gedanken an die Champions League ist das sicher nicht optimal,“ so Seger.

Sie wolle weg, sagte sie denn auch erstmals so deutlich wie nie zuvor. „Das einzige, was ich weiß, ist, dass mein nächster Verein nicht solche Probleme haben wird. Es wird ein professioneller Club sein und eine Organisation, die das erledigt, was erledigt werden muss, damit ich mich auf den Fußball konzentrieren kann. Das ist das einzige, was ich über meine Zukunft weiß.“

Auch Carola Söbergs Vertrag läuft aus und auch ihr legt man keine Steine in den Weg, um Gehaltskosten zu sparen.

Interessierte deutsche Vereine können sich also umgehend bei Caroline Seger oder Marta melden… Tyresö würde sie ab dem 31.05. freistellen, was mit dem Gedanken an die Saison in Deutschland oder Frankreich sicher nicht optimal ist.

Trainer Tony Gustavsson sprach dann später von der weißen Linie, innerhalb derer sich die Mannschaft bewege. Man sei noch enger zusammengewachsen und es klingt fast als sei das Team und die Trainer auf der einen Seite und die Welt auf der anderen. Freundschaftlich scheint da niemand mehr dem Vorstand mit Hans Lindberg verbunden zu sein. Lindberg saß denn auch alleine beim Mittagessen. Über das Afrika-Projekt, das den Verein angeblich in der ersten Liga halten kann, konnte er noch immer nichts bekanntgeben. Man arbeite daran.

Als die junge Malin Diaz auf der Bühne stand, Trainer Gustavsson hatte sie vorher noch als eine der besten Kunstrasenspielerinnen Schwedens bezeichnet, da sprachen die Blicke der Konkurrentinnen Bände, dabei kann die kleine, junge Malin natürlich nichts für die Misere, in die gierige und unkundige Funktionäre den Verein reingewirtschaftet haben.

Zuviel Tyresö.

Was gab es sonst noch? Interessant, dass sich Kristianstads Trainerin Elisabet Gunnarsdottir sehr selbstkritisch gab und vor allem für 2014 weniger „Mädchenprobleme“ wünschte. Ein zarter Hinweis darauf, dass es in der Mannschaft 2013 betriebsklimatische Probleme gab, die zum schlechten Abschneiden beitrugen.

Man fragt sich ja immer, warum es in der ersten und zweiten Liga jeweils nur eine Trainerin unter lauter Männern gibt. Vielleicht haben Gunnarsdottir und die Zweitligatrainerin und Ex-Nationalspielerin Linda Fagerström (Trainerin bei Jennifer Meiers letztem Verein Bollstanäs SK) darauf eine Antwort gegeben, denn auch Fagerström sagte, dass es „verdammt schwer“ sei, „eine Truppe Mädels zu bändigen“.

Über das Publikumsproblem wurde diskutiert und Victoria Sandell Svensson meinte, darüber würdn wir jedes Jahr reden und dabei sei es einfach so, dass viele Schweden im Sommer zu ihren Hütten fahren und den Fußball sein ließen. Ihr Ex-Clubchef und jetzige Präsident des EFD Per Darnell sagte, man habe eigentlich schon alles probiert und wisse auch nicht so genau, woran es liegt, man habe tolle Stadien… Hallo?

Ich habe keine Probleme mit den Sportplätzen und Stadien, aber vom Wohlfühlfaktor der bei der EM letztes Jahr benutzen Männerstadien sind die Frauenarenen doch noch weit entfernt. Aber vielleicht ist es Murphy’s Gesetz. Da sagte einer, er ginge nicht hin, weil da so wenig Zuschauer seien und auf die Frage, ob er denn selber hingehe, sagte er nein.

Pia Sundhage skizzierte den Weg nach Kanada 2015

Pia Sundhage skizzierte den Weg nach Kanada 2015

Pia Sundhage hatte einen Auftritt und beschrieb den Weg der Nationalelf nach Kanada. Sie wolle enger mit den Vereinen zusammenarbeiten und will alle Clubs besuchen und auch das Training anschauen. Eigentlich wünscht sie sich, dass Blöcke der Nationalelf in schwedischen Vereinen spielen, aber sie ahnt wohl, dass das nicht mehr geht.

Und so endete der Tag dann mit der Gelegenheit, Interviews zu machen und die streue ich in den nächsten Tagen hier ein.

Am Sonntag spielt dann Meister Rosengård in Solna bei Aufsteiger AIK und die Liga startet in die neue Saison.

Tyresö Favorit

Tyresös Kapitänin Johanna Frisk und Trainer Tony Gustafsson

Tyresös Kapitänin Johanna Frisk und Trainer Tony Gustafsson

Das diesjährige Auftakttreffen der Damallsvenskan fand bei Berns in Stockholm statt. Die Berns salonger, wie das Gebäude eigentlich heißt, stehen schon seit 1863 hier, feiern also dieses Jahr 150-Jähriges Jubiläum. Eine luxuriöse Einrahmung im EM-Jahr, im vergangenen Jahr trafen wir uns noch in einem Scandic-Hotel in Göteborg mit dem Charme der 1980er Jahre.

Wie immer wurde der Vormittag und ein Teil des Nachmittags damit verbracht, dass die beiden Moderatorinnen, Fernsehjournalistin Anna Brolin und Expertin Hanna Marklund Gespräche mit den Trainern und einer oder mehreren Spielerinnen der 12 Clubs der Damallsvenskan führte. Das Erkenntnisinteresse dieser Gespräche ist meist gering.

Am interessantesten Martin Sjögrens deutliche Worte, dass Nilla Fischer zwar aufgrund der Verletzung von Jennie Nordin gegenwärtig Innenverteidigung bei Linköpings FC spielen würde, dass sie aber in der besten Startformation ins Mittelfeld rutschen würde – entgegen dem Willen von Pia Sundhage, die dem Treffen heute wegen Krankheit fernblieb. Sie hätte uns alle nur mit ihrer in Växjö geholten Erkältung angesteckt.

Interessant auch die Äußerungen von Kristianstads kluger Trainerin Elisabet Gunnarsdottir beim Kaffeetrinken, dass ein Grund für den häufigeren Einsatz von ausländischen Spielerinnen in schwedischen Clubs ganz einfach derjenige ist, dass ausländische Spielerinnen häufiger zur Verfügung stehen als hochtalentierte schwedische Spielerinnen. Die Schwedinnen seien dann halt immer wieder auf internationalen Turnieren oder Einsätzen weg, während man die ausländischen Spielerinnen mehr Tage beim Verein hätte. Gunnarsdottir erklärte mir auch das bislang vorhandene Paradox, dass einige sagen, ausländische Spielerinnen seien billiger als schwedische Spielerinnen damit, dass Ausländerinnen oft geringere Gehaltsansprüche hätten als schwedische Spielerinnen, von denen viele das Maß nicht kennen würden, mit dem die Clubs wirtschaften müssten.

Immer noch ist die Isländerin die einzige Frau unter zwölf Männern in der ersten Liga (Vittsjö wird wie im Vorjahr von zwei gleichberechtigten Cheftrainern geleitet).

Wie immer wurden wir mit sogenannten Manometern angehalten, alle möglichen, in diesem Jahr sehr salopp formulierten und teilweise unseriöse Fragen (Bei Piteå galt es auf eine von drei Alternativen zu reagieren: 1) Kommen unter die Top 3 dieses Jahr; 2) Schaffen mal so wieder die Platzierung wie letztes Jahr [8.] und 3) Die steigen ab – dass man sich von 8 kommend bis auf 4 verbessern könnte wurde nicht bedacht; ich fragte mich, wer sich das und schlimmeres ausgedacht hatte) zu beantworten. Vor den Interviews auf der Bühne tippten 64,1% der Anwesenden ca. 120 Personen Tyresö FF als alten und neuen Meister, nachher waren es dann nur noch 52%. Malmö ist klarer Anwärter auf den zweiten Platz. Wenn die Experten Recht behalten, heißen die Absteiger Mallbacken und KIF Örebro.

Göran Havik, der Leiter des OK der EM, hatte natürlich seinen Auftritt und er berichtete von der großartigen Arbeit der lokalen Komitees in Halmstad, Göteborg, Växjö, Kalmar, Linköping, Norrköping und Solna. Bislang seien schon 54.000 von 215.000 Karten verkauft. Insbesonders die schwedischen Spiele haben eine große Nachfrage, die Begegnung zwischen Schweden und Dänemark am 10. Juli in Göteborg ist sogar ausverkauft. Dabei gelte es aber auch, die anderen Spiele zu füllen, das sei die Herausforderung. Man wolle sich dabei nicht mir einer WM oder Deutschland 2011 messen. Aber an den anderen EMs will man sich messen lassen und ist sich im Klaren darüber, dass der Erfolg oder Misserfolg des Turniers an den Zuschauerzahlen gemessen werden wird. Man habe für alle Spiele schon Karten verkauft und so wertete Havik selbst die lediglich 700 verkauften Tickets für das Spiel England – Frankreich am 18. Juli in Linköping als Erfolg. Dabei ist dieses Spiel doch einer der fußballerischen Höhepunkte der Vorrunde. Und die Zahl eher ein Indiz dafür, dass da noch viel Arbeit zu leisten ist, damit es nicht bei der einen oder anderen oder eben bei vielen Begegnungen leere Ränge gibt. Warum das Turnier ausgerechnet im Juli, DEM Urlaubsmonat, wo die Schweden verreisen, stattfindet, hat sich mir auch noch nicht erschlossen, denn die EURO 09 in Finnland fand Ende August / Anfang September statt. Immerhin ist allgemein bekannt, dass etwa 80-90% der Zuschauer eines internationalen Sportereignisses aus dem Gastgeberland kommen.

Am Nachmittag hatte man dann wie immer Gelegenheit, sich mit Trainern und Spielerinnen individuell zu unterhalten. Wie immer verschwand Kopparberg/Göteborgs FC schon fünfzehn Minuten nach Beginn (Zeit für eine Beschwerde), aber die anderen nahmen sich sehr viel Zeit. Und so kann ich in diesem Blog für die kommenden Tage vor Saisonstart Interviews mit Ramona Bachmann (LdB FC Malmö), Anna Westerlund (Piteå IF), Susanne Nilsson (Sunnanå SK) und last, but not least Josefine Öqvist (Kristianstads DFF) ankündigen.

Julia Spetsmark nach Sunnanå

Perpetua_Nkwocha

Perpetua Nkwocha stürmt bald mit Julia Spetsmark

Der Aufsteiger aus Skellefteå hat den Wettstreit um eine Spielerin gewonnen, die angeblich die halbe Liga haben wollte: Julia Spetsmark wechselt von QBIK in Karlstad nach Nordosten zu Sunnanå SK. Die 23-Jährige war im Januar sogar von Pia Sundhage in den 28-köpfigen Kader berufen worden, der auf Bosön zusammenkam, fehlt aber in der Reduktion auf 23 Spielerinnen. Spetsmark wird beim Traditionsverein, für den auch Bianca Rech und Rebecca Smith gespielt haben (nicht zu vergessen Hanna Marklund) wohl neben der 37-Jährigen Perpetua Nkwocha eingesetzt werden. Nkwocha war drei Mal Afrikas Fußballerin des Jahres und ist seit mehreren Jahren in Nordschweden zu Hause.