Nehmen wir es gleich einmal vorweg. Der Mann hat Charisma. Mit ihm verlässt einer der sympathischsten und mit Sicherheit der erfolgreichste ehemalige Fußballprofi die Damallsvenskan.
Torbjörn Nilsson und sein Club Kopparberg/Göteborgs FC gaben heute Nachmittag gemeinsam auf der Webseite des Vereins bekannt, dass nach sechs Spielzeiten Schluss ist für ihn als Cheftrainer.
Nach einer enttäuschenden Rückrunde mit drei Siegen, einem Unentschieden und fünf Niederlagen ist die Luft raus, wie Nilsson selber klug sagte. Möglicherweise hatte er der Mannschaft nichts mehr zu geben, konnte definitiv kein Feuer mehr entzünden.
Aber Personalien fallen einem in Göteborg ein. Christen Press war die ideale Stürmerin für das Spiel Göteborgs. Als einzige Spitze hatte sie den Auftrag „in the deep“ zu gehen, wie Nilsson ihr vergangenes Jahr erklärte. Nach einer akzeptablen Saison, in der man aber weder Malmö noch Göteborg gefährden konnte, ließ es die sportliche Leitung und der Vorstand zu, dass Press dem aggressiven Werbegebaren von Meister Tyresö FF nachgab und den Verein wechselte. Da lockte wohl die Champions League, das Geld und auch die eine oder andere Mitspielerin in Tyresö.
Aber es gab einen Glücksgriff. Von den Birmingham Ladies kam Jodie Taylor, für die meisten ein unbeschriebenes Blatt, eine Spielerin, die dem Nationalkader von Hope Powell in England nicht angehörte. Und Jessica Landström wollte es auch noch einmal wissen und kam von Absteiger Djurgården.
Taylor schlug ein wie eine Bombe. Zehn Tore in zehn Spielen, ein perfekter Ersatz für Press und Taylors Erfolg war gleich mit Landströms Rückkehr auf die Bank – wie schon in Frankfurt. Jodie Taylor war schnell, schussstark, konnte das Spiel lesen und nutzte ihre Chancen. Und wurde nicht für die EURO nominiert. Eine Fehlentscheidung von Powell wie so viele andere, die dann zum kläglichen Ausscheiden Englands bei der EURO führten und zu Powells Abschied nach mehr als 15 Jahren an der Macht im englischen Frauenfußball. Jodie Taylor haute ab. Nach Hause. Sie sagte, sie habe so viel investiert, um in die Nationalmannschaft zu kommen, habe ihr Zuhause, ihre Freunde, sogar eine Beziehung aufgegeben dafür. Zu viel. Torbjörn Nilsson sagte, dass man jemanden, dem es so schlecht wie Taylor gehe, nicht aufhalten könne.
Da blieben Cathrine Dyngvold, Jessica Landström und Olivia Schough. Aber keine konnte Taylor ersetzen. Schough ist ein Wirbelwind auf den Außenpositionen, aber sie ist kein Goalgetter. Jessica Landström fehlt die Technik und Cathrine Dyngvold ist zu langsam. Und so holte man eine Spielerin, die in puncto Schnelligkeit angeblich auch noch nachlegen muss: Andrine Hegerberg und die Art wie dieser Wechsel zustande kam, mit Abschied ohne sich zu verabschieden, einem Testspiel, von dem der alte Verein Turbine Potsdam nichts wusste und einer Bitte um Freigabe 24 Stunden bevor das Transferfenster schloss, war schon kein gutes Zeichen. Am Samstag kann ich mir das alles noch einmal anschauen, dann gastiert Göteborg nach drei Niederlagen in Serie bei Tyresö.
Der Kader von Göteborg besteht nach wie vor aus 15-16 Spielerinnen, zu wenig, um an der Spitze mithalten zu können. In Tyresö sitzen derzeit Sara Thunebro, Kirsten van de Ven, Jennifer Hermoso Fuentes und Malin Diaz auf der Bank und nach der Ankunft Whitney Engens letzte Woche wird wieder eine geopfert werden müssen, möglicherweise Nationalspielerin Linda Sembrandt.
In Göteborg sitzt Jane Törnqvist (ja, genau die) offiziell zumindest auf der Bank, meist jedoch auf der Tribüne. Und unten zwei junge Spielerinnen und Landström.
Sponsor Peter Bronsman hatte Nilsson versprochen, dass der Club investiert, dass man mithalten wolle mit Tyresö und Malmö. Aber er hat seine Millionen dann doch lieber im Tresor gelassen. Das ist schon ein wenig unfair, denn wie ich es verstanden habe, hatte Nilsson gerade unter der Prämisse der Verstärkung für zwei Jahre unterschrieben, von denen er sich nun eines sparen wird.
Ich werde ihn vermissen, den verschmitzten Gentleman, den Mann, der seinerzeit seinen IFK Göteborg zum UEFA-Pokalsieg schoss, im Finale gegen den Hamburger SV. Den Mann, der seine Spielerinnen auch schon mal Samstagabend anrufen konnte, um zu hören wie es ihnen ging. Linnéa Liljegärd hat mir das einmal erzählt. „Das kann schon mal nerven,“ sagte sie lächelnd, „aber es ist eigentlich auch ganz schön, denn er meint es ernst.“