So wird das Achtelfinale gespielt

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Es bestand bei vielen Fans und Journalisten Unsicherheit, wie denn die Gruppendritten letztlich verteilt werden. Auf Seite 40 der Regularien für die WM hat die FIFA eine Tabelle veröffentlicht, nach der die Teams verteilt werden.

Ich habe z.B.getippt, dass die Dritten der Gruppen A, C, D und F weiterkommen, nach meinen Tipps waren das die Niederlande (richtig!), die Schweiz, Australien und England. Falsch war meine Zusammenstellung des Achtelfinals. Das würde dann stattdessen so aussehen:

Deutschland – Australien
China – Kamerun
Brasilien – Schweden
Frankreich – Südkorea
Kanada – Schweiz
Norwegen – Kolumbien
USA – England
Japan – Niederlande

Im Viertelfinale dann entsprechend:

Deutschland – Frankreich
Kamerun – USA
Norwegen – Schweiz
Schweden – Japan

Thomas Dennerby lobt Australien

Bis einschließlich 2012 hat der heute 54-Jährige Kriminalbeamte Thomas Dennerby die schwedischen Frauen trainiert und zuletzt 2011 in Deutscland die Bronzemedaille geholt. Jetzt arbeitet Dennerby als Spion für Pia Sundhage, fliegt kreuz und quer durch das riesige Kanada und erforscht Stärken und Schwächen kommender Gegner. Zuletzt war Dennerby auf den letzten Gruppengegner Australien angesetzt.

In einem Interview mit Dagens Nyheter sprach der ehemalige Nationalcoach über das Team aus ‚Down under‘.

Lisa DeVanna ist natürlich schwer zu stoppen,“ kommt Dennerby auch gleich zur Sache und benennt die aus seiner Sicht wichtigste Gegenspielerin. Die Außenverteidigerin, die gegen sie spielt, muss stark in Zweikämpfen sein, aber sie braucht auch Unterstützung. Es ist wichtig, ihr nah zu kommen und Körperkontakt zu kriegen, damit sie [DeVanna] nicht beschleunigen kann.“

Das würde dann wohl für Jessica Samuelsson sprechen und weniger für die eher offensiv starke Elin Rubensson.

„Es ist aber auch wichtig, dass die äußere Mittelfeldspielerin vor ihr Positionen besetzt, die es erschweren, dass Lisa den ball auf die Füße kriegen kann,“ so Dennerby weiter.

Er hält das Angriffsspiel der Australierinnen für das Kreativste in der gesamten Gruppe D.

„Sie haben großes vertrauen in ihre offensive Spielidee, ihre Pässe und Kombinationen und ihre beweglichen Spielerinnen. Ihr Turnierbeginn hat mir wirklich imponiert. Wenn einem Angriffsfußball gefällt, dann sind sie wirklich das kreativste Team.“

So dürften die Schwedinnen am Dienstag versuchen, DeVanna aus der Balance zu bringen. Die 1,56 m kleine Australierin ist in Schweden nach ihren Jahren bei AIK und Linköping bestens bekannt. Sie galt als sehr exzentrisch und weigerte sich z.B. mit den Teamkameradinnen zu duschen. Einmal, in einem Spiel in Solna gegen Umeå Södra, saß sie in der Halbzeit die ganze Zeit alleine im Mittelkreis, während das Team in der Kabine war. Ich sprach sie ein paar Tage später darauf an und DeVanna sagte mir, sie sei so enttäuscht gewesen, dass sie ein paar Chancen ausgelassen hatte. Zumindest in Schweden, so haben Quellen berichtet, schnorrte DeVanna auch immer wieder Zigaretten von Journalisten und Fotografen. Aber ihre enorme Antrittsschnelligkeit hat das nicht verringert. 2009 schoss sie 16 Tore in der Damallsvenskan und trug entscheidend dazu bei, dass das heutige JoJo-Team AIK mit dem vierten Platz die beste Leistung seiner Vereinsgeschichte zeigte.

Nach Runde 2

Nachdem 24 von 52 Begegnungen der WM in Kanada gespielt sind und wir beinahe Halbzeit haben, ist es Zeit wieder ein kleines Fazit zu ziehen und die bisherigen Leistungen der Teams und der Spielerinnen zu bewerten.

Gruppe A

Kanada hat mehr Probleme als erwartet. Nach den ersten beiden Spieltagen ist der Gastgeber noch nicht in Schwung gekommen und hat lediglich ein einziges Elfmetertor in letzter Minute zustande gebracht. Auch die Niederlande haben mich enttäuscht. Nachdem man gegen Neuseeland verdient in Führung gegangen war, spielten in der zweiten Halbzeit vor allem die Kiwis und gegen China setzte es eine gerechte Niederlage. China ist eines der Teams bei dieser WM, das mich sehr positiv überrascht hat. Mein Tipp: Kanada schlägt die Niederlande mit 1:0 und wird Gruppensieger vor China. Die Niederlande wird mit 1:2 Toren und 3 Punkten Gruppendritter und Neuseeland hat sich wieder mal achtbar geschlagen, wartet aber weiterhin auf den ersten WM-Sieg.

Gruppe B

War von Anfang an die leichteste Gruppe. Die beiden Giganten Norwegen und Deutschland bekamen zwei der der schlechtesten Teams, Thailand und die Elfenbeinküste zugelost. Im Spiel gegeneinander dominierte Deutschland total in der ersten Halbzeit. In der zweiten Hälfte kam Norwegen zum insgesamt verdienten Ausgleich. Dennoch: Deutschland hat sein Potential gezeigt. Trotz einer in die Jahre gekommenen, eingerosteten Innenverteidigung mit Annike Krahn und Saskia Bartusiak kann man weit kommen. Von schwedischen Journalistenkollegen werde ich regelmäßig gefragt ob es zu Krahn und Bartusiak eigentlich keine Alternativen geben würde. Es gäbe sie, aber sie spielen nicht, pflege ich zu antworten. Mal sehen, ob diese Treue zu Altgedienten am Ende bestraft wird. Nun ja, Thailand wird von einer halben deutschen B-Elf wohl mit 6:0 oder höher abgekanzelt. Die Elfenbeinküste kriegt von Norwegen wenigstens fünf Dinger eingeschenkt. An Neids Stelle würde ich heute Abend Almuth Schult ins Tor stellen, Simone Laudehr einen freien Abend geben und auch entweder Anja Mittag oder Celia Sasic auf die Bank setzen, um die dann andere mit Pauline Bremer oder Sara Däbritz auflaufen zu lassen. Laudehr spielt immer bis zur Erschöpfung und kriegt auch immer wieder kleinere Blessuren ab und Deutschland braucht sie später noch, sie ist für mich eine der wichtigsten Spielerinnen. Mittag oder Sasic mit Däbritz oder Bremer spielen zu lassen, ist wichtig, damit bei Einwechslungen der Youngster in einem K.O.-Rundenspiel mehr Erfahrung miteinander vorhanden ist. Heute kann man sich das leisten. Mein Tipp: Deutschland wird Gruppensieger, Norwegen Zweiter und Thailand Dritter mit 3:11 Toren und drei Punkten.

Gruppe C

Japan hat sich den Gruppensieg mit dem am Ende etwas glücklichen 2:1 gegen Kamerun geholt, denn wer glaubt daran, dass Ecuador den Nadeshikos ein Bein stellen kann? Kamerun ist nach China die zweite positive Überraschung des Turniers. Gaelle Engamanoúit war kurz davor, gegen Japan auszugleichen. Das Spiel Schweiz – Kamerun ist eines der interessanteren in der Schlussrunde, eine offene Begegnung um den attraktiven zweiten Platz. Meine Tipps: Japan – Ecuador 5:0 und Schweiz – Kamerun 1:2. Die Schweiz wird Gruppendritter mit drei Punkten und 11:4 Toren.

Gruppe D

Die Gruppe des Todes. Hier ist in der Tat alles noch möglich. Naja, wohl kaum wird Nigeria die USA schlagen, dafür ist die Defensive der Afrikanerinnen einfach zu zweitklassig, auch wenn sie ganz vorne erstklassig spielen können. Die USA wird dieses Spiel gewinnen und damit auch die Gruppe. Obwohl Schweden – Australien wie eine 50/50-Begegnung ausschauen mag, denke ich doch, dass sich die größere Routine der Schwedinnen am Ende deutlich durchsetzen wird. Lotta Schelin wird endlich sichtbar sein und beim 3:1 (wie 2011) ein oder zwei Tore beisteuern. Australien ist Dritter der Gruppe mit 4:6 Toren.

Gruppe E

Unerwartet, dass Brasilien nach zwei Spielen als Gruppensieger feststeht. Eine der beiden großen Enttäuschungen des Turniers: Spanien. Südkorea, stark und technisch wie erwartet mit der dritten Überraschungsmannschaft Costa Rica. Hier kommt es zur ersten dicken Sensation des Turniers in der Frage des Weiterkommens. Denn Südkorea hat alle Chancen, die Spanierinnen aus dem Turnier zu kicken. Und wird es auch tun.Brasilien gewinnt mit einer B-Besetzung dennoch 2:1 gegen Costa Rica. Brasilien geht als Erster ins Achtelfinale und Südkorea ist Zweiter. Dritter wird Costa Rica mit 4:5 Toren und lediglich zwei Punkten. Ein ehrenwertes Ticket nach San José.

Gruppe F

Mon chere, die Französinnen. Wieder sind sie DIE Enttäuschung eines großen Turniers. Nicht sehr überzeugend gegen England und schwach wie eine Flasche leer gegen Kolumbien. Ich vermute, dass man längst mit einem Psychologenteam arbeitet an der Turnierpsychose, die die Blauen regelmäßig überfällt, wenn es um WM, EM oder Olympia geht. Potentiell eines der besten Teams der Welt. Aber: Warum hat PSG vorwiegend deutsche Spielerinnen und selbst dazu noch zwei Schwedinnen und eine Costa Ricanerin? Warum sind die wichtigsten Spielerinnen von Olympique Lyonnais eine Schwedin und eine Norwegerin? Die restlichen Vereine haben nur statistische Bedeutung in der Liga. Leidet der französische Fußball vielleicht auch darunter? Noch ist Frankreich nicht verloren. Gegen Mexiko muss und wird es einen Sieg geben. Das reicht dann doch noch für den Gruppensieg, denn Kolumbien und das wie so oft vor sich hin rumpelnde England trennen sich unentschieden. Damit ist England Dritter in Gruppe F mit  3:3 Toren und vier Punkten.

Somit tippe ich folgendes Achtelfinale:

Deutschland – Schweiz
China – Kamerun
Brasilien – Schweden
Frankreich – Südkorea
Kanada – Australien
Norwegen – Kolumbien
USA – England
Japan – Niederlande

Schweden und Australien mit guter Ausgangsposition

Sowohl Schweden (0:0 gegen die USA) und Australien (2:0 gegen Nigeria) können sehr zufrieden mit dem gestrigen Tag sein. Beiden Teams dürfte ein Unentschieden reichen, um als Zweiter bzw. einer der vier besten Dritten das Achtelfinale zu erreichen. Aber 24er Felder haben es in sich. Auch wenn die jeweils letzten Begegnungen einer Gruppe parallel stattfinden, um Spielen auf Ergebnis zu verhindern, sind natürlich dem Hin- und Herrechnen von Resultaten Tür und Tor geöffnet.

2009 sah ich in Helsinki (bei der EM in einem 12er Feld) die Partie Norwegen – Frankreich. Beiden reichte ein Unentschieden, um das Viertelfinale zu erreichen. Man spielte Eine halbe Stunde lang fröhlich drauf los, bis beim Stand von 1:1 die Erkenntnis auf beiden Seiten wuchs, dass das ja reicht. Die letzte Stunde war ein Ballgeschiebe auf beiden Seiten, das entfernte Erinnerungen an die „Schande von Cordoba“ weckte, als deutsche und österreichische Männer 1982 bei der WM in Spanien beim Stand von 1:0 für Deutschland nach 13 Minuten Schluss machten und mit gellenden Pfiffen, aber ungerührt auf beiden Seiten auf genau dieses Ergebnis spielten.

So schlimm wird es bei Australien – Schweden sicher nicht. Aber möglich wäre es, dass das Spiel kein Reisser wird. Allerdings müsste Schweden vielleicht doch auf Sieg spielen, denn der dritte Platz in Gruppe D könnte bedeuten, dass man im Achtelfinale in Ottawa auf Deutschland treffen würde.

Nigerias Chancen sind leider minimal. Sicher,  bei einem wie auch immer gearteten Sieg gegen die USA ist man weiter, aber wer glaubt im Ernst daran. Die nigerianische Abwehr ist schwach und gestern kamen auch die neuen, jungen Stars wie Asisat Oshoala selten zu Momenten, in denen sie ihre Athletik und Schnelligkeit unter Beweis stellen konnten. Australien war taktsch sehr gut eingestellt.

Dass die Schweizerinnen mit 10:1 den dritthöchsten Sieg der WM-Geschichte gegen ein desolat schlechtes Equador feierten, ist leider keine Überraschung. Equador hätte Probleme, in der zweiten schwedischen oder deutschen Liga die Klasse zu erhalten. Was zu der Vergabe von WM-Plätzen an solche Schiessbudenteams zu halten ist, habe ich bereits gesagt.

Caroline Seger war stocksauer, dass Schiedsrichterin Sachiko Yamagishi angeblich kein Englisch konnte. Man hätte doch allen Spielerinnen gesagt, dass alle Schiedsrichter auf  Englisch kommunizieren könnten. Carli Lloyd war sauer auf Pia Sundhage wegen ihrer Äusserungen in dem umstrittenen New York Times Interiew, das am Mittwioch erschienen war. Darin hatte Sundhage u.a. behauptet, dass Lloyd zu den besten gehören würde, wenn sie das Vertrauen des Trainers spüren würde, wenn das nicht der Fall sei, könne sie sehr schlecht sein.

Carli Lloyd sagte, dass sie von Sundhage bitter enttäuscht sei. Sie habe 2008 im Finale der Olympischen Spiele Sundhages Vertrauen gehabt und ihr entscheidend geholfen, die Goldmedaille zu gewinnen. 2012 hätte Sundhage kein Vertrauen gehabt, aber Lloyd habe trotzdem abermals entscheidend geholfen, die Goldmedaille zu gewinnen. In den beiden olympischen Endspielen 2008 gegen Brasilien und 2012 gegen Japan schoss die USA drei Tore – alle erzielt von Carli Lloyd.

Deutschland praktisch Gruppensieger

Der angepeilte Gruppensieg ist der deutschen Mannschaft bei der Fussball-WM in Kanada kaum noch zu nehmen. Nach dem 1:1 gegen Norwegen in Ottawa müssten die Norwegerinnen schon die Elfenbeinküste mit 8:0 schlagen und Deutschland nicht über ein 1:0 gegen Thailand hinauskommen.

Es spricht also vieles dafür, dass Deutschland am Samstag, den 20. Juni um 16.00 Uhr Ortszeit dann zum dritten Mal im Lansdowne Stadion von Ottawa einlaufen wird. Gegner könnten dann die Niederlande, China, Kamerun, Schweden, Nigeria oder Australiern sein. Das Viertelfinale für den Sieger dieser Begegnung findet im knapp drei Stunden entfernten Montreal statt, wo auch ein eventuelles Halbfinale für Deutschland angesetzt würde. Erst zum Finale am 5. Juli müsste man dann wieder in ein Flugzeug steigen und nach Vancouver weit in den Westen fliegen.

Nadine Angerer zeigte sich im Interview mit der Homepage des DFB begeistert von der Leistung in der ersten Halbzeit. Die Norwegerinnen hätten nicht mehr gewusst, wo hinten und vorne sei. Allerdings vermasselte dann die mangelhafte Chancenauswertung den Deutschen den Sieg. Über das deutliche Nachlassen in der zweiten Halbzeit sagte Angerer: „Ich möchte nicht ständig auf dem Thema Kunstrasen herumreiten, aber er ist sehr stumpf und hart. Das ist energieraubend. Wenn es 20 Grad Außentemperatur sind, sind da unten durch die Unmengen von schwarzem Granulat 40 Grad. Das ist super heiß. Unser Spiel ist sehr kraftraubend und auf so einem Boden natürlich doppelt und dreifach“

Maren Mjelde wars natürlich hoch zufrieden nach ihrem spektakulären Freistosstor: „Ich bin sehr glücklich, dass er reingegangen ist, und vor allem natürlich gegen Deutschland. Ich habe den ganzen letzten Monat sehr viel geübt,“ sagte sie nach dem Spiel zu Bergens Tidende. „Wir wissen, dass wir mental stark sind und gute Fähigkeiten haben. Wir haben darüber gesprochen, dass wir in allen Zweikämpfen auf dem Platz stark sein müssen, weil sie uns da überall geschlagen haben. Wir mussten schneller sein und haben das Spiel nach der Halbzeitpause besser kontrolliert.“

Keine Revanche für Norwegen

Heute Abend steigt das Finale der Gruppe B in der Lansdowne Arena in Ottawa. Deutschland trifft zum neunundreißigsten Mal auf Norwegen. Keine andere Mannschaft hat öfter gegen die Neid-Truppe gespielt.

Wahrscheinlich muss der Vize-Europameister auf seine Mannschaftskapitänin Trine Rønning verzichten. Die 32-Jährige musste im Spiel gegen Thailand in der 63. Minute gegen Elise Thorsnes ausgewechselt werden, weil sie Schmerzen im Oberschenkel hatte, die von einer Verletzung herrühren, mit der sich Rønning das ganze Frühjahr geplagt hat.

Trainer Even Pellerud wollte es gestern noch nicht entscheiden, äußerte sich aber skeptisch über den Einsatz Rønnings: „Wir haben noch nichts entschieden, aber wir werden kein Risiko eingehen. Wenn es so sein sollte, dass es sich verschlimmern könnte, dann ist es besser zu warten. Es kann durchaus sein, dass wir diese Schlussfolgerung ziehen, aber soweit sind wir noch nicht,“ sagte Pellerud der norwegischen Nachrichtenagentur NTB. Sollte Rønning heute Abend nicht dabei sein können, wird Torhüterin Ingrid Hjelmseth die Kapitänsbinde tragen.

Weder Rønning noch Solveig Gulbrandsen würden im Falle eines Falles einen Elfmeter schießen. Zur Erinnerung: 2013, im EM-Finale scheiterten beide an Nadine Angerer, die mit diesen Großtaten den Grundstein legte, um als erste Torhüterin Weltfußballerin des Jahres zu werden. Heute ist Maren Mjelde als Schützin vorgesehen, als Alternative steht Lene Mykjåland bereit.

Trine Rønning sieht das Gruppenspiel jedoch keinesfalls als Revanche: „Der Gedanke an eine Revanche kommt erst, wenn man sie auch ausschalten kann. Die Gruppenphase ist nur ein Schritt auf dem Weg und speziell heute brauchen wir Deutschland ja auch nicht unbedingt schlagen um weiterzukommen. Wir können da ganz locker reingehen und den Deutschen an die Kehle gehen, sie vielleicht sogar ein wenig schockieren,“ sagte Rønning der Homepage des norwegischen Fußballverbands.

Pia Sundhage motiviert – die Amerikanerinnen vor dem Schwedenspiel

Es passiert immer wieder. 2009 bei der EM in Finnland schrieben viele schwedische Spielerinnen vor dem Viertelfinale gegen Norwegen in sozialen Medien, wie sie am nächsten Tag locker eine Runde weiter kommen würden. „Experte“ Pontus Kåmark sagte im Fernsehen martialisch, dass Schweden auf jeder Position deutlich besser besetzt sei. Die Norwegerinnen hörten es, die arroganten Äusserungen stachelten sie nur an und am Ende gewannen sie locker mit 3:1 gegen die überheblichen Nachbarn.

Pia Sundhage ist 55 Jahre alt und ausgebildete Trainerin und müsste es eigentlich besser wissen. Ihr Interview mit der angesehenen New York Times fand offenbar schon im März statt, wurde aber gestern in den USA publiziert. Man kann sicher sein, dass Jill Ellis und Tony Gustavsson Teile daraus vergrössern und den Spielerinnen der USA in die UJmkleide hängen. Denn Sundhage äussert sich über einzelne Spielerinnen, die sie selber mal trainiert hat.

Sie habe sich nie besonders für das Leben ihrer Spielerinnen jenseits des Platzes interessiert, sagte sie der New York Times: „Ich rede mit ihnen über ihre Mütter, die Väter, den Freund oder die Freundin oder was auch immer und weisst du was? Es geht in einem Ohr rein und im anderen wieder raus. Ich versuche es, ich versuche es wirklich. Ich erinnere mich, dass ich mal ganz lange mit Amy Rodriguez sass, wir redeten und redeten und ich weiss trotzdem nichts über ihre Familie.

Über Carli Lloyd: „Es ist eine Herausforderung, sie zu trainieren. Wenn sie das Gefühl hatte, dass wir ihr vertrauen, konnte sie eine der besten Spielerinnen sein. Aber wenn sie begann, dieses Vertrauen in Frage zu stellen, konnte sie eine der schlechtesten sein.“

Auch Hope Solo sei eine sehr schwierige Spielerin gewesen, vor allem wegen ihrer Eskapaden ausserhalb des Platzes.

Und auch Abby Wambach bekommt ihr Fett ab: „Ich habe zu Abby gesagt, wenn ich geblieben wäre, wärst du auf der Bank. Die beste Ersatzspielerin aller Zeiten. Aber Ersatzspielerin .Darüber gab es in meinem Kopf keinen Zweifel.“

Das komplette Interview kann man hier lesen.

Bei Fox Sport in den USA diskutierten u.a. Heather Mitts und Ariane Hingst über das Interview. Beide ehemalige Spielerinnen waren sich einig, dass diese Äusserungen Öl ins Feuer giessen und die US-Spielerinnen nur noch weiter anstacheln würden.

Pressestimmen aus Schweden nach dem Nigeria-Spiel

Das 3:3 gegen Nigeria liegt den Schwedinnen schwer im Magen. Die Reaktionen der heimischen Presse sparen nicht mit Kritik.

So schreibt Tomas Pettersson in der Zeitung Expressen: „Wenn Schweden diese Spiele [gegen die USA und Australien] auf dieselbe Weise wie gestern durchführt, dann sollte man alle Gedanken an Siege vergessen. Sowohl die USA wie Australien sind bedeutend homogener als das Nigeria, das besser als Schweden war. Und plötzlich scheint das unmöglich Schreckliche möglich. Dass Schweden in dieser Gruppe tatsächlich Letzter werden könnte.“

Emelie Ölander, selber einmal Spielerin in der Damallsvenskan: „Gegen die USA wird Schweden für alle Hausaufgaben bestraft, die es bisher noch nicht gemacht hat. Die Abwehrkette wird in der Tiefe getestet. Blaugelb hatte schon im ersten Spiel Krämpfe und die USA werden das Tempo erhöhen und es über das gesamte Spiel behalten. Es wäre fantastisch zu sehen, wie Schweden sich wieder erhebt, den Scheiß abbürstet und sich mit den USA misst. Ich hoffe wirklich, dass es so kommt, denn es gibt zu viele Nationalmannschaften, die zu viele Schritte in ihrer Entwicklung gemacht haben, gleichzeitig wie Schweden nicht denselben Takt beibehalten hat.“

Aus Jennifer Wegerups Artikel (Aftonbladet) nur den sehr wahren Satz: Hätte Nigeria etwas disziplinierter gespielt, hätte es eine schallende Niederlage geben können.“  Ein Rätsel ist, dass praktisch die halbe Mannschaft von Muskelkrämpfen geplagt wurde. Kosovare Asllani erzählte, dass sie nach zehn Minuten bereits einen Krampf hatte. Nilla Fischer hatte Krämpfe, und musste schließlich ins Mittelfeld aufrücken, damit sie keinen schweren Schaden in der Abwehr anrichtet. Fortan spielten Linda Sembrant und Amanda Ilestedt in der zentralen Abwehr, beide eingewechselt.

Olof Lundh vom alle Spiele der WM übertragenden Sender TV4: „Haben sie [die Stars des schwedischen Teams] geliefert? Antwort: nein. Caroline Seger verlor viele Bälle, war offensiv überhaupt nicht gut. Lotta Schelin, hat sie mitgespielt? Schlechte Ballannahmen, kaum eine Chance. Wenn wir über Stars reden, die ihre Leistung nicht gebracht haben können wir uns auch Kosovare Asllani anschauen. Sie spielte eine schlechte erste Halbzeit und wurde dann ausgewechselt. Rein kommt Olivia Schough und sie hat vielleicht nicht dieses Niveau. Bereits da ist Schweden geschwächt und das ist Pias Problem – ihre Bank ist zu schlecht. Und wenn die Bank nichts taugt, dann reicht es nun mal nicht.“

Pia Sundhage versuchte vor den Mikrofonen das Beste daraus zu machen: „Wir haben in einer schweren Gruppe einen Punkt gewonnen. Sie [die Nigerianerinnen] haben so gespielt, wie wir vermutet haben. Wir haben trainiert, wir hatten eine Taktik, aber wenn es stressig wird, machen die Spielerinnen nicht immer was wir sagen. Aber wir waren wirklich vorbereitet. Ich bin nicht die Person, die unruhig wird. Ich vermeide es auch gerne von individuellen Fehlern zu sprechen, sondern denke eher, dass Nigeria zu viele Chancen hatte. Wir haben darüber gesprochen, kompakt zu stehen, damit sie, wenn sie an uns vorbei wollen, auf der Außenseite gehen müssen. Das müssen wir bis zum Spiel gegen die USA verbessern.“

Was sagt das 10:0 über den Frauenfußball aus?

Ich habe mich ein klein wenig vor dem Sonntag gefürchtet. Norwegen – Thailand und Deutschland – Elfenbeinküste. In der wohl leichtesten Gruppe dieses Turniers trafen zwei der weltbesten Mannschaften auf die vermeintlich zwei schlechtesten WM-Teilnehmer. Und ehrlich gesagt hatte ich durchaus mit mehr als 14 Toren gerechnet, aber die Norwegerinnen begnügten sich mit einem 4:0-Spaziergang, während die Deutschen aus allen Rohren schossen. Sportlich gesehen ist das sicher richtig. Die eigene Mannschaft 90 Minuten lang durchspielen zu lassen. Politisch und für das Ansehen des Frauenfußballs ist es eine Katastrophe, wie die von Hass und Hohn triefenden Kommentare in vielen Internet-Foren und auf Twitter zeigen.

Aber den Personenkreis der Männer, die sich durch kaum etwas so herausgefordert sehen, als durch Frauen, die Fußball spielen, würden wir auch nicht durch 52 hochklassige Spiele gleichwertiger Mannschaften bekehren. Diesen Neandertalern geht es darum, dass Frauen bestenfalls als Accessoires mit ins Stadion kommen, als Spielerfrau eben und nicht als Frauenspielerinnen.

Die Elfenbeinküste gab eine betrüblich schwache Vorstellung ab. Da gab es nicht den geringsten Anflug von Organisation, weshalb ich trotz aller Gegenreden von „bei Weltmeisterschaften nehmen halt Teams aus der ganzen Welt teil“ eine andere Auffassung vertrete: Für Teams wie die Elfenbeinküste kommt eine WM-Teilnahme um 8-12 Jahre zu früh. Vermutlich gilt dasselbe für Thailand und Ecuador. Alle drei Teams sind übrigens dabei, weil sie in der Quali auch sehr viel Dusel gehabt haben. Ecuador gelang erst in der Nachspielzeit im Auswärtsplayoffspiel bei Trinidad & Tobago das einzige Tor beider Begegnungen. Thailand sollte Danktelegramme nach Pjöngjang schicken und die Elfenbeinküste setzte sich mit Ach und Krach gegen ein schwächelndes Südafrika durch.

Nein, lasst diese Teams besser 8-12 Jahre sich entwickeln und nehmt sie dann mit ins Turnier. Gebt lieber Europa weitere drei Plätze. Wäre man da nach der Rangliste gegangen, hätte Deutschland gestern gegen Island und Norwegen gegen Italien gespielt. Vermutlich hätten beide Favoriten gewonnen, aber mit Sicherheit nicht zusammen 14 Tore erzielt. Statt auf Ecuador würde Kamerun heute Nacht übrigens auf Dänemark treffen.

Gebt Europa drei weitere Plätze, nicht weil ich Europäer bin, aber weil der Frauenfußball in Europa am weitesten entwickelt ist. Manchmal muss man Tatsachen einfach anerkennen. Und liebe FIFA, lasst die Elfenbeinküste, Thailand und Ecuador dann aber nicht alleine, sondern schickt ihnen immer wieder Fußballehrer, die den Fußball gerne auf die Kosten der reichen Verbände fördern. Ladet die Trainer dieser Länder auch zu Lehrgängen nach Deutschland, Schweden, die USA oder Frankreich ein und bringt ihnen Fußballwissen und Rund-um-den-Fußball-Wissen bei. Damit fördert man den Frauenfußball perspektivisch mehr, als dass man die Welt scheindemokratisch und proportional an solchen Turnieren teilnehmen lässt.

Jetzt geht’s los

Ich bin nicht nach Kanada geflogen. Und werde es auch in diesem Fussballsommer 2015 nicht tun. Die Akkreditierung hatte ich bekommen, erstmals von der FIFA (danke, Sepp Blatter), aber dann haben sich Pläne geändert. Es gibt wichtigere Dinge. Und die Spielorte liegen so weit auseinander, dass man eine gehörige Portion investieren muss, um den ganzen Monat dabei zu sein. „From coast to coast“ ist das Motto im zweitgrössten Land der Welt.

Gestern Abend wurde gespielt. In Edmonton. Gastgeber Kanada und die Niederlande gewannen ihre Spiele in Gruppe A jeweils mit 1:0. Positiv: Die mehr als 53.000 Zuschauer in Edmonton. Der Treffer von Lieke Martens. Aus der Damallsvenskan. Christine SInclair war mal auf dem Weg in die schwedische Liga. Zampano Hans Löfgren wollte sie seinerzeit in seiner grenzenlosen Maßlosigkeit nach Tyresö holen. Vielleicht war sie zu teuer. Negativ: Das Eröffnungsspiel wurde schöngeredet. Kanada agierte sehr nervös, hatte nicht entfernt die Klasse, die man 2012 bei den Olympischen Spielen in London an den Tag gelegt hatte. Das gibt sich vielleicht noch. China spielte sehr gut organisiert, die Spielerinnen bewiesen exzellente Ballbehandlung, aber es war wenig, das einen wirklich erwärmte bei diesem Eröffnungsspiel. Das kann besser werden. Das wird besser werden, da bin ich sicher.

Dennoch: Ich bin derselben Meinung wie FIFA-Frau Tatjana Haenni, die gesagt hat, dass wir bei dieser WM krasse Resultate erleben werden. Die ersten beiden womöglich heute Abend, denn alles andere als klare bis haushohe Siege von Norwegen gegen Thailand und Deutschland gegen die Elfenbeinküste kämen einer Sensation gleich. Man hat auf 24 Mannschaften aufgestockt, das ist gut, das ist ein richtiger Schritt. Aber seien wir ehrlich: Bei der politischen Zusammensetzung des Teilnehmerfelds, wo eben nicht die besten Mannschaften der Welt, sondern die jeweils besten Teams aller Kontinente teilnehmen, wird es zwangsläufig zu vielen Klatschen und teilweise nicht WM-würdigen Auftritten kommen. Neuseeland hat noch nie ein Spiel bei einer WM gewonnen, aber trotzdem werden die „Kiwis“ jedes Mal dabei sein, denn im Ozeanischen Fussballverband, aus dem Australien aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten vor einigen Jahren ausgestiegen ist, gibt es außer Neuseeland halt Fischi, Tonga und den regelmäßigen Finalgegner bei Qualifikationen Papua-Neuguinea, im Englischen meist nur PNG genannt.  Aber die Neuseeländerinnen spielen dennoch ordentlichen Fussball, auch wenn es dann nicht zu Siegen reicht.

Die FIFA-Weltrangliste ist schon ab dem 20. Platz sehr fragwürdig,. da viele Teams meist nur gegen andere Länder aus ihren jeweiligen Komföderationen spielen und so relevante Punkte erwerben. Aber wenn man auf die aktuelle Liste schaut, die Top 24 dieser Welt., dann fehlen in Kanada folgende Teams: Nordkorea (aus bekanntem Grund), Italien, Dänemark, Island, Schottland, Ukraine, Russland und Finnland. Das sind immerhin sieben europäische Nationen. Diese europäische Dominanz unter den weltbesten Teams müsste auch in wenigstens zwei weiteren europäischen Plätzen Niederschlag finden, aber die FIFA ist in ihrer Zwickmühle der Korruption und Desorganisation ja auch, weil sie der Weltöffentlichkeit mit dem Prinzip „One country – one vote“ eine Scheindemokratie vorgaukelt. Da mehr als 2/3 der Länder dieser Erde beim Korruptions-Index ziemlich schlecht aussehen, braucht man sich nicht zu wundern. Auch der Kontinents-Schlüssel ist ein Ausdruck falscher Grundeinstellungen. Man stelle sich vor, der Welteishockeyverband (ein Sport, den ich nicht verfolge) würde auch Mannschaften aus Afrika, Südamerika, Asien und Ozeanien in das WM-Turnier quotieren. Fussball ist sicher ausgeglichener, weil wesentich verbreiteter, aber man sollte der Leistung Rechnung tragen und auch und nicht zuletzt der Darstellung des Frauenfussballs.

Denn die Verächter des Frauenfussballs sind in den Startlöchern. Spiegel Online hatte die Kommentarfunktion bei seinem Artikel über die WM nicht abgeschaltet und dort ziehen die üblichen Verdächtigen vom Leder und giessen kübelweise Hass uind Spott über den Sport aus. Als ich das heute Morgen las, wurde mir wieder einmal klar, dass einige unter uns sich in der Evolution nicht weit vom guten alten Neandertaler befinden.

Wer Weltmeister wird? Wenn die Gruppen so ausgehen, wie man das erwartet, kommt es schon im Viertelfinale zu einem vorweggenommenen FInale zwischen Deutschland und Frankreich. Im Halbfinale würde der Sieger dann auf die USA treffen. Die andere Hälfte ist bedeutend „leichter“ gebaut. Da können die Schwedinnen tatsächlich weit kommen, wenn sie Brasilien aus dem Weg räumen. Möglicherweise käme es dann zu ener Neuauflage gegen Japan. Das wir schlecht einschätzen können, aber vermutlich sind die Nadeshiko nicht so stark wie vor vier Jahren, als sie trotz aller Warnungen noch den Outsider-Bonus hatten.

Überraschungsteam kann wirklich die Schweiz werden. Sie werden nicht den Titel holen, aber sie können tatsächlich das Viertelfinale erreichen, was ein Riesenerfolg wäre.

Welche neuen Spielerinnen werden ins Scheinwerferlicht der Weltbühne treten? Ich nenne da mal Christen Press, Melanie Leupolz und Nahomi Kawasumi.