Der Clubchef des zweifachen Meisters LdB FC Malmö Niclas Carlnén gab gestern allenthalben Interviews. Nachdem er bereits im Frühjahr der Öffentlichkeit mitgeteilt hatte, dass Malmö in Konkurs gehen könne, wenn nicht die Gemeinde massiv unterstützen würde, wiederholte der 42-Jährige gestern seine düsteren Prognosen. Es fehlten 1,5 Millionen Kronen (mittlerweile 182.000 €). Bis zur Monatswende Oktober/November hätte man Geld, danach sei Schicht, Ende.
Man habe sich verkalkuliert, mit höheren Zuschauereinnahmen gerechnet, aber es seien nur 900 Zuschauer im Schnitt gekommen, so Carlnén. Auch Sponsoreneinnahmen seien geringer ausgefallen.
Was macht man, wenn man feststellt, dass man weniger Geld hat als erwartet und sich bestimmte Dinge nicht mehr leisten kann? Man spart. Nicht so Carlnén und LdB FC Malmö.
Als sich Verteidigerin Frida Nordin das Kreuzband riss, verpflichtete man im Frühjahr die Neuseeländerin Ali Riley. Als auch noch Therese Sjögran dieselbe schlimme Verletzung ereilte, dauerte es ein paar Wochen, ehe man Lisa Ek aus Göteborg als Neuverpflichtung präsentierte. Verletzte Spielerinnen werden nicht durch den eigenen Kader ersetzt, obwohl man zu jedem Zeitpunkt über die prekäre Lage Bescheid wusste. Das Wettrüsten mit Tyresö, das Malmö als Markführer im schwedischen Frauenfußball gewaltig im Nacken sitzt, geht unverdrossen weiter.
Es könne durchaus sein, dass man Anfang November als frischgebackerner Meister Konkurs anmelden müsse, so Carlnén gestern. Sich von einer oder mehreren der teuren Spielerinnen zu trennen (allein acht Ausländerinnen spielen in Malmö) komme nicht in Frage, denn eventuell könne man ja vielleicht in der CL im Herbst Einnahmen machen. Eventuell und vielleicht.
Das sind Worte, die wir in dieser Saison im schwedischen Frauenfußball gehört haben. Dalsjöfors wollte zurück in die erste Liga und eventuell konnte man vielleicht Geld aus dem allgemeinen Erbfond bekommen.
Malmös Geschäftsgebahren mit der zweiten Konkursandrohung innerhalb von weniger als fünf Monaten ist mehr als unseriös. Wir wollen Meister werden, können das zwar selber nicht finanzieren, nun kommt mal her und gebt uns Geld. Umeå und Djurgården waren die Topvereine in der Damallsvenskan, bis ihnen fast gleichzeitig Geld und Sponsoren abgingen. Umeå ist heute Neunter und Djurgården Zwölfter der Tabelle, aber beide Vereine existieren noch.
Die Spielerinnen werden natürlich darauf angesprochen. Ramona Bachmann sagte gestern, sie würden sich auf das Fußballspielen konzentrieren. Ich hoffe wirklich, dass das eine Äußerung war, die keinen Wahrheitsgehalt hat. Denn die Spielerinnen tragen teilweise auch eine Mitschuld an der Entwicklung im Frauenfußball mit Unwissen über die wirtschaftliche Situation des Clubs und teils (damit ist beileibe nicht Bachmann gemeint) völlig unrealistischen Vorstellungen, was der Verein zahlen kann.
Frauenfußball auf hohem Niveau kostet Geld. Viel Geld. Und vergleichsweise wenig davon kommt zurück. Es ist für die meisten Akteure ein Verlustgeschäft: für die vielen Spielerinnen ohne Nationalmannschaft, die in der höchsten Liga für ein Taschengeld spielen und praktisch alle Abende und Wochenenden opfern. Die Mannschaft als neue Familie. Es ist nicht gewinnbringend für die meisten Trainer, Zeugwarte, Platzwarte und auch nicht für die Sponsoren. Und viel über Frauenfußball wissen, schreiben, interviewen bringt auch wenig bis gar kein Geld, aber wir alle in diesem Geschäft haben viel Freude, sonst wären wir nicht in der einen oder anderen Rolle dabei. Dabei könnte man es belassen.
Aber ohne Geld kein Meistertitel, kein Klassenerhalt. Tyresö holte zur neuen Saison Caroline Seger, Linda Sembrant, Lisa Dahlkvist, Vero Boquete und Marta. Das war eine klare Ansage an Malmö. Das sich nicht hätte leisten können, auf diese Aufrüstung zu antworten. Aber der Ehrgeiz lässt das Blut kochen und die Gedanken an Sicherheit werden zurückgedrängt. Die laufen uns den Rang ab, wenn wir nicht reagieren.
Malmö muss beschlossen haben, alles auf eine Karte zu setzen. Augen zu und durch. Wir versuchen es. Wenn wir gewinnen, kommen vielleicht auch mehr Zuschauer. Wenn wir Losglück haben, kommen wir in der CL weiter. Dalsjöfors findet hier auf einem höheren Niveau statt.
Der ursprüngliche Sponsor und Namensgeber von LdB FC Malmö ist der Unternehmer Kent Widding Persson. Ihm gehörte die Kosmetikmarke LdB, die vor ein paar Jahren den Verein schon einmal vor dem Konkurs rettete, als er als Malmö FF vor dem Ende stand. Widding Persson pumpte Geld in die Organisation, hat aber inzwischen die Marke LdB an den Konzern Cederroth AB verkauft. Der kein so ausgeprägtes Interesse mehr am Frauenfussball hat. Auch das belastet heute den Club. Da steht zwar der Name LdB im Verein, aber LdB ist nicht mehr das goldene Kalb. Schreckt vielleicht auch andere interessierte Sponsoren ab, die ja bereits einen Firmennamen im Vereinsnamen sehen. Hätte HOECHST ein Interesse Bayer Leverkusen zu sponsorn, wenn Bayer sich weitgehend zurückzöge, der Name aber bliebe?
Ein Konkurs von Malmö ein paar Monate vor der EURO 2013 wäre eine Katastrophe für den schwedischen Frauenfußball. Auch darauf spekuliert Niclas Carlnén. Ich glaube nicht, dass er wirklich Ende Oktober zum Amtsgericht Malmö geht und den Konkursantrag einreicht. Alle Fans von Anja Mittag brauchen das nicht zu fürchten. Carlnén schreit nach Geld. Auf diese Weise, weil ihm die Ideen ausgegangen sind und die Hoffnungen sich nicht erfüllt haben. Es waren aber mehr Seifenblasen als Hoffnungen. LdB FC Malmö ruft nach Geld, zum zweiten Mal. Hoffentlich auch zum letzten Mal, denn auch wenn man die Spitzenposition im Frauenfußball nicht verloren hat, hat man mit dem gestrigen Tag eine gute Portion Glaubwürdigkeit verloren.