Frankreich

Die französische Saison endete am nächsten Wochenende, aber die Elf der Saison wurde bereits veröffentlicht, ihr gehören gleich sechs Spielerinnen vom UWCL-Finalisten Olympique an, keine Schwedin, dafür aber die überlegene Siegerin der Torschützenliste Ada Stolsmo Hegerberg aus Norwegen, die 33 Tore in 21 Spielen erzielte. Hegerberg liegt damit 18 Tore (!) vor der Brasilianerin Cristiane (PSG) und 19 vor Lotta Schelin aus dem eigenen Team.

Anja Mittag (PSG) traf neun Mal, Sofia Jakobsson (Montpellier) erzielte acht Tore. Lyons deutsche Spielerin Pauline Bremer traf immerhin fünf Mal.

Die Assistliste führt Lyons Camille Abily an (13), vor ihren Mannschaftskameradinnen Louise Necib (11) und Eugenie Le Somer sowie Elodie Thomis (je 9).

Lyon hat ein Torverhältnis von 114: 3 und könnte noch die 120er Grenze passieren, obwohl der letzte Gegner am Samstag Montpellier sein wird. Schon der Tabellenfünfte Rodez hat ein negatives Torverhältnis, weil halt alle Vereine hohe Niederlagen gegen Lyon und auch PSG beziehen. Das spricht nicht für die Stärke und Ausgeglichenheit einer Liga, die zwei europäische Topvereine hat, wobei Lyon allerdings noch einmal in einer eigenen Klasse spielt.

 

 

ffschweden im Gespräch mit: Lotta Schelin

Lotta01Lotta Schelins Karriere habe ich über die Jahre hinweg beobachtet. Ich sah sie als junge Spielerin bei Kopparberg/Göteborgs FC, einem Verein, der zu ihren Zeiten im oberen Mittelfeld der Liga spielte, für den sie aber Tor um Tor schoss. International ließ ihr Durchbruch auf sich warten. Ich war überzeugt, dass er irgendwann kommt und nach einem Spiel bei Hammarby, bei dem sie beide Tore schoss, habe ich sie mit Thierry Henry verglichen. Das Tabu sozusagen gebrochen. Dass man nicht vergleichen darf. Umso erleichterter war ich, als ich später in einem Interview las, dass Lotta Schelin eine DVD besitzt, auf der weit über hundert Tore Henrys hintereinander geschnitten sind.

Zum ersten Mal mit ihr geredet habe ich dann 2007 im November. Es war nach dem Spiel Schweden – Dänemark im Råsunda-Stadion von Stockholm. Schweden qualifizierte sich in einem Play-Off für die Olympischen Spiele in China im Jahr darauf. Schon da fiel sie mir als angenehme Gesprächspartnerin auf, es war kein Interview, wir waren in der Mixed Zone und sprachen knapp 20 Minuten angeregt über die abgelaufene Saison, die Olympiade und die Zukunft des Frauenfußballs.

In Deutschland zweifelte man immer an ihrem möglichen Durchbruch zum Weltstar, den ich erhoffte, weil ich das große Talent der damals 23-Jährigen schon mehrfach mit eigenen Augen auf den Fußballplätzen der Damallsvenskan hatte sehen können. Sie ging nach Frankreich zu Olympique Lyon, eine Entscheidung, die viele kritisierten, auch ich war sehr skeptisch, ob das der richtige Schritt sein könnte, denn Lyon war zwar ein gutes Team, aber viel zu überlegen in Frankreich und um sich als Fußballspielerin zu entwickeln, brauchte man regelmäßige Spiele gegen die Besten, glaubte ich.

Lotta Schelin behielt Recht, sie gewann zahlreiche Meistertitel mit Lyon und nach zwei verlorenen Duellen mit deutschen Mannschaften in der Champions League, holten sie sich dann auch den Titel und niemand zweifelte mehr daran, dass Lyon Europas beste Mannschaft ist. Lotta entwickelte sich zu einer der Leistungsträgerinnen dieser Mannschaft und in Schweden immer mehr zur Führungsspielerin der Nationalmannschaft.

Lotta2Im Februar 2013 traf ich sie kurz in der Friends Arena, in der die Natio trainierte, weil Pia Sundhage den Traum, hierhin zu einem EM-Finale zurückzukehren, nähren wollte. Es wurde nichts draus, wie wir alle wissen.

Tiffany Weimer, Chefredakteurin von OurGameMagazine und gleichzeitig Spielerin beim dänischen Fußballclub Fortuna Hjørring kontaktierte mich, und fragte, ob ich nicht ein langes Interview mit Lotta machen könne, im Vorfeld der EM. Sie selber hätten vergeblich aus den USA versucht, in Kontakt zu kommen.

Ich besaß lediglich Lotta Schelins alte, schwedische Handynummer, hatte aber unverschämtes Glück. Über eine gute Freundin der Nationalspielerin kam ich dann doch in Kontakt und als ich dann schließlich eine Mail aus Lyon bekam mit dem ok und einer französischen Handynummer, jubelte ich innerlich. Wir mussten dann mehrfach verschieben, aber irgendwann Anfang Mai war es dann soweit und aus unserem ca. 45-minütigen Gespräch entstand der Artikel für OurGameMagazine, den ich hier jetzt erstmals auf Deutsch, leicht gekürzt, veröffentliche.

Lotta Schelin. Stürmerin. 29 Jahre alt. Geboren in Trångsund, außerhalb von Stockholm, aber aufgewachsen in Göteborg. Jetziger Verein: Olympique Lyonnais, nach Ansicht vieler Experten die beste Frauenfußballmannschaft der Welt.

Lotta Schelin. 118 Länderspiele für Schweden. 51 Tore. Dreifache Gewinnerin des „Diamantballs“ für die beste schwedische Spielerin des Jahres. Zweifache Gewinnerin der Champions League. Fünffache französische Meisterin. Notorische Torschützin. Sehr schnell, technisch, elegant, gefährlich.

Es gibt wenig Zweifel daran, dass Lotta Schelin gegenwärtig zu den besten Fußballspielerinnen der Welt gehört und sie spielt für eine Mannschaft, in der sich viele gar nicht erinnern können, wann sie zuletzt verloren haben. „Ich glaube, irgendwann 2010,“ sagte Lotta in einem Interview mit dem schwedischen Fernsehen im März als Lyon nach einem vernichtenden 5:0 Sieg gegen das schwedische Topteam LdB FC Malmö auch das Rückspiel mit 3:0 gewann, ein Spiel, bei dem Lotta das 1:0 auf sehr typische Weise erzielte. Ein perfekter Pass von Camille Abily und Lotta bewegt sich schnell und scharf wie eine Rasierklinge durch die Malmöer Abwehr und legt den Ball lässig und elegant in die Ecke des von Thora Helgadottir gehüteten Tores.

Obwohl man zusammengerechnet 0:8 verloren hatte, gab es viele, die behaupteten, dass man gar nicht so weit weg gewesen sei vom französischen Gegner, dass der Unterschied nicht so groß sei, wie das Ergebnis glauben lässt. Als ich ein paar Wochen nach den Spielen mit der Schweizer Stürmerin Ramona Bachmann redete, hob sie hervor, dass der größte Unterschied zwischen Malmö und Lyon der Umstand sei, dass Lyon jetzt eine Mannschaft habe, die mehrere Spielzeiten zusammen gewesen wäre.

Ist es so einfach, dass Lyon eine Reihe von Weltklassespielerinnen hat, die ein paar Jahre zusammen gespielt haben oder steckt doch mehr dahinter? Ich fragte Lotta Schelin.

„Ja, ich denke, dass das einer der Gründe ist. Aber ich glaube, dass ein weiterer Unterschied ist, dass wir so viele Nationalspielerinnen auf dem allerhöchsten Niveau haben. Das bedeutet, dass wir unsere Startformation ändern können, so dass jeder mal spielen kann und die Möglichkeit bekommt, auszuruhen, wenn es mal nötig ist. Solche Sachen sind wichtig. Ich glaube auch, dass wir viele Topeigenschaften haben. Wir haben technische Fähigkeiten, wir sind sehr schnell, wir haben Spielerinnen, die Tore machen können, wir sind bei Kopfbällen sehr gut. Ich glaube, das ist wirklich speziell und wenn du alle diese Teile zusammenbekommst, dann hast du eine wirklich gute Mischung.“

Lotta3Als du nach Frankreich gekommen bist, war die Mannschaft noch nicht so gut wie heute. Was hat euch an die Spitze gebracht?

„Ich geb dir Recht,“ sagt Lotta. „Wir waren noch nicht so weit, noch nicht. Wir hatten ein paar Probleme in der Abwehr. Wir haben nicht auf demselben Niveau gespielt damals, hatten Hochs und Tiefs. Heute denke ich, dass wir ein sehr hohes Niveau haben, auch in der Abwehr. Ich glaube, die letzte Zutat, die wir brauchten, war unser Trainer Patrice Lair. Er kam, änderte ein paar Dinge und er brachte auch ein paar Spielerinnen mit. Französische Spielerinnen auf einem hohen Niveau. Anstatt acht oder neun ausländischer Spielerinnen, hatten wir auf einmal nur noch drei. Patrice kam und hat allen Spielerinnen Druck gemacht, selbst denen, die glaubten, sie hätten sichere Plätze in der Startelf. Louisa Necib zum Beispiel, sie war eine Startspielerin, aber sie hatte so viel mehr zu geben. Sie hat sich unter Patrice um einiges weiterentwickelt, weil er Druck gemacht hat und es ihr ermöglichte, ihren besten Fußball zu spielen. Das heißt natürlich nicht, dass Farid Benstiti, der Lyon neun Jahre vorher trainiert hat, kein guter Trainer war. Aber das Team brauchte vielleicht einen Neuen. Patrice ist ein ganz besonderer Mensch. Er verlangt unglaublich viel von seinen Spielerinnen. Und ich denke, das war das letzte Puzzleteilchen, das wir brauchten, um ganz nach oben zu kommen.“

Wir sprechen über den Beginn in Frankreich und die Kritik am Wechsel dorthin aus Schweden.

„Nach meinen Gesprächen mit Lyon war ich sicher, dass die wirklich etwas bewegen wollten. Die investierten einiges, nicht nur um weiterhin die beste Mannschaft in Frankreich zu sein, sondern um die beste Mannschaft Europas zu werden. Sie mochten Spielerinnen aus den nordischen Ländern und in meinem Fall war es gut, dass ich aus Schweden kam und eine ordentliche Torproduktion zu dieser Zeit. Sie mochten die nordeuropäische Mentalität, die diese Spielerinnen mitbrachten. Heute, nach viereinhalb Jahren und dem Erfolg, den das Team gehabt hat, ist es wohl klar, dass ich sehr glücklich bin, 2008 diese Entscheidung getroffen zu haben.“

Nicht nur Olympique Lyon hat sich seitdem verbessert, auch andere Teams wie Juvisy, Montpellier oder Paris Saint-Germains haben sich zu den besseren Mannschaften des Kontinents gesellt. Obwohl es Lotta Schelin wichtig ist, zu unterstreichen, dass selbst Paris ihrer Mannschaft – bisher – noch nicht richtig auf den Pelz gerückt ist.

In Frankreich zu leben und zu spielen, hieß auch, sich an eine neue Sprache und Kultur zu gewöhnen. Was den Fußball angeht, auch eine andere Art, das Spiel zu spielen. Lotta erklärt mir, dass es eine Weile gedauert hat, dass man in Frankreich erwartet, dass eine Stürmerin den Ball mit dem Rücken zum Tor des Gegners annimmt, während man in Schweden Wert darauf legt, dass man in Torrichtung steht.

Ein weiterer Unterschied war die Berichterstattung der Medien über Frauenfußball, wenigstens am Anfang. In einem schwedischen Radioprogramm im Sommer 2012 erwähnte Lotta Schelin eine Fernsehreportage, die sie zusammen mit Mitspielerinnen machen sollte. Der Journalist bat sie, in einem Einkaufszentrum durch ein paar Geschäfte zu bummeln, was Lotta eigentlich nicht wollte, dann aber doch tat. Als der Beitrag gesendet wurde, sagte der Reporter, dass obwohl sie Fußballspielerinnen seien, würden sie natürlich gerne das tun, was jede Frau gern tut – shoppen. Ich spreche sie darauf an und sie erzählt mir, dass sich das geändert hat.

„Ja, das war vor ein paar Jahren. Die mussten auf etwas Bezug nehmen, dass ihnen vertraut war, weil sie noch nicht so viel über uns wussten. Heute finde ich, dass es viel besser ist. Die Journalisten in Frankreich wissen, dass wir die beste Mannschaft Europas sind und bei Interviews geht es mehr darum, was wir auf dem Platz leisten. Aber das kann auch schon wieder passieren. Damals dachte ich, dass es so falsch war, uns in diesen Kontext zu stellen.“

Immer wenn man dich sieht oder auch trifft, bist du sehr freundlich, nett und aufmerksam. Ich frage mich, was dich wütend machen kann und ob das überhaupt möglich ist?

„Naja“, antwortet Lotta Schelin und lacht. „Es gibt wirklich eine Menge Dinge, die mich wütend machen können. Etwas, das mich wirklich in Gang setzt, das ist Ungerechtigkeit. Ungerechtigkeit in jeder Form. Dann Dinge, die die Rolle der Frau in der Gesellschaft betreffen oder wenn Menschen schlecht behandelt werden. Armut. Aber Ungerechtigkeit ist wirklich etwas, das mich wütend macht. Die französischen Spielerinnen in unserem Team besuchen oft Schulen und treffen junge Mädchen und gerade letzte Woche war ich auch in einer Schule und wir haben über das Recht auf Gleichberechtigung mit den jungen Mädchen gesprochen. Das ist wirklich etwas Gutes, das wir ab und zu machen können.“

Wir sprechen über den bevorstehenden Sommer, die EM in der Heimat und das Faktum, dass Lotta überall auf den Titelseiten und in den Fernsehprogrammen zu sehen ist. Ob das zwar stressig, aber nicht auch eine schöne Anerkennung sei, will ich wissen.

„Ich versuche, es tatsächlich so zu sehen. Dann setzt es mich natürlich auch ganz schön unter Druck und auch wie Pia über mich gesprochen hat, hat Druck auf mich gelegt, aber ich versuche wirklich, es so zu sehen wie du sagst. Ich habe so viele jahre gespielt und so viel von mir selber gegeben. Ich sehe das positiv. Ich hoffe, das wir gut vorbereitet sein werden, daran hab ich eigentlich keinen Zweifel. Hoffentlich können wir diesen Sommer etwas Herrliches schaffen. Für uns, aber auch für den Frauenfußball allgemein.“

[…]

In einer Talskhow mit dem norwegischen Fernsehmoderator Frederik Skavlan ist Lotta eine intelligente und humorvolle Gesprächspartnerin und ich finde, sie hat den Frauenfußball auf die bestmögliche Weise vertreten. Du musst eine große innere Stärke haben, all das so zu schaffen. Auf dem Platz, aber auch in den Medien. Woher kommt das?

„Ich bin menschlich in jeder Hinsicht,“ lacht sie. „Ich bion aktiv in einem Sport, der sehr viel Hier und Jetzt passiert. Es ist sehr schwer, auf alten Lorbeeren zu ruhen. Ich denke, dass ich durch das älter werden viele Erfahrungen gesammelt habe und mit dem Hintergrund was ich in den letzten Jahren erreicht habe, weiß ich, dass du Sachen schaffen kannst, solange du gut in Form bist. Und ich hab auch gelernt, dass es meist gut wird, wenn ich mein Bestes gebe.“

„Du kannst immer alle Situationen analysieren und überlegen, was du hättest noch besser machen können oder was du beim nächsten Mal besser machen musst. Aber ich denke, dass das Wichtigste ist, dass du mit dir selber klarkommst. Dass du weißt, was du tun kannst. Dann kannst du auch sagen, oh, das heute war nicht gut. Damit hab ich kein Problem. Diese Leistung bin nicht ich, das ist nicht Lotta, nicht einmal die Fußball-Lotta. Es ist sehr wichtig, dass du das trennen kannst. Ich habe kein Problem, meine Leistung zu diskutieren, aber das bedeutet nicht, dass ich keine gute Fußballspielerin bin. Ich weiß, dass ich ein gewisses Potential habe. Du wirst immer weniger gute Spiele machen, eine weniger gute Saison spielen, aber es wichtig, dass du Abstand dazu haben kannst.“

Mit diesem Denken hat Lotta auch eine Strategie für das Kämpfen gegen die Migräneanfälle entwickelt, die sie seit Jahren quälen?

„Es war total wichtig für mich, diese Diagnose zu bekommen, Wissen über die Krankheit anzusammeln und wissen wie ich mich verhalten kann. Wenn du weißt, woran du leidest und wenn es möglich ist, etwas dagegen zu tun, wird es viel einfacher. Ich habe immer noch schlechte Tage, aber ich habe gelernt, wie ich damit umgehen kann. Ich weiß zum Beispiel, dass ich bestimmte Sachen beim Kopfballtraining nicht machen darf. „

Bisher bist du das Gesicht der kommenden EM. Welche anderen Spielerinnen können ebenfalls in den Mittelpunkt rücken?

 “Da gibt es viele. Camille Abily zum Beispiel, meine Mitspielerin aus Lyon. Sie ist eine der besten Fußballerinnen Europas. Wendy Renard, Innenverteidigerin. Schwer jemand zu finden, der auf ihrem Level spielt. Und natürlich gibt es andere. Einige die in Schweden spielen. Manon Melis und Anja Mittag zum Beispiel.”

 Wir beenden unser langes Gespräch, in dem wir etwas über die private Lotta reden. Welche Musik sie mag, welche Serien sie sich anschaut. Während ihres Radioprogramms im Sommer 2012 spielte sie vorwiegend ruhige Popmusik, oft mit Sängerinnen. Florence & The Machine war dabei, Birdy. Und Bruce Springsteen mit “Paradise” einem langsamen Stück von seinem Album “The Rising.”

 “Ich bin nicht wirklich gut darin, meine Musik upzudaten,” gibt sie zu. “Vor kurzem hab ich Musik von [Caroline] Seger bekommen, sie ist der DJ der Nationalmannschaft, wenn du so willst. Vor Spielen hören wir oft R’n’B, uptempo-Stücke. Ich höre so ziemlich alles, aber wie du gesagt hast, wenn ich selber höre, ist es oft ziemlich ruhige Musik.”

 In ihrer Freizeit in Lyon geht sie gerne auswärts essen und Lotta weist darauf hin, dass es in der Stadt, in der sie lebt, wirklich sehr gute Restaurants gibt. “Ich bin sehr gerne zu Hause und koche da. Aber ich kann auch sozial sein, bin jemand der gern andere trifft und draußen Spaß hat. Es gibt nicht so viele Partys, vielleicht mal, wenn wir etwas gewonnen haben.”

 In einem Interview für das amerikanische Studio 90 des amerikanischen Fußballverbands US-Soccer zusammen mit Hope Solo, hast du mal gesagt, dass du gerne Desperate Housewives siehst. Siehst du gerade irgendwelche Serien?

 “Es gibt tatsächlich recht viele. Besonders, wenn du so wie wir, viel in Bussen, Zügen oder Flugzeugen unterwegs bist, wir haben immer sowas dabei. Im Moment schaue ich Dexter, die Sopranos und Girls, aber es gibt nicht den Favoriten.”

 Es ist fast Zeit, dieses lange Interview mit Lotta Schelin zu beenden. Zwei Fragen stehen noch auf meiner Liste.

 Wo ist der Frauenfußball in zehn Jahren?

 “Ich glaube wirklich an den Frauenfußball,” antwortet Lotta. “Ich bin zum Beispiel fünf Jahre hier in Lyon gewesen und ich hab gesehen, welche Entwicklung dieses Projekt genommen hat. Jetzt haben andere Vereine reagiert. Jemand von der FIFA hat gesagt, dass man den Männerfußball nicht mehr so groß weiterentwickeln kann, dass der Frauenfußball aber sehr viel Potential hat. Da gibt es noch so viel zu tun und so viel zu erreichen. Wenn die großen Clubs mehr investieren, werden wir eine positive Entwicklung haben. Schau dir Lyon an. Wir gehören zu den besten Teams der Welt und das Vereinslogo geht um die Welt. Die schwedische Liga steht auf sehr soliden Füßen. Eine Sache, die wir überlegen solten, wäre die Spielzeit an Frankreich und Deutschland anzupassen, um dieselbe Mannschaft in einer Champions-League-Saison behalten zu können und somit besser vorbereitet in die Viertelfinals zu gehen, aber ich finde, dass die Damallsvenskan ein recht ausgeglichenes Niveau hat.”

Und wo wird Lotta Schelin in zehn Jahren sein?

“Wo ich in zehn Jahren bin? Naja, wahrscheinlich werde ich nicht mehr Fußball spiuelen. Schwer zu sagen, aber ich glaube, ich werde wieder in Schweden sein. Ich hab daran gedacht mit einer guten Freundin ein Café zu eröffnen. Sehr wahrscheinlich werde ich Verbindung zum Fußball haben. Ich werde immer auf die eine oder andere Weise mit Fußball zu tun haben.”

Frankreich – Schweden 12:1

DSC05586Zählt man die beiden Begegnungen des Champions-League-Viertelfinals zusammen, dann haben die fanzösischen Mannschaften vier Siege und 12:1 Tore gegen die beiden schwedischen Teams LdB FC Malmö und Kopparberg/Göteborgs FC eingefahren.

Auch das letzte Aufeinandertreffen dieser Viertelfinalsuite gestern Abend auf dem Malmö IP endete mit einem letztlich souveränen 3:0-Sieg von Oympique Lyonnais. Dabei hatte sich der schwedische Vizemeister etwas vorgenommen. Wollte sich rehabilitieren für das 0:5 aus Frankreich. Trainer Jonas Eidevall hatte sein Team auf lediglich zwei Positionen umgestellt: Katrine Veje kam für Elin Rubensson und Amanda Ilestedt für Paula Radtke. Beide Veränderungen verbesserten die Qualität. Lyon begann verhalten, sah den Ausflug ins bitterkalte Schweden (Temperatur um den Gefrierpunkt, aber eisiger Wind) wohl vor allem als notwendiges Trainingsspiel. Lotta Schelin äußerte sich auch nach dem Spiel dahingehend, dass man die erste Halbzeit zu passiv gespielt habe. Malmö hatte Chancen. Meist war Katrine Veje daran beteiligt. Aber das Tor und den Beweis seiner Klasse – den lieferte der Titelverteidiger. Camille Abily spielte einen tödlichen Pass zwischen Ilestedt und Kapitänin Malin Levenstad und Lotta Schelin schaltete auf Turbo, zog den beiden Landsfrauen spielend davon und plazierte den Ball fast schon lässig arrogant, aber vor allem eiskalt an der herauseilenden Thora Helgadottir vorbei zur Führung.

In der zweiten Halbzeit steigerte sich Lyon dann und übernahm immer mehr die volle Kontrolle über das Geschehen. Megan Rapinoe wurde wieder eingewechselt (wie im Hinspiel) und schoss den Ball an die Querlatte. Die Fernsehaufnahmen zeigen mehr als deutlich, dass das Leder NICHT hinter der Linie war, aber es stand dennoch 2:0, weil es keine Torkameras gibt und die Linienrichterin sich sicher war. Aber es gab auch schon keine großen Proteste mehr. Malmö ergab sich jetzt seinem Schicksal. Das 3:0 lag am Ende in der Luft und es kam auch nach einem Kopfball von Wendie Renard.

Die Interviews waren leider nicht möglich, weil die UEFA jegliche Medienaktivitäten (außer Fernsehen) auf dem Platz verbietet und weil Malmö auch über keine Mixed Zone verfügt. Die Spielerinnen beeilten sich, in den Bus zu kommen. Pflicht erfüllt. Das Interesse an diesem Spiel war aber auch enttäuschend gering: Nur 1.256 Zuschauer wollten die beste Mannschaft Europas, vielleicht der Welt sehen. Und auch von den Medien war zwar das schwedische Fernsehen mit Live-Übertragung da, aber außer der Pflichtbesetzung von Sydsvenska Dagbladet waren nur wenige Journalisten und noch weniger Fotografen gekommen, zwei davon Fans aus Deutschland, die den weiten Weg nach Schweden in dieser unwirtlichen Jahreszeit gemacht hatten, um sowohl Göteborg wie auch Malmö zu sehen und zwischendurch noch ein Spiel in Kopenhagen zwischen Bröndby und Hjörring.

Champions League ohne Überraschungen

Die Hauptrunde der Champions League Saison 2012/13 begann am Mittwoch mit insgesamt elf Begegnungen. Im Frauenfußball sind Überraschungen oder gar Außenseitersiege mindestens bis zum Viertelfinale wieder einmal eher nicht zu erwarten. Der schwedische Vizemeister und Pokalsieger (von 2011) Kopparberg/Göteborgs FC gewann sein Auswärtsspiel beim serbischen Meister Spartak Subotica mit 1:0. In einer ausgeglichenen Partie, in der beide Seiten je fünfmal auf das Tor der Gegnerinnen schossen, erzielte die Amerikanerin Camille Levin den Siegtreffer in der 40. Minute. Trainer Torbjörn Nilsson hatte interessanterweise die vor der Sommerpause zurückgetretene Jane Törnqvist im Aufgebot auf der Bank. Törnqvist wurde vorige Woche als neue Co-Trainerin bekanntgegeben, da die Truppe aber nach dem Weggang von Linnéa Liljegärd nach Russland und dem Kreuzbandriss von Sara Lindén arg dezimiert ist, wird Törnqvist möglicherweise öfters die Bank drücken.

Norwegens Meister Röa gewann seinen Auftritt beim kasachischen Vertreter BIIK Shymkent mit 4:0. Shymkent liegt knapp 700 km westlich der ehemaligen Hauptstadt Almaty im Süden des Landes und damit so tief in Zentralasien wie das nur irgend geht, aber da Kasachstan Mitglied der UEFA ist, spielt man in Europa mit und beschert so Besuchern weite Reisen in eine hochinteressante Region. Mit der 28-Jährigen Bruna und der 21-Jährigen Thaynara Lima spielen zwei Brasilianerinnen für die Kasachinnen, dazu die nigerianische Stürmerin Emueje Ogbiagbevha und die Serbin Milica Mijatović  – Frauenfußball auch in Kasachstan scheint sich zu entwickeln.

Für Röa trafen Stine Andreassen (2), Elise Thorsnes und Emilie Haavi.

Wie weit Finnland und seine „naistenliiga“ hinter den besten Teams zurückliegt, zumal fast alle finnischen Nationalspielerinnen in Schweden tätig sind, zeigte heute die 0:7 Heimpleite von Meister PK-35 aus Vantaa gegen den zweimaligen CL-Sieger Olympique Lyon. Laëtitia Tonazzi (2), Wendie Renard, Eugenie Le Sommer, Lara Dickenmann, Amel Majri und Camille Abily schossen die Tore in einer Lehranderthalbstunde, in der die Schussstatistik am Ende 22:1 Torschüsse für die Gäste aufwies.

In einer innernordischen Auseinandersetzung schlug Norwegens Vertreter Stabaek den dänischen Ex-Meister Bröndby mit 2:0. Ingvild Stensland und die gerade erst 17 gewordene Ada Hegerberg schossen die Tore.

Dänemarks Meister Fortuna Hjörring gewann in einem der spannenderen Spiele mit 2:1 bei Glasgow City. Dabei schoss Nationalspielerin Nadia Nadim beide Tore für die Däninnen. Nadim vergab kurz vor der Pause noch einen Strafstoß. Jane Ross erzielte den Anschlusstreffer.

Im sechsten Spiel mit nordeuropäischer Beteiligung kam Islands Meister Stjärnan nicht über ein 0:0 daheim gegen den russischen Vizemeister Zorkij Krasnogorsk hinaus.

Morgen um 18.00 Uhr dann noch LdB FC Malmös erstes Match beim ungarischen Meister MTK Budapest.

Noch einmal alle Ergebnisse auf einen Blick:

FC Zürich – Juvisy (F) 1:1 [Inka Grings schoss den Ausgleich für Zürich]
BIIK Shymkent (Kasachstan) – Röa (N) 0:4
Spartak Subotica (Serbien) – Kopparberg/Göteborgs FC 0:1
Birmingham Ladies – Verona 2:0
Apollon Limassol – Torres (Italien) 2:3 (Hattrick der 37-Jährigen Patrizia Panico)
Olimpija Cluj (Rumänien) – Neulengbach 1:1
PK-35 (Finnland) – Olympique Lyon 0:7
Stabaek (Norwegen) – Bröndby 2:0
FC Barcelona – Arsenal London 0:3
Standard Lüttich – Turbine Potsdam 1:3
Glasgow City – Fortuna Hjörring 1:2
Stjärnan – Zorkij 0:0