Seit Anfang des Monats schreibe ich zwei Frauenfußballblogs. Auf Deutsch und nun auch auf Schwedisch. Das Ende von damfotboll.com hat dazu geführt,. dass der Sport seine wichtigste Publikation verloren hat. Ersetzen lässt sich das nicht, aber ich will weiterhin Spielerinnen interviewen und auf diese Weise ein wenig dazu beitragen, dass Frauenfußball gesehen wird – auch in Schweden.
Am Freitag habe ich am Rande des Extrainings für die Legionäre aus Frankreich und Deutschland kurz darüber mit Lotta Schelin gesprochen. Sie fragte mich, ob das endgültig sei mit damfotboll.com und ich antwortete, dass sie selber ja genug Öffentlichkeit bekomme mit vielen Interviews im Fernsehen oder Radio, aber dass viele, viele andere Spielerinnen einfach nur auf damfotboll.com sichtbar gemacht wurden.
Das mag selbst für eine inzwischen som etablierte Nationalspielerin wie Emilia Appelqvist gelten. Die 26-Jährige kommt aus Uppsala, spielte dann für AIK, Tyresö, Piteå und nun seit Anfang der Saison für Djurgården, wo sie auch Kapitänin ist. Emilia war 2009 Kapitänin der schwedischen U19-Nationalelf, die das Finale der EM in Minsk erreichte.
Ich traf mich mit Emilia am Donnerstagnachmittag vor dem Training auf Kristinebergs IP. Gudbjörg Gunnarsdottir versorgte uns mit einem Becher Kaffee und wir gingen auf die Tribüne der früheren Djurgården-Heimarena, in der Djurgården seine großen Zeiten erlebte, die heute nur noch als Trainingsgelände dient. Kristineberg erfüllt lange nicht mehr die Kriterien, die an Spiel in der Damallsvenskan gestellt werden und die von den Vereinen selber formuliert wurden, in der Hoffnung, Städte und Gemeinden würden ihnen dann diese Kriterien erfüllen.
Wir sitzen auf der Tribüne und ich denke daran, dass ich ungefähr an genau derselben Stelle vor sieben Jahren mit Sara Thunebro gesessen habe, bevor sie nach Frankfurt wechselte. „Wie geht es dir?“ habe ich ‚Thunis‘ vor kurzem in Eskilstuna bewusst auf Deutsch gefragt und sie antwortete ‚Mir geht es gut. Wie geht’s dir?“ Damals, 2009, konnte sie noch kein Deutsch.
Emilia Appelqvist spielt im zentralen Mittelfeld und mein Kollege Anders Sännås Lundquist, der gerade nach fünf Wochen Herren-EM aus Frankreich zurückgekehrt ist, schrieb, dass Appelqvist den neuen Spielertypen verkörpere, der sich in den letzten beiden Jahren Platz geschaffen habe.
Appelqvist verletzte sich im Mai in Piteå, ausgerechnet da, wo sie die beiden Spielzeiten vorher gespielt hatte und den Weg in die Nationalelf machte. Sie musste am Knie operiert werden, eine sogenannte Schlüsselloch-OP. Meine erste Frage gilt denn auch ihrem rechten Knie und warum sie zuletzt gegen Linköping nach 73 Minuten ausgewechselt wurde.
„Ich hatte im ersten Spiel 45 Minuten gespielt und dass ich dann nur 75 spielen sollte, war eigentlich eine Vorsichtsmaßnahme. Es ging sehr gut, es tat nicht weh, es ging nur darum, es nicht zu übertreiben und da reichten 75 Minuten völlig aus,“ sagt Emilia Appelqvist.
Als ihr gegen Umeå spieltet, saß Pia Sundhage auf der Tribüne. Das war zwei Tage, bevor sie ihr endgültiges Aufgebot für Rio benennen sollte und ich dachte mit Blick auf die beiden Teams, die ist nur wegen dir hier, sie will sehen, ob du spielen kannst. Dann hast du eine Halbzeit gespielt und warst im Olympia-Team.
„Ich kann soweit gehen und sagen, dass ich einen Plan hatte. Ich wollte zurück kommen und um einen Platz bei Olympia konkurrieren. Als die OP dann sehr gut verlief und auch die Reha, habe ich während zweier Trainingswochen das Tempo stets erhöht und dann war ich in der Lage zu spielen. Natürlich war es schön, dass sie [Sundhage] da war und sich für mich interessiert hat.“
Für Djurgården lief es anfangs sehr gut, 13 Punkte waren schnell gewonnen, dann kamen drei Niederlagen und nun seid ihr wieder da unten mit drin.
„Ich glaube, wir haben eine sehr gute erste Hälfte gespielt. Wir begannen mit ziemlich schweren Spielen am Anfang der Saison, wo wir verloren, aber dennoch gut spielten und merkten, dass wir viele Punkte gewinnen können, wenn wir so weitermachen. Wir haben einen schönen Angriffsfußball gespielt, wo wir den Ball laufen lassen wollen und viele Torschüsse erreichen wollen. Jetzt gegen Linköping hat man gesehen, dass es auch defensiv geht. Wir machen sehr gut hinten dicht. Wenn wir das mit in den Herbst nehmen können, wird es eine gute Saison.“
Mit was müsst ihr im Herbst weitermachen, was muss sich ändern?
„Ich würde sagen, wir müssen mit dem weitermachen, mit dem wir angefangen haben: dass wir alle Spielerinnen auf dem Platz einbeziehen, dass wir weiterhin wagen zu spielen, weil wir so viele schöne Kombinationen finden und mit vielen Spielerinnen in den Strafraum des Gegners kommen. Mit jedem Tag, den wir miteinander bekommen, werden wir besser. Wir müssen die Defensive zusammenbekommen, zuletzt war das sehr gut. Vieles wird da entschieden.“
Schweden hat seit dem Achtelfinale der WM in Kanada (1:4 gegen Deutschland) kein Spiel mehr verloren und nur einen Gegentreffer kassiert. Im Mittelfeld hast du sehr viel mit Caroline Seger und Lisa Dahlkvist zusammengespielt. Kannst du uns die Rollenverteilung zwischen euch erklären?
„Es war ja so, dass Dahlkvist diejenige war, die für das Gleichgewicht im Mittelfeld sorgen sollte und Seger war an ihrer Seite. Seger ist ja diejenige, die gerade im letzten Drittel mit dem letzten Pass und so sehr gut ist. Dann kommt es immer ein wenig drauf an, was es für ein Spiel ist. Ich soll bei den Angriffen dabei sein und sehr viel in beide Richtungen laufen. Meine Stärke is ja defensiv, aber ich habe eine etwas offensivere Rolle bekommen, denn ich soll schon hinten an den Stürmerinnen dranhängen, damit die nicht zu isloiert sind.Ich denke mit uns Dreien ist das ein gutes Gleichgewicht und wenn Lisa Dahlkvist nach vorne geht, dann bleiben Seger und ich hinten. Oder andersrum. Wir haben einen guten Mix da und wir sind eingespielt.“
Ist Schweden denn 2016 besser als 2015?
„Schwer zu sagen. Wir hatten eine WM, die nicht so verlief wie wir uns das gewünscht haben. Jetzt sind wir noch nicht bei Olympia, aber alles fühlt sich gut an, seit wir neu angefangen haben. Wir haben gute Ergebnisse, du hast gesagt, dass wir nicht unbedingt gegen die besten Teams gespielt haben, aber es fühlt sich so an, dass wir eine gute Basis haben und einen Glauben, der funktioniert.“
Am 21.07. spielt Schweden in Kalmar gegen den Weltranglistensiebten Japan.