Jennifer Meier glaubt an Schweden


Schweden war immer ihr Traumland, sie wollte immer schon hierhin, hat sie mal gesagt. 2005 kam Jennifer Meier nach Schweden zum Erstligisten QBIK in Karlstad, ziemlich genau zwischen Stockholm und Oslo gelegen. Sie trug ihr Teil dazu bei, die Mannschaft vor dem Abstieg zu retten, als es dann doch nicht mehr klappte, die Liga zu erhalten, erhielt sie das Angebot zum renommierten Stockholmer Club Djurgården zu wechseln.

Da spielte sie mit Victoria Svensson und den beiden Weltmeisterinnen Ariane Hingst und Nadine Angerer. Jennifer Meier hat nebenbei dann schon an einer Karriere im „zivilen“ Leben gearbeitet, wechselte zum Zweitligisten Bollstanäs SK, wo sie etwas überraschend noch einen Titel gewann, sie wurde schwedische Futsal-Meisterin. Noch eine Goldmedaille in einer doch ansehnlichen Sammlung. Deutsche und amerikanische Meisterin war sie schon, hatte mit Weltstars wie Steffi Jones, Mia Hamm und Abby Wambach zusammen bei Washington Freedom gespielt. Steffi erzählt in ihrem Buch „Ker Kick des Lebens“ davon, dass ihr erstes Jahr in den USA ziemlich langweilig war und schreibt, dass es erst richtig gut auch neben dem Platz wurde, als Jennifer Meier 2003 dazu kam.

Als die Arbeit immer dominierender wurde und sich auch Aussichten auf bessere Jiobs eröffneten, machte Jennifer Schluss. Bis heute lebt und arbeitet sie in Schweden und hat immer noch ihren deutschen, aber auch einen schwedischen Pass. Sie kennt Spielerinnen aus beiden Nationalmannschaften, die heute Abend um Gold spielen und kaum jemand erschien mir deshalb so geeignet für ein „Vor dem Finale“-Gespräch wie Jennifer.

„Ich hoffe irgendwo, dass Deutschland gewinnt,“ sagt sie, „aber ich habe irgendwie das Gefühl, dass Schweden jetzt dran ist. Pia Sundhage ist schon ein Fuchs, ihre taktischen und strategischen Überlegungen haben mich sehr beeindruckt, aber auch ihre Führungsqualitäten. Sie wurde sehr viel kritisiert, auch du und ich haben das getan, aber ich finde, sie hat auch Teile dieser Kritik angenommen und sich damit auseinandergesetzt und Konsequenzen gezogen. Das ist irgendwo sehr stark.“

Jennifer Meier nennt den Disput mit Mittelfeld- und Angriffsass Kosovare Asllani. Die Beiden sind mindestens zwei Mal auch in der Öffentlichkeit aneinandergeraten.

„Pia hat das irgendwie abgeschaltet und Asllani wieder eine Chance gegeben, weil sie auch verstanden hat, dass sie wichtig ist für die Mannschaft. Dann muss ich schon sagen, dass mich Lisa Dahlkvist jetzt sehr beeindruckt, sie kämpft ungeheuer und opfert sich für das Team auf, von ihren Elfern ganz zu schweigen. Eine weitere Spielerin, die wir früher oft kritisert haben, ist Hedvig Lindahl. Pia hat immer an ihr festgehalten, auch wenn die Kritiker andere Torhüterinnen gefordert haben und heute hat Pia Recht. Nicht nur die gehaltenen Elfmeter zeigen das. Großes Selbstbewusstsein und wie sie den Ball von Carli Lloyd kurz vor Schluss gegen die Amerikanerinnen noch gehalten hat, das war Weltklasse.“

Deutschland nennt Schweden seinen Lieblingsgegner, man hat neun Mal bei Turnieren gegen die Skandinavierinnen gewonnen, in Serie seit 1995.

„Trotzdem glaube ich, dass die Serie jetzt zu Ende geht. Vergiss auch nicht, dass da einige Spielerinnen dabei sind wie etwa Stina Blackstenius, die nicht bei Niederlagen gegen Deutschland dabei waren und für die das nur Statistik ist. Pia wird die Schwedinnen schon gut vorbereiten, mit einer dritten Goldmedaille in Serie wird sie persönlich einen einmaligen Rekord haben.“

In Deutschland gibt es sehr viel Kritik an der deutschen Mannschaft. In den Fanforen ist von Rumpelfußball die Rede, es gäbe keine Spielidee, kein Konzept, Dzsenifer Marozsan hat (wieder) nicht den Sprung zum Weltstar geschafft, die Abwehr wird immer wieder als Achillesferse kritisiert.

„Das ist sicher nicht die deutsche Mannschaft, die wir kennen. Sie hat viele Probleme gehabt gegen Kanada und Australien und auch in den Spielen in Viertel- und Halbfinale keinesfalls großen Fußball gespielt. Wer mir sehr imponiert hat, ist Melanie Behringer. Sie war immer eine solide Spielerin und sehr intelligent, aber in Brasilien scheint sie die Führungsspielerin zu sein. Die Schwachstelle im deutschen Team ist tatsächlich die Abwehr. Einige haben kritisiert, dass Mittelfeld und Angriff nicht überzeugen, aber das Aufbauspiel fängt schon hinten an.“

Nun gibt es bekanntlich große Zweifel an den beiden Innenverteidigerinnen Saskia Bartusiak und Annike Krahn, aber auch Leute, die sagen, Deutschland hat derzeit einfach keine anderen, die diesen Job besser machen könnten?

„Naja, das würde ich so nicht stehen lassen wollen. Im Fußball hat man schon immer Spielerinnen umgeschult. Wir haben in Deutschland sehr viel Talent und wenn es konkret etwa keine Innenverteidigerinnen gibt, die den Ansprüchen genügen, dann muss man eben Spielerinnen identifizieren, die sich zu einer Umschulung eignen. Das kann mir keiner sagen, dass da nicht Potential ist.“

Und dann kommt Kritik an der Mannschaftsaufstellung: „Was ich überhaupt nicht begreifen kann, ist, warum Pauline Bremer nicht dabei ist. Wer kann sich das leisten, dass eine 20-Jährige Spielerin, die in der besten Vereinsmannschaft der Welt im Champions-League-Finale startet und ein tolles Spiel macht, keinen Platz im Kader der deutschen Nationalelf hat?“

Wie glaubst du, wird das Spiel aussehen? Wieder sehr defensive Schwedinnen gegen das Spiel machende Deutsche?

„Ich denke schon, dass Schweden defensiv spielen wird, aber ich kann mir auch gut vorstellen, dass Pia Sundhage mit ihren schnellen Spitzen Lotta Schelin oder Stina Blackstenius auch gerade die Schwachstellen im deutschen Spiel ausnutzen möchte. Das würde die Begegnung offener machen und auch Deutschland Chancen eröffnen. Es wird in jedem Fall ein sehr spannendes Spiel.“

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